Im Land des Falkengottes. Amenophis
vorhin getan hast.»
Wie es fast gleichaltrige Brüder oder gute Freunde tun, unterhielten wir uns ausgiebig über Mädchen und ihre Eigenheiten, als hätten wir schon das halbe Leben hinter uns. Ich merkte, dass es Ameni sichtlich gut tat, jetzt endgültig ein Mann zu sein. Zuletzt fragte er mich, was aus Inena werden würde, und wo sie jetzt sei.
«Ich weiß es nicht, Ameni. Ich glaube, sie ist jetzt zu Hause in ihrem Dorf, irgendwo südlich von hier, geht ihrer Arbeit nach und wird mich mehr und mehr vergessen, wenn sie es nicht schon getan hat.»
Ameni schluckte sichtlich gerührt.
«Sie sagte zu mir, sie passe wohl nicht in meine Welt, und damit hatte sie vielleicht auch Recht», setzte ich nach.
«Aber so ein Unsinn! Wenn du sie liebst und wenn du willst, dass sie hierher kommt und bei dir bleibt: Ein Wort, und sie ist in zwei Tagen hier!»
«Ich danke dir. Ich weiß, dass du das ganz ehrlich meinst. Ich habe sie schon überall gesucht. Aber glaube mir, das Mädchen hat mehr Gefühl für das, was geht und was nicht geht, als wir glauben. Am Ende unserer zweiten, der letzten Nacht, sagte sie, sie würde sich nicht in Waset verstecken, um meine Geliebte zu sein. Und als ich ihr sagte, ein Wort von mir zu dir würde genügen, meinte sie, ich machte mich lächerlich.»
Schweigend saßen wir da und schauten in die aufgehende Sonne, betrachteten Re-Harachte in seiner ganzen Pracht.
«Wie lange werden wir uns noch hier in Waset aufhalten, Ameni?», unterbrach ich nach geraumer Zeit die Stille.
«Ich muss hier noch einige Dinge in die Wege leiten, die keinen Aufschub dulden. Vier bis sechs Wochen wird das mindestens brauchen. Auch du hast noch einiges zu erledigen, Eje. Dann geht es aber auf dem schnellsten Weg nach Men-nefer, und von dort zur Jagd in die Oase Fajum! Du kannst aber jetzt machen, was du willst. Ich werde noch ein oder zwei Stunden schlafen. Lass mir Meldung machen, wenn der Baumeister eingetroffen ist!»
Unsere Wege trennten sich am Schattenhaus, da Amenophis eine andere Richtung einschlagen musste, um zu seinen Gemächern zu gelangen. Ich blieb noch eine Weile stehen und blickte meinem Freund hinterher. Verwundert schüttelte ich den Kopf und fragte mich, was mich noch alles erwarten würde.
Wenige Tage später stand auf meinem Schreibtisch eine kleine Holztruhe mit feinsten Einlegearbeiten, in der sich ein Senetspiel mit Figuren aus Elfenbein und Zedernholz befanden. Auf dem Deckel der Truhe stand geschrieben:
«Für Eje, den Einzigen Freund und Ohr Seiner Majestät, des Königs von Unter- und Oberägypten, sie lebe, sei heil und gesund,Neb-maat-Re, Sohn des Re, Herrscher von Waset, Amenophis.»
In dem Kästchen lag noch ein kleines Stück Papyrus, das für mich ohne jeden Zweifel von Ameni selbst beschrieben war. Darauf stand nur: «Ich danke dir. Ameni.»
Nach dem Prunkdolch, der Steinfigur und dem Elfenbeinkrokodil war das Kästchen das vierte Geschenk meines Freundes. Niemals mehr in meinem Leben aber erhielt ich von meinem Herrscher ein für mich kostbareres Geschenk, als diese kleine Truhe und den Papyrus.
Amenophis, Sohn des Hapu, traf am Nachmittag bei mir ein, wie es abgesprochen war. Ich gab ihm letzte Anweisungen und schickte Senu los, um Pharao und meinem Vater die Anwesenheit des Baumeisters melden zu lassen. Wie üblich, erschien nach einer Weile ein Offizier der Garde und hieß uns, vor Pharao zu erscheinen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Amenophis zum Empfang des Baumeisters nahezu den gesamten Hofstaat zusammenrufen würde. Auch sämtliche Oberpriester des Amun unter Führung ihres Ersten Sehenden Ramose und die Priester des Tempels der Mut waren anwesend. Amenophis, Sohn des Hapu, ging seitlich versetzt links hinter mir, als sich das große Tor zum Audienzsaal öffnete. Für einen kurzen Moment blieb mein Begleiter wie angewurzelt stehen, so geblendet war er von der Pracht, die sich vor ihm auftat. Ich gab ihm ein Handzeichen, und kurz hinter dem Eingang fielen wir beide zu Boden nieder. Auch wenn mir die Demutsgeste offiziell von Pharao erlassen war, verzichtete ich in Situationen wie dieser auf meine Sonderstellung, was meine Neider ein wenig beruhigen sollte.
«Erhebt euch, Eje, Sohn des Juja, und Amenophis, Sohn des Hapu, und tretet vor Pharao», erschall die mächtige Stimmedes Wesirs Ptahmose. Wir erhoben uns, und gingen gesetzten Schrittes auf den Thron zu.
«Gnädigster Herrscher Nimuria» begann ich meine Rede. «Gemäß Eurem Befehl bringe ich
Weitere Kostenlose Bücher