Im Land des Falkengottes. Amenophis
erste Aufgabe ernst nimmst, wirst du für die zweite nicht mehr viel Zeit haben!»
«Dessen bin ich mir bewusst, und ich bin dankbar für jeden wohlgesonnenen Menschen in Waset, der mir hilft, beides zuschaffen. Und du wirst einer der ersten sein, Amenophis.» Ich trank einen großen Schluck.
«Nimuria beabsichtigt gewaltige Um- und Neubauten im gesamten Tempelbezirk, und er will jenseits des Flusses, am Fuße des Gebirges, einen Palast und seinen Tempel der Millionen Jahre errichten. Die Steine für die Tempel werde ich dir beschaffen müssen, für die Ziegel des Palastes wirst du selbst verantwortlich sein. Du wirst mir genau sagen, welche Steine und wie viele du brauchst. Ich werde dir sagen, welche du haben kannst und wann.»
«Erlaube mir eine Frage, Eje», unterbrach er mich.
«Aber gerne, Amenophis.»
«Woher nimmst du die Gewissheit, dass der Gute Gott, dass Nimuria ausgerechnet mir diese Arbeiten übertragen wird?»
«Das kann ich dir schnell beantworten. Als wir am Abend des ersten Tages in Waset auf der großen Dachterrasse standen und Nimuria die Domänen des Amun sah, befahl er ohne große Umschweife, dass man ihren Erbauer nach den Trauerfeierlichkeiten umgehend vor den Thron zu bringen hat. Hierauf bereite ich dich jetzt vor.»
Ich erklärte Amenophis vor allem noch, wie er vor Seine Majestät zu treten hätte, und dass Pharao zuletzt immer das Gefühl haben musste, alle guten Einfälle beruhten ausschließlich auf seiner Weisheit. Wir unterhielten uns noch über persönliche Angelegenheiten, vor allem über Amenophis’ bisheriges Leben. Nach gut zwei Stunden entließ ich Amenophis, den Sohn des Hapu, mit dem guten Gefühl, in ihm einen ehrlichen Menschen, einen Freund, gefunden zu haben. Anderntags sollte er vor Nimuria treten.
Wenig später meldete sich Senu zurück. Ehe er irgendein Wort sagen konnte, packte ich ihn am Arm, zog ihn in mein Arbeitszimmer, verbot allen anderen den Zutritt und verschloss die Tür.
«Sprich Senu!», bedrängte ich ihn ungeduldig.
«Ihr werdet begeistert sein, mein Herr. Ich habe für Euch die schönste Frau gefunden, die jemals in Waset, ja, die jemals in Ägypten gelebt hat. Sie hat solche …», und Senu hielt sich beide Hände vor die Brust.
«Das interessiert mich gar nicht, Senu. Da lasse ich mich überraschen! Wie alt ist sie?»
«Einundzwanzig Jahre, mein Herr.»
«Ist auf sie in jeder Hinsicht Verlass? Ist sie verschwiegen, gesund, sauber? Du weißt schon, was ich meine!»
«Ihr könnt Euch auf mich verlassen, mein Herr», gelobte mir Senu. Wir besprachen nochmals alle Einzelheiten, dann sollte das Schicksal seinen Lauf nehmen.
Der Abend auf unserer Terrasse begann wie üblich etwas förmlich und verlief so, bis das Essen beendet war. Während Ameni und Vater Senet spielten, berichtete ich von meiner Begegnung mit dem Baumeister Amenophis. Nimuria war beruhigt, weil ich so wohlwollend von ihm sprach, und wollte ihn nach der morgendlichen Besprechung in persönlicher Audienz mit Vater und mir kennen lernen. Ich ließ Cheruef kommen, teilte ihm dies mit und bat ihn, Amenophis, den Sohn des Hapu, noch heute vom Wunsch Seiner Majestät zu unterrichten. Wie durch eine Fügung der Götter zog sich Vater an diesem Abend sehr früh zurück, sodass wir beide ungestört waren, nachdem Ameni auch die Diener entlassen hatte.
«Und der weitere Verlauf der Nacht?», fragte Ameni mit einem etwas schüchternen Blick.
«Liegt bald in meiner Badewanne und im Übrigen ausschließlich in Euren Händen, Majestät!»
Mir gefiel es, dass Ameni sichtlich nervös war, und ich hätte zu gerne gewusst, was jetzt alles durch seinen Kopf ging. Wir tranken noch zwei Becher Wein, als endlich Senu wie eine Katze lautlos auf die Terrasse schlich und mir meldete, dassdas Bad vorbereitet sei. Mit ernster, fast finsterer Miene bedankte ich mich bei ihm und entließ ihn ebenfalls für den Rest der Nacht. Danach erhob ich meinen Becher, prostete Ameni zu und sagte: «Auf deinen Ka! Und die Nacht!»
Schweigend verließen wir die Terrasse, und während wir durch die Gänge zu meinen Zimmern gingen, sah Ameni aufgeregt in jeden Winkel, ob da nicht doch jemand war. Ich öffnete die Türe zu meinem großen Arbeitszimmer, schob Amenophis mit dem rechten Arm hinein und flüsterte: «Bis morgen früh!»
Dann zog ich die Türe wieder zu und schlich mich über verborgene Umwege in die königlichen Gemächer. Obwohl ich dort unbemerkt ankam, verursachte ich mit einem Trinkbecher und
Weitere Kostenlose Bücher