Im Land des Falkengottes. Amenophis
getan hatte.
Tahuti und Vater standen mit kreidebleichen Gesichtern in der Tür.
«Ich konnte nicht anders, Eje», stammelte Tahuti. «Er hätte dich sonst umgebracht.»
Angewidert vom Anblick des toten Verräters setzte ich mich auf den Rand einer der Truhen. Mir war schlecht.
«Wie kam er hierher?», fragte Vater und zeigte auf Sethi.
«Er entwischte uns, als wir seinen Palast besetzten, und flüchtete mit einem Streitwagen. Ich war mir sicher, dass sein Weg hierher führen würde, und folgte ihm. Er hatte bereits seinen Arm erhoben, um zuzustoßen, da konnte ich gerade noch den Dolch nach ihm werfen.»
«Aber wie konnte er ungehindert in das Gebäude gelangen», schrie ich entsetzt.
«Das werden wir noch zu klären haben», versuchte Vater mich zu beruhigen.
Wie sich später herausstellte, hatte Sethi so viel Vorsprung vor Tahuti, dass er mit seinem Streitwagen langsam vor das Gebäude fahren, den Soldaten am Gebäudeeingang seinen Siegelring zeigen konnte und vorgab, er habe einen Befehl Pharaos zu überbringen. Dies genügte offenbar, um jeden der Soldaten am Einschreiten zu hindern.
Es dauerte nicht mehr lange, und Hauptmann Hutu erschien mit seinen Soldaten, den festgenommenen Arbeitern und allen beschlagnahmten Unterlagen am Verwaltungsgebäude. Dort wurde auch das von Vater und mir gefundene Beweismaterial in die Sänfte geladen und zusammen mit den Schreibern, den Arbeitern und dem toten Sethi in den königlichen Palast gebracht. Die Schreiber und Arbeiter ließ ich in das Untersuchungsgefängnis bringen und dort einzeln in Zellen sperren, damit sie sich nicht absprechen konnten. Die Listen kamen in das große Arbeitszimmer Pharaos, während der tote Verräter auf einer Bahre in einen der Räume neben dem großen Audienzsaal gebracht wurde.
Im Laufe der nächsten zwei Stunden trafen Turi, Nebamunund die restlichen Soldaten Tahutis mit ihren Gefangenen und den Unterlagen ein. Mit ihnen verfuhren wir ebenso.
Wir waren noch mit dem Ordnen aller Listen und Papyri beschäftigt, da erschien Nimuria unangekündigt in Begleitung seiner Mutter, der Großen königlichen Gemahlin Mutemwia, und Ptahmoses.
«Bleibt stehen! Bleibt stehen!», rief er, noch ehe wir uns zu Boden werfen konnten. Wir hatten sein Eintreten nicht bemerkt, so beschäftigt waren wir mit den Listen.
Wir legten die geheimen Listen der Domänen in vier Kolonnen an das obere Ende des Tisches. In ihnen fanden sich die wahren Bestände und Abgaben verzeichnet. Darunter ordneten wir die Scheinlisten der Domänen, und in die letzte Reihe die Eingangslisten der Speicherverwaltung.
Tahuti, der über die eingehendsten Kenntnisse verfügte, zeigte seinem Herrscher die ersten, auffälligen Betrügereien, indem er wortlos mit dem Zeigefinger auf verschiedene Zahlen in den Listen deutete.
Nimuria biss nervös auf seiner Unterlippe herum, bevor er schließlich sagte: «Mutter, Ptahmose, seht euch das an! Das habe ich nicht für möglich gehalten. Der Gegenwert ganzer Paläste und Domänen wurde hier verschoben!»
Gleich darauf wurde Ameni auffällig ruhig. Ohne jeden weiteren Kommentar ließ er sich von Tahuti Zahl für Zahl in der langen Reihe der Aufzeichnungen zeigen. Zuletzt stand er alleine am Fenster und sah schweigend in den Palastgarten. Nach einer Weile des Schweigens drehte er sich um.
«Wer ist in diesen Betrug verstrickt?»
«Nach unseren bisherigen Kenntnissen der Bürgermeister Neferhotep, der Grabenmeister Intef und der Vorsteher der Kornspeicher Sethi, daneben einige ihrer Schreiber und Verwalter. Wir können natürlich nicht ausschließen, dass nochmehr Verbrechen aufgedeckt werden, Majestät», sagte ich mit gedämpfter Stimme.
«Wo sind die Gefangenen», wollte Ameni weiter wissen.
«Sethi wurde bei unserem Zugriff getötet. Davon werde ich Euch gesondert berichten. Neferhotep und Intef befinden sich unter strengster Bewachung im Palast. Ihre vermeintlichen Gehilfen, die Schreiber und Arbeiter, sitzen im Untersuchungsgefängnis und werden bereits verhört.»
«Unter Folter?»
«Bislang noch nicht, Majestät, da das Beweismaterial ohnehin erdrückend ist. Erst wenn ihre Angaben widersprüchlich werden, müssten wir zu diesem Mittel greifen», antwortete ich.
Ameni nickte zustimmend.
«Tahuti, du stellst mir erste überschlägige Listen zusammen, in welchem Umfang von den einzelnen Domänen Betrug begangen wurde. Juja, Turi und Nebamun lassen erste Protokolle von den Geständnissen der Schreiber und sonstigen Helfer
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