Im Land des Falkengottes. Amenophis
Mutter und Teje.
Fanfarenstöße und Trommelwirbel kündigten das Erscheinen des Guten Gottes an, sodass sich alle zu Boden warfen oder tief verneigten. Zwölf Nubier trugen Nimuria in der goldenen Prunksänfte durch den Haupteingang in den Saal, seitlich schritten der Wedelträger und der Sandalenträger Seiner Majestät. Nimuria trug den Chepresch, den blauen Kriegshelm, und alle übrigen Insignien seiner königlichen Macht. Sein Gesichtsausdruck war ernst, ja geradezu grimmig. Er stieg aus seiner Sänfte und, begleitet vom Wedelträger, nahm er auf dem Thron aus Elektron Platz. Erst jetzt verstummten Fanfaren und Trommeln. Ptahmose trat vor den Thron und erlaubte den Anwesenden, sich zu erheben. Dann gab er ein Handzeichen, und, eskortiert von jeweils acht Soldaten der Leibgarde, wurden Neferhotep und Intef in den Saal und vor den Thron Nimurias geführt. Ihr erbärmlicher Auftritt wurde von einem verwunderten Raunen der Anwesenden begleitet. Hinter den Gefangenen trugen vier Soldaten auf einer Bahre den toten Sethi, in dessen blutverschmiertem Rücken noch immer der Dolch Tahutis steckte, vor Pharao. Jetzt waren sogar einige laute Aufschreie zu hören. Sechs Soldaten der Leibgarde zerrten acht weitere Männer, die schuldigen Schreiber und Verwalter der Verbrecher, an einem langen Seil, an das alle gefesselt waren, herein. Zwei von ihnen hatten blutige Striemen am Rücken – Zeichen von Folter.
Ptahmose rollte einen Papyrus aus und las mit lauter Stimme vor:
«Seine Majestät Neb-maat-Re, der König von Ober- und Unterägypten, geliebter Sohn seines Vaters Amun, er lebe, sei heil und gesund, Herrscher von Waset, Amenophis, spricht zu euch: Skrupellose und habgierige Verbrecher haben über Jahre hinweg ihre Majestäten, die Könige von Ober- und Unterägypten,denen sie dienten, unvorstellbare Mengen Getreide, Rinder, Schweine und Schafe unterschlagen und ihren Majestäten über Jahre hinweg Arbeitsleistungen, zu denen sie verpflichtet waren, vorenthalten. Seiner Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, liegen zahlreiche Schriftstücke der Täter vor, aus welchen sich deren Schuld und der Umfang ihrer Verbrechen zweifelsfrei ergibt. Ferner liegen Seiner Majestät umfangreiche Geständnisse von acht beschuldigten Schreibern und Verwaltern vor. Die Schreiber und Verwalter Ipu, Jui, Amenemhet, Werschu, Anchhotep, Wia, Useranch und Hapuseneb werden deswegen vom Wesir Seiner Majestät zum Tode durch Pfählen verurteilt. Ihre Vermögen werden eingezogen und der Krone zugeschlagen. Ihr Andenken wird ausgelöscht in Ewigkeit. Ihre Familien werden künftig in königlichen Domänen arbeiten.
Der Verbrecher Sethi wurde bereits gerichtet. Die anderen Schuldigen, der Bürgermeister von Waset, Neferhotep, und der Grabenmeister Intef werden zum Tode durch Pfählen verurteilt. Seine Majestät gewährt ihnen die Gnade, selbst Hand an sich zu legen. Die Vermögen der Angeklagten Sethi, Neferhotep und Intef werden eingezogen und der Krone zugeschlagen. Ihre Grabmale werden ihnen entzogen, das Andenken an sie wird ausgelöscht in alle Ewigkeit. Ihre Familien werden nach Nubien verbannt. Dies ist der Urteilsspruch des Wesirs Seiner Majestät Ptahmose.»
Ptahmose schritt vor den Thron und legte Nimuria das Schriftstück vor. Sodann erschien der Siegelträger Seiner Majestät, und Pharao bestätigte das Urteil in vollem Umfang, indem er dem Papyrus sein königliches Siegel aufdrückte. Die Angeklagten, die sich der Folgen ihrer Taten bewusst waren, zeigten nicht die geringste Gefühlsregung. Mit starrem Gesichtsausdruck und gesenkten Hauptes standen sie vor dem Guten Gott und den Großen des Reiches, denen sie einmal angehört hatten.
Da wandte sich Ptahmose wieder an die Versammelten:«Die Urteile wurden durch Seine Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, bestätigt. Sie werden sofort vollstreckt.»
Die acht Schreiber und Verwalter wurden hinausgezerrt, wo sie in einem der Palasthöfe bei lebendigem Leibe auf im Boden versenkte, spitze Pfähle aufgespießt wurden und so starben. Neferhotep und Intef wurden getrennt in zwei Nebenräume des Palastes geführt, wo sie sich mit bereitgelegten Dolchen selber entleiben durften. Wenig später meldeten zwei Offiziere der Leibgarde Vollzug.
Im Saal herrschte eisiges Schweigen, und mit besorgter Miene sah ich zu den vier Priestern des Amun. Wer weiß, in welchem Verhältnis sie zu den Verurteilten standen. Mich überkam ein seltsames Gefühl, hatte ich doch wesentlichen Anteil daran,
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