Im Land des Falkengottes. Amenophis
anfertigen. Ptahmose trägt Sorge dafür, dass sich noch vor Sonnenuntergang der gesamte Hofstaat einschließlich der ausländischen Gesandten in der Großen Halle des Palastes versammelt. Eje, du begleitest mich in den Garten.» Pharao sprach seine Befehle mit knappen Worten, und alle taten, wie ihnen aufgetragen wurde.
Lange gingen wir schweigend im Schatten der Nilakazien. Nimuria verschränkte die Hände trotzig vor der Brust, und ab und zu gab er kleinen Steinen auf unserem Weg einen Tritt, dass sie in hohem Bogen in die Büsche flogen.
«Was werde ich mit den Dreien machen, Eje», beendete Amenophis das Schweigen.
«Du wirst sie von Ptahmose als deinem obersten Gerichtsherrn zum Tode verurteilen lassen, das Urteil bestätigen und ihnen die Gnade gewähren, sich selber das Leben zu nehmen,um einer schändlichen Hinrichtung zu entgehen. Soweit sich andere schuldig gemacht haben, werden sie dem Tod nicht entrinnen können. Das Vermögen aller Verurteilter wird eingezogen und der Krone anheimfallen, und das Andenken an die Verbrecher wird für immer aus dem Gedächtnis der Menschen gelöscht werden, wenn du es befiehlst.»
Amenophis nickte.
«Ich muss dich aber um einen Gunstbeweis bitten, Ameni. Ich weiß nicht, ob und in welchem Umfang sich unser Informant, dessen Namen nicht einmal ich kenne, schuldig gemacht hat. Um überhaupt an die Verbrecher heranzukommen, musste ich ihm durch Tahuti zusichern lassen, dass er irgendwo in Ägypten unbehelligt weiterleben kann.»
Amenophis atmete schwer durch und sah mich mit weit aufgerissenen Augen an.
Bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich fort: «Ich habe ebenso reagiert wie du, als man mir diese Zusage abverlangte. Mir blieb aber nichts anderes übrig. Im Namen Amuns: Lass diese Ratte laufen, und ich habe wenigstens Wort gehalten!»
Ameni atmete nochmals schwer durch und sagte dann: «Im Namen Amuns: So sei es! Aber jetzt erzähle mir, was mit diesem Sethi geschah!»
Ich berichtete Nimuria den genauen Ablauf unseres Einsatzes und wie es zum Tode des Verräters kam. Zuletzt bat ich meinen Freund, die Leistung Tahutis besonders zu würdigen, da wir ohne dessen Offenheit und ohne dessen Mut dieses Ergebnis nie erreicht hätten.
«Und du, mein Freund? Was wünschst du von mir?»
«Amenophis, nie käme ich auf den Gedanken, dir etwas für mich abzuverlangen», reagierte ich ehrlich empört.
«Alles, was ich bin, und alles, was ich besitze, habe ich ohnehin dir zu verdanken. Du hast mir einen Auftrag erteilt, und ich habe meine Pflicht erfüllt. Du erlaubst mir, dein Freundzu sein, und ich habe getan, was ich dir schuldig war. Maat und deine Würde sind wieder hergestellt. Das ist mehr als jede Belohnung, Ameni!»
«Es ist gut, Eje. Ich kenne dich nicht anders. Du hast aber mehr als deine Pflicht getan. Und dafür will ich dich belohnen.»
Unser Rundgang hatte uns in eines der Schattenhäuser geführt. Auf ein unauffälliges Zeichen Amenis hin erschienen seine Leibdiener. Er befahl ihnen, uns gekühltes Bier und grüne Oliven zu bringen.
«Und wie werden wir mit diesem Schlangennest Waset weiter verfahren?»
Wir tranken beide einen kräftigen Schluck, und ich überlegte mir kurz eine Antwort.
«Auch ich halte Waset bis auf wenige Ausnahmen für ein Schlangennest. Es ist aber ein sehr schönes Schlangennest, und es wäre schade, es zu vernachlässigen oder verkommen zu lassen. Zertrete also die übelsten Schlangen, und ersetze sie durch zuverlässige Beamte aus Men-nefer!»
Amenophis zog die Augenbrauen hoch und spitzte die Lippen.
Ich musste nachsetzen: «Erst hast du einen mächtigen Schlag gegen die Priester des Amun geführt, und sie mussten ihn akzeptieren. Heute Abend wirst du einen noch viel mächtigeren Schlag gegen die Oberschicht von Waset führen. Angesichts der Bodenlosigkeit der Verbrechen wird es niemand wagen, gegen die Einsetzung auswärtiger Beamter zu murren. Du musst den Wechsel nur hier und jetzt vollziehen.»
Der Abend, der Zeitpunkt der großen Versammlung kam näher. Die schwächer werdende Sonne tauchte die Große Halle des Palastes in ein angenehmes Licht, das alle Figuren, alle Wände goldgelb glänzen ließ. Die Großen des Reiches sowie die ausländischen Gesandten waren versammelt. Seitlich des Thrones standen der Wesir Ptahmose, mein Vater und ich. Neben demThron befanden sich zwei weitere mit Gold beschlagene Thronsessel für die Großen königlichen Gemahlinnen Mutemwia und Iaret, davor zwei zusätzliche für meine
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