Im Land des Falkengottes. Amenophis
seinen Verrat zu helfen. Welch elendes Geschöpf mochte das sein!
Ohne großes Aufsehen erteilte ich die Befehle zur Einlagerung des Getreides und zur Ausbesserung der Gräben. In meinem Arbeitszimmer erläuterte ich Sethi, dem Verwalter der Kornspeicher, in einem persönlichen Gespräch die Dringlichkeit der Maßnahme und die große Bedeutung, die ihm hierbei zukommen würde. Sethi schöpfte nicht den geringsten Verdacht, im Gegenteil, er fühlte sich durch meine geheuchelte Aufmerksamkeit geschmeichelt und geehrt. Zuletzt versicherte ich ihm glaubhaft, dass ich seine persönliche Anwesenheit bei Anlieferung des Getreides voraussetzte, da ich nur einem so erfahrenen Mann wie ihm vertrauen könne.
Nach dem Gespräch mit Sethi war ich mir sicher, dass unser Plan gelingen würde. Es dauerte auch nicht lange, da meldete mir Tahuti, dass sein Vertrauensmann die ersten größeren Betrügereien bestätigt hatte. Die Kontakte zu Tahuti liefen bis auf weiteres schriftlich und geheim, da wir unter allen Umständen jede Auffälligkeit vermeiden wollten. Wie es zu meinen Aufgaben gehörte, erschien ich gelegentlich an den Kornspeichern, begrüßte Sethi höflich und erkundigte mich, ob auch alles zu seiner Zufriedenheit ablaufe.
Karren für Karren, die von Stieren oder Eseln gezogen wurden, fuhren vor, und mit einem Hebearm wurde Sack für Sack auf das Dach der runden, gemauerten Speicher gehoben. Oben stand unter einem Sonnensegel ein Tisch, an welchem Sethi mit seinem persönlichen Schreiber saß und ihm die nötigen Angaben diktierte. Daneben befand sich eine Öffnung, in welchesodann das Getreide aus den Säcken hineingeschüttet wurde. Abends wurden die von Sethi persönlich abgezeichneten Listen im Verwaltungsgebäude der Kornspeicher abgegeben und gelagert. Es würde sicher noch fünf oder sechs Tage dauern, ehe die drei Speicher gefüllt waren. Kurz vor dem letzten Tag der Woche, an dem die Arbeiter frei hatten, wollte ich zuschlagen.
Bis dahin ging ich all meinen üblichen Verpflichtungen nach, saß abends regelmäßig mit Ameni und meinem Vater auf der Terrasse des Palastes und nahm jetzt häufiger an den Bauberatungen teil, da ich mittlerweile auch über das vollständige Kartenmaterial aller Steinbrüche verfügte und mein bereits erworbenes Wissen um die Kenntnisse des Baumeisters Amenophis erweitern musste. Wie es meiner Gewohnheit entsprach, hatte ich die vorhandenen Unterlagen eingehend geprüft und festgestellt, dass unter anderem der Steinbruch in Tura, etwas südlich der großen Pyramiden, wo weißer Kalksandstein gebrochen wurde, aus unbekannten Gründen seit langem nicht mehr in Betrieb war. Andere Steinbrüche befanden sich im Wadi Hammamat, wo man besonders Granit, Grauwacke und Schiefer abbaute. Roter und schwarzer Granit wurde in der Nähe der Elefanteninsel Abu gebrochen und Alabaster in Hatnub. Nach unserer Rückkehr in Men-nefer wollte ich zuerst Tura aufsuchen, um prüfen zu lassen, ob die dortigen Steinbrüche erschöpft waren oder ob sich eine Wiedereinrichtung lohnte. Dies wurde allseits für gut befunden und deswegen von Nimuria so befohlen.
Der vorletzte Tag der Woche kam näher. Tags zuvor bat ich Ameni darum, Tahuti und Turi, dem Leiter der Polizei von Waset-Ost, sowie dessen Bruder Nebamun, der Leiter der Polizei in Waset-West war, die Erlaubnis zu erteilen, nach Einbruch der Dunkelheit zu uns auf die Palastterrasse kommen zu dürfen. So geschah es auch. Nachdem alle versammelt warenund sich Tahuti, Turi und Nebamun vor ihrem Herrscher niedergeworfen hatten, ergriff ich das Wort.
«Majestät, ich habe Euch bereits vor Wochen angedeutet, dass ich gegen einige hoch gestellte Persönlichkeiten dieser Stadt einen schweren Verdacht hege. Dieser Verdacht hat sich leider voll bestätigt.»
Amenophis und Vater sahen sich wortlos an, und Ameni sagte nur: «Weiter!»
«Tahuti ist es gelungen, zu einem der Domänenverwalter dieser Männer vertrauensvoll Kontakt aufzunehmen. Von dort haben wir alle nötigen Informationen über das Vorgehen der ruchlosen Verräter erhalten.»
Tahuti und ich berichteten Nimuria und meinem Vater nun im Einzelnen, was sich in den letzten Wochen, ja offenbar in den letzten Jahren abgespielt hat. Zuletzt unterbreiteten wir Pharao unseren Plan. Am folgenden Tag, in der Zeit der größten Mittagshitze, sollten alle Aufzeichnungen in den privaten Landgütern und in der Verwaltung der Kornspeicher durch Polizisten Turis und Nebamuns sowie durch Soldaten
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