Im Land des Falkengottes. Echnaton
halten so von außen kommende Wärme ab. Die Höhe des Raumes lässt zudem die warme Luft nach oben steigen, wohingegen sich die kalte Luft, die nachts durch die am Dach angebrachten Öffnungen eindringt, nach unten fällt und sich lange im Bodenbereich der Halle halten kann. Aber das ist nicht alles, wie ihr seht.»
Er zeigte auf vier mächtige Tonkrüge, die auf steinernen Podesten in den Ecken der Halle standen. «Das auslaufende und gleichmäßig verdunstende Wasser bewirkt eine weitere Abkühlung der Luft.»
«Ihr habt offenbar alle bekannten Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Hitze des Sommers erträglich zu machen», sagte ich, während ich bemerkte, dass alle Türen zu den angrenzendenRäumen und auch die Fensterluken unter dem Dach sorgfältig geschlossen waren, um die kühle Luft nicht entweichen zu lassen.
«Mein bescheidener Palast hat den Vorteil, dass ich ihn auf einem freien Gelände errichten konnte und nicht auf vorhandene Gegebenheiten Rücksicht nehmen musste. So stehen vor den Süd- und Westwänden hohe Palmen, um die Wände ein wenig vor der Sonne zu schützen. Im Norden ist meinem Haus ein großer Garten vorgelagert, damit durch ihn der nächtliche Nordwind weiter abgekühlt und der Sand abgefangen wird. Dass mein Schlafzimmer in der Nordostecke des Hauses liegt und dass eine nach Norden zeigende Lufthaube nachts kühle Luft hereinlässt, ist wohl nichts Besonderes.»
Damit hatte er zwar Recht, doch in seinem Hause waren all diese Dinge in besonders vollkommener Weise berücksichtigt.
Echnaton berichtete seinem weisen Lehrer von den hinter uns liegenden Tagen und von seinem Vorhaben, eine neue Hauptstadt zu errichten. Merire hörte ihm lange und aufmerksam zu, und man sah ihm an, dass er Freude an dem Eifer und der Leidenschaft hatte, mit welchem Echnaton seine künftige Hauptstadt Achet-Aton beschrieb. Nachdem Pharao geendet hatte, sah er Merire erwartungsvoll an.
«Das Gedächtnis der Menschen ist gut und währt lange, Echnaton», sagte der Alte bedächtig. «Auch wenn Ihr die Verehrung Atons in den Mittelpunkt all Eures Handelns stellt, werden Eure Untertanen die anderen Götter, die sie und alle ihre Vorfahren verehrt haben, nicht einfach vergessen. Auf ein so großartiges Erlebnis wie das jährliche Opetfest werden sie nicht einfach verzichten wollen. Die Erinnerung der Menschheit an solche Dinge ist ausgeprägter als Ihr glaubt.»
«Ich werde sie die Wahrheit lehren, Merire. Und wer die Wahrheit kennt, wird nicht umhinkönnen, auf Dinge, die der Wahrheit nicht dienen, mit freudigem Herzen zu verzichten. Die Wilden Nubiens verehren noch heute Fetische, weil sie esnicht besser kennen. In den Beiden Ländern haben wir diese Form der Gottesverehrung längst überwunden.»
«Seid Ihr Euch da sicher, Majestät? Wenn die goldene Statue Amuns beim Opetfest in der heiligen Barke des Gottes zum Tempel der Hathor getragen wird, glauben da die Menschen nicht, es wäre wahrhaftig Amun, den sie sehen können?»
«Amun ist also nichts anderes als ein besonders edler, verehrungswürdiger Fetisch?», fragte ich zaghaft und vorsichtig und sah in Merires matt gewordene, alte Augen.
«Das habt Ihr gesagt, Gottesvater Eje. Nicht ich!»
«Dann könnte Aton am wahrhaftesten und vollkommensten verehrt werden, wenn man gänzlich auf dessen Abbildung verzichtete», sagte Echnaton mehr zu sich als zu uns.
Merire sah ihn nachdenklich an und sagte dann wie zur Bekräftigung seiner Worte mit ständigem Kopfnicken: «Denkt an das lange Gedächtnis der Menschen, Echnaton! Unterschätzt es nicht!»
Echnaton wusste, dass er zur Verwirklichung seines Bauvorhabens große Teile der Armee einsetzen musste. Allein die Bauern und Tagelöhner, die jährlich zu Arbeiten an königlichen Bauvorhaben eingesetzt werden konnten, und mit ihnen alle Sklaven der Beiden Länder würden dazu nicht im Stande sein. Seit der Befreiung Ägyptens von den Fremdländern lagen die zuverlässigsten und treuesten Truppen in den Kasernen von Men-nefer, und seit über fünfundzwanzig Jahren standen sie unter dem Kommando von Ptahmay. Es war jener Ptahmay, der einst zum Bau der königlichen Flotte Nimurias Holz aus dem Libanon nach Men-nefer geholt und der zusammen mit mir die Mitanniprinzessin Giluchepa von der Grenze Ägyptens nach Waset gebracht hatte. Ptahmay war jetzt ein alter Mann von über sechzig Jahren. Obwohl er noch bei bester Gesundheit und bei wachem Verstand war, bat er Echnaton demütig darum, nicht die Verantwortung
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