Im Land des Falkengottes. Echnaton
redete, und auch die Worte, die Nimuria an mich schrieb und die er redete, Du selbst kennst sie, und Kelija kennt sie. Du selbst aber kennst die Worte, die wir miteinander geredet haben, besser als jener. Und siehe, Du hast zu Kelija gesagt: Sage Deinem Herrn: Nimuria, mein Gemahl hat mit Deinem Vater Freundschaft unterhalten, denn seine Freundschaft mit Deinem Vater vergaß er nicht. So vergiss Du jetzt Deine Freundschaft mit Nimuria, Deinem Bruder nicht! Ich sage Dir, Teje, mit Echnaton mache ich die Freundschaft noch größer. Schon mit Nimuria pflegte ich die Freundschaft mehr, als es früher der Fall war. Jetzt nun werde ich mit Echnaton, Deinem Sohn, in zehnfachem Grade durchaus Freundschaft unterhalten. Und Deine Boten samt den Boten Echnatons mögen mit Geschenken zu Iuni, meiner Frau und zu mir kommen, und die Boten der Iuni, meiner Frau und meine Boten, sollen mit Geschenken zu Euch kommen. Siehe, ich habe Dir zum Geschenk übersandt eine silberne Dose, die von gutem Öl voll ist, und einen Beutel mit kostbaren Steinen.»
Aller Augen waren jetzt auf Teje gerichtet, die den Worten Tuschrattas mit regungslosem Gesicht zugehört hatte. Während sich jetzt ihre Züge etwas erhellten, ihr Antlitz freundlich wurde, sah ich, wie eine Träne über ihre rechte Wange rann. Ich verstand ihre Rührung, denn es musste erst ein Bote aus dem fernen Mitanni an den Nil kommen, um erstmals die Leistung dieser Frau zu würdigen. Auch Echnaton schien die Worte Kelijas und die Gefühlsregung seiner Mutter verstanden zu haben, denn jetzt erhob er sich von seinem Thron, ging zu seiner Mutter, legte die Hände auf ihre Schultern und küsste sie liebevoll auf beide Wangen.
Dann wandte er sich uns zu und sagte: «Schon seit vielen Jahrenverdanken wir es meiner Mutter, der Großen königlichen Gemahlin Teje, dass wir mit dem Hof in Waschukkanni freundschaftlich verbunden sind. So groß und innig ist die Freundschaft, dass unser Bruder Tuschratta seine Tochter Kija nach Ägypten sandte und sie meinem Vater Nimuria zur Frau gab. Seid versichert, edler Kelija, dass wir Eure geliebte Herrin in unser Herz geschlossen haben. So, wie ihr schon die Liebe und Zuneigung meines Vaters gewiss war, so kann sie sich auch meiner Fürsorge und meiner Zuneigung immer gewiss sein.»
Mein Herz klopfte schneller nach diesen Worten, die mehr waren als nur freundliche Worte an einen fernen Bruderkönig. Das eben noch freundliche Gesicht meiner Schwester verfinsterte sich wieder in das regungslose Antlitz eines Sphinx. Auch in Anwesenheit Naftetas wäre dieser Satz niemals gesagt worden. Die Erregung, die er in mir verursachte, ließ heißes Blut in meinen Kopf steigen, und ohne einen einzigen Wimpernschlag sah ich starr zu Kija hinüber, um zu sehen, welche Gefühle sie nach den unzweideutigen Worten Pharaos zeigen würde. Züchtig hielt sie den Kopf gesenkt. Ihre Erziehung erlaubte es ihr nicht, sich irgendetwas anmerken zu lassen.
«Sieh mich an Kija!», schrie ich in meinem Inneren zu ihr hinüber. «Einen einzigen Blick gönne mir! Gib mir ein kleines Zeichen Deiner Zuneigung! Verlass mich nicht, Kija!»
Als Pharao zu Kelija hinabstieg, um ihm zum Dank für seine Dienste eine goldene Kette umzuhängen, hob Kija langsam, ja verlegen den Kopf und ihre Augenlider und sah mich mit dem leeren Blick einer stummen, hilflosen Entschuldigung an. Ich verstand diesen Blick, aber ich ertrug ihn nicht. Ich schloss meine Augen, die müde geworden waren und deren blaue Farbe einst so viel vermocht hatte, und hätte am liebsten vorzeitig die Audienz verlassen. Das konnte sich aber nicht einmal ein Gottesvater Eje erlauben.
Nachdem Echnaton wieder Platz genommen und Kelija den Gesandten Tuschrattas ein Zeichen gegeben hatte, dass sie dieGeschenke brachten, wandte sich Pharao erneut Kija zu: «Die Aufregung der letzten Zeit erlaubten es mir nicht, Dir gebührend Aufmerksamkeit zu schenken. Hattest Du schon Gelegenheit, meine Stadt zu sehen und etwas von der Verehrung Atons zu erfahren?»
Dabei legte er seine linke Hand wie zufällig auf die Rechte Kijas, die auf der Armlehne ihres Thrones ruhte. Ich sah es genau, und mein Herz schlug jetzt noch schneller, denn es war für mich nicht zu übersehen, dass Echnaton an Kija Gefallen gefunden hatte.
«Gottesvater Eje steht da in meiner Schuld. Noch vor unserer Fahrt nach Achet-Aton versprach er, mir alles zu zeigen und zu erklären», sagte sie leise und zaghaft zu Echnaton, doch ich konnte ihre Worte gut
Weitere Kostenlose Bücher