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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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gütige Lächeln eines alten Mannes: «Ich kann nichts erkennen, was in diesem Fall auf einen Mord hindeutet. Also muss ich von einer Selbsttötung ausgehen. Diese muss ich weder dem Wesir noch dem Guten Gott, er lebe, sei heil und gesund, melden. Das Mädchen wird als eine Bedienstete des Polizeiamtes bestattet. Bist du damit zufrieden?»
    Ja, ich war sehr zufrieden und hatte ihm längst wieder alles verziehen. Zum Abschied hielt er mir seine große Hand entgegen, und ich drückte sie fest und herzlich.
    Der Tod des Mädchens Isis stimmte mich nachdenklich. Als Mensch hatte sie mir nicht viel bedeutet, aber was wäre geworden, wenn sie weitergelebt hätte, wenn ich sie in wenigen Wochen in der Stille der Oase wiedergetroffen hätte? Ein paar vergnügte Stunden oder doch eine echte Liebesbeziehung? Sie hätte mich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen können, denn so etwas lässt sich nicht lange verheimlichen. Ein Palast hat zu viele Augen und Ohren. Darum war ich letztlich erleichtert, weil mir das Schicksal diese Versuchung durch den Tod Isis’ einfach erspart hatte. Schrecklich, dieser Gedanke!
    Es verhielt sich so, wie Turi vermutet hatte: Die anderen beiden Mädchen waren an diesem Morgen spurlos verschwunden. Ti war hierüber natürlich sehr erstaunt, doch ich spielte die Angelegenheit herunter.
    «Du weißt doch, wie Musikanten sind», sagte ich zu ihr, «jeden Tag haben sie etwas anderes im Kopf und sind heute hier, morgen dort.»
    Ti wusste natürlich nicht, wie Musikanten sind.
     
    Weil das Grab Nimurias im Totental jenseits des Flusses seiner Vollendung entgegenging, erhielt ich von Pharao die Erlaubnis, mein eigenes Grab, dessen Platz ich mir vor Jahren aussuchendurfte, erbauen zu lassen. Bis dahin hatte ich mir über dessen Ausgestaltung noch keine Gedanken gemacht. Jetzt saß ich über einem großen Stück Papyrus, hielt den Federkiel in der Hand und wusste nicht, wie ich anfangen sollte. Es durfte nur einen Vorraum haben. Gewiss, mehr stand mir nicht zu. Doch wie sollten die Wände dekoriert werden? Da kam mir mein Verwalter Maja in den Sinn.
    «Erwähntest du nicht vor einigen Wochen, dass dein Freund Nacht sich gerade ein Grab einrichten lässt?», fragte ich ihn und sah ihn hoffnungsvoll an.
    «Herr, es ist zwar bei weitem nicht vollendet, aber man kann schon viele interessante Dinge sehen.»
    Nacht war ebenso alt wie Maja, also gerade zwanzig, und war Schreiber auf dem größten Landgut des Prinzen am südlichen Stadtrand. Er hatte es seiner vorbildlichen Arbeit zu verdanken, dass er sich schon in jungen Jahren ein Grab einrichten durfte. Das hatte den großen Vorteil, dass es ganz nach seinen Vorstellungen und sehr sorgfältig ausgeschmückt werden konnte. War der Grabherr erst einmal tot, drängte die Zeit, und oft genug kam es vor, dass die Angehörigen ein unvollkommenes Grab verschließen mussten.
    «Ob dein Freund etwas dagegen hat, wenn ich es mir einmal ansehe?», fragte ich Maja.
    «Im Gegenteil, Herr. Ich denke, es wird ihm eine Ehre sein! Es ist ein sehr außergewöhnliches Grab, Herr. Ihr werdet staunen.»
    Eher beiläufig erzählte ich Prinz Amenophis von meiner Absicht, das Grab des Nacht zu besuchen.
    «Nimmst du mich mit?», fragte er ohne Umschweife. Schon am frühen Nachmittag fuhren wir los. Am Westufer des Flusses führte unser Weg nach Norden. Dann bogen wir in westliche Richtung ab, geradewegs auf den Totentempel von Pharao Hatschepsut zu, dann ging es noch ein kurzes Stück nach Süden. Ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Totentempel Nimuriasund dem der Hatschepsut lag am Anstieg zum Gräberberg der Beamtenschaft das Grab des Schreibers Nacht. Der Schreiber wartete schon und erschrak so sehr, als er seinen Herrn kommen sah, dass er vor Prinz Amenophis in den Staub fiel, als stünde Pharao selbst vor ihm.
    Der Prinz lachte und sagte: «Erhebe Dich, Nacht! Es ist nicht nötig, vor mir in den Staub zu fallen.» Dann sah der Prinz über dem Grabeingang die Statue seines Schreibers, wie er eine Steinplatte hielt, die etwa eine Elle hoch und beschriftet war.
    Der Prinz las laut vor:
    «Bete Re an, wenn er aufgeht
    bis zum Eintritt seines Untergangs im Leben
    durch den Stundenpriester des Amun,
    den Schreiber Nacht, der gerechtfertigt ist.
    Sei gegrüßt, Re, bei deinem Aufgang,
    Atum, bei deinem schönen Untergang!
    Du erscheinst und erglänzt auf dem Rücken deiner Mutter,
    du bist erschienen als König der Götter.
    Nut führt die Begrüßung aus vor deinem

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