Im Land des Falkengottes. Echnaton
Völker preisen Dich im Himmel bis zum Horizont.
Wie ist sie schön!
Die Goldene ist blühend, strahlend, ganz in Blüte!
Aton in seinem Lauf und das ganze Meer schlagen für Dich das Tamburin.
Die Griechen feiern Deine Lobpreisungen,
die Fremden sind für Dich erfüllt von Freude.
Wie ist sie schön!
Die Goldene ist blühend, strahlend, ganz in Blüte!
Die Männer und Frauen schlagen für Dich das Tamburin.
Die mächtigen Götter tanzen für Dich,
ganz Ägypten preist Dich,
alle Göttinnen singen Deinen Lobpreis!»
Dann klangen nur noch die Instrumente, und eines nach dem anderen verstummte, bis zuletzt auch die Harfe schwieg.
Wir alle waren still und sahen einander nachdenklich an. Noch bevor sich die Ersten besannen und den wunderbaren Gesang beklatschen konnten, wandte sich der junge König an Nafteta: «Das Lied ist für dich, meine Liebe. Ich habe es nur für dich geschrieben.»
Dann küsste er zärtlich ihren Hals. Wie ein Lauffeuer verbreitete es sich jetzt im Saal, was man gerade vernommen hatte: Amenophis Waen-Re hatte das Lied für Nofretete geschrieben! Nach und nach erhoben sich alle Gäste, wandten sich dem jungen Königspaar zu und beklatschten unter Hochrufen ihren jungen Pharao.
Nafteta war von der Geste so gerührt, dass sie ihm vor allen Gästen um den Hals fiel und ihn liebevoll küsste. Dann standen beide auf, gingen zu dem Mädchen und beglückwünschten es zu seiner vollendeten Darbietung. Vor aller Augen zog Nafteta einen kleinen Ring von ihrem Finger und steckte ihn dem Mädchen an, während ihr alle begeistert Beifall klatschten. Da trafen sich meine und Nimurias Blicke. Ameni zog die Augenbrauen etwas nach oben und zeigte mir seine Anerkennung für seinen Sohn, indem er mehrmals zustimmend mit dem Kopf nickte. Ameni hatte für Teje einen Tempel errichtet und ihn in wenigen Tagen von einem gewaltigen See umgeben lassen. Doch wie leidenschaftslos wirkte das im Vergleich zu der Liebe, die sein Sohn gerade offenbart hatte?
Was hätte Ameni wohl dafür gegeben, wenn er jetzt in meinen Gedanken hätte lesen können! Ich aber lächelte ihm nur zu und rief: «Auf deinen Ka, Ameni!»
«Auf deinen Ka, Eje», schallte es zurück.
Die Festgesellschaft hatte jetzt natürlich ihr Thema: die Begabungen von Amenophis Waen-Re. Die einen wollten schon immer gewusst haben, dass er die Kunst über alles liebte, andere meinten zu ahnen, dass er Ägypten noch ruhmvolleren Tagen zuführen werde als sein Vater, und einige wenige flüsterten sich zu, dass man einem so feingeistigen Träumer wie ihm niemalsden Thron der Beiden Länder anvertrauen dürfe, wenn man nicht den Untergang Ägyptens riskieren wolle.
Laute Trommelwirbel unterbrachen jäh das aufgeregte Getuschel und Geflüster im Saal. Es waren die Nubier des Königssohnes von Kusch. Sie kamen mit achtzig Kriegstrommeln. Männer wie Frauen waren mit Kopfbedeckungen aus bunten Federn geschmückt, und ihre sonst schwarz glänzenden Körper waren über und über mit weißer und roter Farbe bemalt, den Farben der Kronen von Ober- und Unterägypten. Sie bildeten ein großes, von ihren Trommlern umsäumtes Viereck, und im Takt der Kriegstrommeln zogen sie in stampfenden Schritten herein. Dann bildeten die Frauen und die Trommler einen großen Kreis, und die übrigen Nubier nahmen darin Aufstellung. In kleinen Schritten tanzten die beiden Gruppen immer wieder aufeinander zu und entfernten sich wieder, machten Drohgebärden, drehten sich, und einige sprangen wie wild nach vorn, als wollten sie die anderen überraschend angreifen.
Dieser Kriegstanz dauerte nicht sehr lange, dann bildeten zwölf von ihnen einen Kreis, legten einander die Arme um die Schultern und hielten die Köpfe gesenkt. Jeder zweite von ihnen hatte sein rechtes Bein ein wenig nach innen gebeugt, und jetzt sprangen sechs andere von hinten los, nutzten die Wade des gebeugten Beines als Antritt, sprangen auf die Rücken der Zwölf und bildeten dort ebenfalls einen Kreis. Dann nahmen drei kleinere Nubier Anlauf und sprangen auf die Rücken der Sechs. Die Muskeln der unteren Zwölf waren jetzt auf das Äußerste angespannt. Ihre Beine begannen ein wenig zu zittern. Trotz des unaufhörlichen Lärms der Trommeln und des lauten Gesangs der Frauen hörte ich, wie sie sich Kommandos zuriefen und zum Durchhalten anspornten. Nun kletterten nochmals drei kleinere, geradezu schmächtige Jünglinge hinauf. Zuerst nahmen zwei von ihnen Aufstellung und umklammerten ihre Schultern, damit
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