Im Land des Falkengottes. Echnaton
aussahen wie die kleine Musikerin Isis, die so gern hier gewesen wäre, um alle ihre Sinne zu befriedigen, auch den letzten.
Wie immer nach mehrtägigen Festen legte sich danach eine geradezu lähmende Stille und Ruhe über die Stadt. Es kamen keine Besuche, man verließ kaum Haus und Hof und zumindest ich versuchte, so gut es ging, die Nähe der beiden königlichen Paläste zu meiden. Es war auch wahrhaft genug gefeiert worden.Acha, der als Schatzmeister seiner Majestäten zuletzt alles abrechnen musste, berichtete mir später von dem Aufwand der Feiern. Es wurden eintausendzweihundert Rinder geschlachtet, achttausend Schafe und Lämmer und mehr als vierzigtausend Gänse und Enten. Über die Zahl der verzehrten Fische und Brote gab es keine Angaben. Die Menschen von Waset tranken zwölftausend Krüge roten und weißen Wein und zweiunddreißigtausend Krüge Bier. Nach Feiern war erst einmal niemandem mehr zumute.
FÜNF
Eilender, der den Umlauf vollbringt,
Chepre, ausgezeichnet in seiner Geburt,
der seine Schönheit emporhebt
am Leib der Himmelsgöttin,
der die Beiden Länder erhellt
mit seiner Sonnenscheibe!
M erimes, der Königssohn von Kusch hatte es nicht eilig, in seinen Palast nach Napata, kurz vor der vierten Stromschnelle, zurückzukehren und wohnte schon seit vier Wochen im Palast bei Amenophis und Nofretete. Nafteta berichtete mir von langen Gesprächen, die sich bis tief in die Nacht hineinzogen und in welchen Merimes wunderbare Geschichten aus Nubien, dem elenden Kusch, wie wir es nannten, erzählte. Er schilderte die Landschaft, die einmal karg und unbarmherzig war und nur Tod verhieß, ein andermal so lieblich und reich sein konnte, wie kaum anderswo. Er berichtete von Tieren, die es bei uns schon lange nicht mehr gab. Von riesigen Elefantenherden, von Nashörnern, Giraffen und einer Vielzahl unterschiedlichster Antilopen. Und er berichtete von dem Reichtum Nubiens. Von sagenhaften Goldvorkommen, von Gegenden, in welchen man Edelsteine jeder Art nur aus der Erde kratzen musste.
Am meisten aber beeindruckte Amenophis, dass es weit unten im Süden nur wenige Priester gab, nur einige Tempel undsehr verwischte Vorstellungen von unserer Götterwelt und ihrer Religion.
«Bei uns im Süden gibt es kaum befestigte Städte und schon gar keine von der Größe Wasets», sagte Merimes mit ruhiger Stimme. Er lehnte sich zurück.
«Die Nubier leben in kleinen Dörfern mit einfachen Strohhütten, mehr brauchen sie nicht. Baut ihnen richtige Häuser, und sie werden ihre Schafe und Ziegen darin unterbringen und selbst wieder in ihre Strohhütten ziehen. Sagt ihnen, wer Amun und Ptah sind, und sie haben es morgen wieder vergessen. In jedem Dorf steht ein geschnitzter und bunt bemalter Holzpfahl, und überall heißt er anders. Aber alle beten sie nur ihren Holzpfahl an. Dabei ist er nicht mehr als ein Fetisch.»
Nafteta und Amenophis sahen sich ungläubig an.
«Aber es gibt Sesebi, Sedenga, Sudla und Kerma. Es gibt Dongola und Napata. Wollt Ihr sagen, dass dort ebenfalls nur Fetische verehrt und angebetet werden?», fragte Nafteta erstaunt. Doch Merimes blieb von dieser Frage ungerührt, sie schien ihn eher zu langweilen.
«Die Städte, die Ihr nanntet, Große königliche Gemahlin, würde man hier in Oberägypten als bessere Dörfer bezeichnen. Nimuria, er lebe, sei heil und gesund, errichtete zwar in Sesebi und Sedenga je einen Tempel für sich und Teje. Das wäre hier in Oberägypten kaum vorstellbar gewesen, wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt. Das Geschrei der Amunpriester hätte ich bis nach Napata gehört. Dort leben ein paar Priester, die man in Waset oder Men-nefer nicht mehr haben wollte, und einige tausend Soldaten. Und sie leben täglich mit der Angst vor Überfällen durch nubische Aufständische.»
Merimes lachte auf, wie jemand, dem gerade etwas Lustiges eingefallen war.
«Majestät, mich würde es nicht wundern, wenn sie jetzt, da Ihr zum Mitregenten ernannt wurdet, wieder einen Aufstand planen würden. Es scheint eine Art Ritual zu sein. Kaum ist einneuer Herrscher gekrönt, erheben sich einige ihrer Stämme. Fragt Eje, Euren Schwiegervater. Er selbst hat es erlebt, wie hinterhältig und verroht sie sein können. Fragt ihn nur!»
«Eje hat mir davon berichtet, als wir nach Men-nefer gereist sind. Ich kenne alle diese Gräuelgeschichten.»
«Es ist die Wahrheit, Majestät. Die Wahrheit! Ihr werdet diese Menschen nicht ändern, und niemand sonst auf der Welt wird es können.
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