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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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könnte.
    «Dann wirst du ihn in die Arme nehmen und ihn an dich drücken, wie es ein Vater tut, wenn der Sohn zurückkehrt – mit oder ohne Scheitern. Wenn er sein Scheitern erkennt, dann ist es sogar gut so. Dann hätte er etwas gelernt.»
    Bis in den Morgen hinein sprachen wir noch über Nimurias Sohn und darüber, was ihn in Nubien erwarten würde. Zuletzt bat mich Nimuria, dass ich seinen Sohn nach Nubien begleitete. Ich könnte jederzeit zurückkehren, wenn ich den Eindruck gewonnen hätte, ich sei dort abkömmlich, doch zunächst sollte ich bei ihm bleiben. Die Sorge um seinen Sohn, die Liebe zu ihm waren doch stärker als alle Vorbehalte, die Ameni hatte. Gewiss hätten wir beide noch jahrelang Abend für Abend beisammen sein können, ohne einander lästig zu werden. Unsere Freundschaft aber war so stark, so innig, dass ich den Wunsch, seinen Sohn zu begleiten, als das verstand, was er war: ein weiterer Beweis seiner Freundschaft zu mir.
     
    Es war eine mächtige Flotte, die in Richtung Süden aufbrach. Die Schiffe waren besetzt mit Handwerkern aller Art, Bäckern und Bierbrauern, Tischlern und Steinmetzen, Goldschmieden und Schreibern, Töpfern und Schneidern. Uns begleiteten Künstler und Priester, Soldaten und unzählige Beamte. Sie alle hatten ihre Werkzeuge, Instrumente, Schriftrollen und Waffen bei sich. Allein der Hofstaat, den Amenophis Waen-Re mit sich führte, musste auf zwölf Barken verteilt werden.
    Ti und ich führten nur das Nötigste mit uns, das was wir an Kleidern und Möbeln benötigten. Aber auch dies Wenige füllte zwei Schiffe. Die Lastkähne und die meisten Schiffe mit den Handwerkern, Künstlern und Schreibern verließen zwei Tagevor uns Waset, um alles vor dem Eintreffen Pharaos und seines Hofstaates auf der Elefanteninsel Abu einzurichten.
    Nimuria bereitete seinem Sohn und dessen Großer königlichen Gemahlin und ihrer kleinen Tochter einen einzigartigen Abschied. In zwei goldenen Sänften wurden sie zum Hafen getragen, begleitet von den Wedelträgern und gefolgt von allen Großen des Landes. Soldaten sperrten den Platz vor dem Hafenbecken vor der Menschenmenge ab, die sich dort versammelt hatte. Mit Trompeten und Fanfaren wurden die Herrscher empfangen, und unzählige Kriegstrommeln gaben hierfür den Takt an.
    Zuerst verabschiedeten sich Amenophis, Nafteta und Meritaton von Nimuria, Teje und Sitamun, dann sagte auch ich Lebewohl. Diesmal war es Teje, die sonst so Unnahbare, die Stolze, die Gefühle zeigte, und einige seltene Tränen liefen über ihre Wangen, als ihr Sohn das Schiff bestieg. Nur Nimuria ließ sich keinen Abschiedsschmerz anmerken und blickte starr in die Ferne. Als ich vor ihm stand, machte er einen fast erschrockenen Eindruck, als ob er nicht mit mir gerechnet hätte.
    «Pass auf ihn auf», sagte er zu mir und fügte noch schnell hinzu: «Und pass auch auf dich auf!»
     
    Langsam und schwerfällig setzte sich die Flotte unter gleichmäßigen Ruderschlägen in Bewegung, denn es regte sich kein Lüftchen, und wir fuhren stromaufwärts.
    Auf allen Schiffen herrschte eine fröhliche Ausgelassenheit, und es schien, als würden sich die meisten über das bevorstehende Abenteuer aufrichtig freuen. Wir zogen vorbei an Feldern und Obstgärten, Städten und Dörfern, steilen Felsen und am Westufer des Flusses an vielen öden Wüstenlandschaften. Die Fischer auf dem Fluss, die Bauern auf den Feldern und die Kinder, die im Schatten der Bäume spielten, winkten uns zu. Wir erzählten Geschichten, schossen Pfeile auf Enten und Gänse, spielten Senet, hörten Musik und aßen und tranken.
    So erreichten wir nach drei Tagen das «Böse Gewässer», die erste Stromschnelle. Es war die Grenze zu Nubien, die man wegen der Granitbarre auch «Enge südliche Türöffnung» nannte. Es war bei den Schiffskommandanten eine berüchtigte Stelle, und so manches Schiff war schon an den riesigen Granitblöcken zerschellt. Die Festung auf der Elefanteninsel bot einen herrlichen Anblick, und als ich sie sah, freute ich mich schon auf die kommenden Abende mit unserem Freund Merimes. Die meisten unserer Schiffe legten am Ostufer des Flusses an, denn es passten nicht mehr als zwölf Schiffe in den Hafen von Abu. Zudem wäre die Festungsanlage für alle Besatzungsmitglieder zu klein gewesen.
    Der Empfang im kleinen Hafen von Abu war sehr bescheiden und stimmte mich nachdenklich. Auch war von Merimes weit und breit nichts zu sehen. Soldaten standen Spalier, aber es war nur der Verwalter des

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