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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Gespräch, ohne dass wir uns zuvor begrüßt hätten.
    Ich umarmte ihn schweigend und sagte dann: «War das nur eine Feststellung, oder höre ich da einen Vorwurf heraus?»
    Ich setzte mich ihm gegenüber.
    «Es war eine Feststellung, Eje. Denn schließlich war ich es, der dich darum bat, in der Nähe meines Sohnes zu bleiben. Was sollte ich dir also vorwerfen, außer dass du meiner Bitte stets mit der gewohnten Sorgfalt nachgekommen bist.»
    Ameni klatschte in die Hände. Acht Diener kamen im Laufschritt auf die Terrasse und brachten uns Essen und servierten Wein.
    «Bediene dich», sagte er und gab mir mit einem fast abfälligen Wink seiner Rechten zu verstehen, dass ich zugreifen durfte.Dann hielt er seinem Mundschenk den Becher entgegen und ließ sich eingießen.
    «Seit den Krönungsfeiern meines Sohnes trinke ich nur noch diesen syrischen Wein. Im Vergleich dazu verblasst selbst der Wein aus der Domäne Amuns zu einem verwässerten Gebräu. Auf deinen Ka!»
    «Auf deinen Ka», erwiderte ich.
     
    Wie so oft, sprachen wir erst von längst zurückliegenden Ereignissen. Von den Abenden mit meinem Vater, von Mädchen und Frauen, die uns in Erinnerung geblieben waren, von Senet und von kostbaren Pferden. Dann sah Ameni lange hinüber auf die Ostseite des Flusses, dorthin, wo im letzten Tageslicht Waset und seine Tempelstadt lagen.
    «Was hat er wirklich vor?», fragte er mich plötzlich. «Was will Amenophis wirklich in Nubien? Kannst du mir das sagen?»
    «Weißt du das wirklich nicht, Ameni?»
    Er schob seinen Unterkiefer ein wenig nach vorn und sah mich mit ernstem Gesicht an.
    «Glaubst du, ich würde meinem besten Freund, meinem einzigen Freund eine dumme Frage stellen, wenn ich selbst die Antwort wüsste? Also, was ist es? Hasst er mich?»
    «Ameni», widersprach ich ihm. «Du hast einen rastlosen Sohn! Er ist nicht rastlos, wie du es dir gewünscht hast, rastlos im Kämpfen, Wagenlenken, Speerwurf und in der Arbeit. Er ist rastlos im Geist.»
    Wieder sah mich Nimuria finster an.
    «Versteh mich nicht falsch. Ich will nicht sagen, dass du zu wenig arbeiten würdest oder gar deinen Geist zu wenig in Anspruch nimmst. Nur ist dein Sohn eben ruhelos, ständig gehetzt. Du bist auf die Jagd gegangen, wenn dir danach war. Er verabscheut die Jagd wie alles, was mit Töten zu tun hat. Wir haben Stunden und ganze Tage in den Schattenhäusern verbracht, wenn wir uns von der Arbeit ausruhten. Niemand, der deineWerke kennt, wird behaupten können, dass du nicht gearbeitet hättest. Aber du hast dir auch irgendwann die Zeit genommen, das Geschaffene zu genießen. So weit ist er noch nicht.»
    «Wer so handelt wie er, macht auch Fehler.»
    «Wer macht keine Fehler?»
    «Pharao macht keine Fehler», herrschte er mich an. Ich schwieg.
    «Verzeih mir, Eje», sagte er mit versöhnlicher Stimme.
    Ich erzählte ihm an diesem Abend viel von seinem Sohn. Von den Gesprächen, die ich mit ihm auf unserer Reise nach Men-nefer geführt hatte, von seinen Gesprächen mit dem weisen Priester Merire und von seinen Gesprächen mit den einfachen Menschen unseres Landes. Ameni hörte mir sehr lange und sehr aufmerksam zu. Ich habe Ameni an diesem Abend ein Bild seines Sohnes gezeichnet, das er vermutlich so noch nie wahrgenommen hatte. Mir schien es, als erzählte ich ihm von einem fremden Menschen.
    «Dann mag er gehen und den Nubiern sein Heil verkünden», sagte Ameni zuletzt, und es lag einiger Spott in dieser Bemerkung.
    «Du hast Ägypten neu geschaffen, Ameni. Du hast es reich gemacht. Du hast ihm den Frieden gebracht, und mit deinen Bauwerken hast du ihm vor allem ein neues Antlitz gegeben. Auch dein Sohn wird einst ein neues Ägypten schaffen, dessen bin ich gewiss. Spürst du nicht auch, dass er schon an so viele alte Wurzeln die Axt anlegt, um sie abzuschlagen und etwas Neues entstehen zu lassen? Er wird mit den Dienern Amuns ebenso im Streit liegen wie du. Aber er wird sich mit ihnen nicht um ihr Gold streiten. Es wird der richtige Weg sein, um den er mit ihnen streiten wird. Aber er wird ihn genauso ausfechten, wie du es getan hast.»
    Ich beugte mich zu Amenophis hinüber und sah in seine Augen, in die noch immer mandelförmigen braunen Augen. Ich nahm seine Hand und sagte leise: «Und wenn es so ist: Dannlass ihn eben sein Heil verkünden. Wenn es ihm gelingt, ist es gut.»
    «Und wenn er scheitert?» Jetzt standen Tränen in seinen Augen. Das war es also: Es war die Angst des Vaters, dass der Sohn, der einzige Sohn scheitern

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