Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
wird dann deine Pflicht gegenüber Maat und gegenüber allen Ägyptern sein, Gerechtigkeit walten zu lassen. Da darf es keine Ausnahme geben», schloss ich meinen Bericht.
«Aber weißt du denn schon, dass Acha mit dabei war?», fragte mich der Junge, und seine Sorge galt bestimmt mehr seinem Spielgefährten Ramose, dem Enkel Achas, als dem Schatzmeister selbst.
«Wir wissen es noch nicht, Tutanchaton, aber ich will, dass du vorbereitet bist, sollte sich meine Befürchtung als wahr herausstellen.»
«Und was geschieht dann mit Ramose?» Der Blick des Jungen war sorgenvoll, ja ängstlich.
«Achas Familie wird nichts geschehen. Das verspreche ich dir. Pharao bestraft nur die, die Schlechtes getan haben, und nicht ganze Familien. Das war nicht immer so, aber hier gibt es keinen Grund, Kinder und Enkelkinder für die Taten eines Einzelnen leiden zu lassen.»
Wir klärten Tutanchaton noch darüber auf, dass er in den darauf folgenden beiden Tagen den Palast so lange nicht verlassen durfte und er unter strengster Bewachung stehen würde, bis alles vorüber war.
Ich tat in dieser Nacht kaum ein Auge zu, und Mahu wird es nicht anders ergangen sein. Wir beide wussten nur zu gut, wie viel von unserem Vorhaben abhing.
Lange vor Sonnenaufgang trafen Mahu und ich in der Kaserne meiner Streitwagentruppe ein. Niemand war darauf vorbereitet,und umso überraschter war der Kommandant, als wir ihn in unsere Pläne einweihten. Er erfuhr freilich mit keinem Wort, worum es wirklich ging und welche Persönlichkeiten letztlich unter Verdacht standen. Aber der Mann war nicht dumm, und aus unserem urplötzlichen Erscheinen und dem Ausmaß unseres Vorhabens konnte er leicht schließen, dass wir nicht nur nach Strauchdieben suchten. Wir bildeten drei Gruppen: Die erste Gruppe mit dreißig Mann hatte die gesamte Schmelzwerkstatt Usermonths zu besetzen, die beiden anderen zu je fünfzehn Mann die Häuser von Sobekhotep und Usermonth selbst. Danach hatten ihre Anführer jedes Stück Papyrus mitzunehmen, das sie dort vorfanden, gleich, was auf ihnen geschrieben stand. Usermonth und Sobekhotep waren sofort zu verhaften.
Mahu hatte schon im Vorfeld Erkundigungen auch über die beiden Häuser eingeholt, und so konnten wir den Soldaten sowohl genaue Pläne der Anwesen Usermonths und Sobekhoteps als auch der Werkstatt selbst vorlegen.
Bis zum Eintreffen der Soldaten aus den Goldgruben blieb Mahu in der Kaserne und wachte darüber, dass nicht ein einziges Wort nach außen drang, bis er die Männer losschickte. Ich selbst kehrte in den Palast zurück, um mit Tutanchaton und Maja das weitere Geschehen abzuwarten. Die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Maja und ich spielten abwechselnd mit Nassib Senet, doch selbst der Junge war so aufgeregt, dass ihm mancher unverzeihliche Fehler unterlief, was aber nichts am Ausgang der Spiele änderte.
Um die Zeit der größten Mittagshitze erschien endlich der Vorbote jener Soldaten, die ich in die Goldgruben geschickt hatte, und teilte mir mit, dass alle vier Gruppen in weniger als zwei Stunden geschlossen in Waset eintreffen würden. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, um auch in Waset zuzuschlagen. Ich schickte Ipu und Maja in die Streitwagenkaserne, damit sie Mahu verständigten und er das Zeichen zum Aufbruch gab. Schon wenig später kehrten beide zurück.
Maja hatte alles auf das Gründlichste vorbereitet. Im Beratungszimmer des Palastes lagen Papyrusrollen, die schon so ausgearbeitet waren, dass Maja nur noch die Zahlen aus den anderen Listen eintragen musste. Nach nicht einmal zwei Stunden brachten die Soldaten Mahus drei Holztruhen mit Schriftstücken. Maja nahm sich erst die Rollen aus der Werkstatt vor, denn sie enthielten die für uns wichtigsten Zahlen. Jeder einzelne Monat der letzten fünf Jahre wurde durchgegangen, und Zahl für Zahl trug Maja in seine Listen ein.
«Jahr zwei der Regierung des Semenchkare, dritter Monat des Peret, Goldgrube Wadi Hunit: Eingang 800 Deben, Goldgrube Bar-el Salib: 700 Deben», flüsterte Maja vor sich hin, während er schrieb. So ging es unentwegt, Monat für Monat, und immer hörte ich die Zahlen der vier Goldgruben, deren Listen wir noch erwarteten. Während er schrieb, kamen schließlich die Soldaten aus den Goldgruben. Sie stellten ihre vier Truhen ab, und mit Spannung reichten wir Maja die ersten Listen.
«Ha!», quiekte Maja fröhlich und zog dabei das «a» wieder unerträglich in die Länge, als er die ersten Zahlen sah und sie sogleich neben
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