Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
Tiefgang des Schiffes verantwortlich waren, wieder ausgeladen, das Schiff geht nach oben, bis der Obelisk auf den Balken zu liegen kommt und so die neue Fracht des Schiffes bildet. Dann fährt das Schiff nach Norden, wo es in umgekehrter Reihenfolge wieder entladen wird.»
Nassib schwieg vor Staunen, und seine Augen huschten unentwegt über jedes Detail des Modells, das vor ihm stand.
«Wie lang wird das Schiff sein?», wollte Nassib wissen.
«Es ist einhundertzwanzig Ellen lang und vierzig Ellen breit, und es braucht dreißig Ruderboote, um dieses Schiff zu schleppen.»
«Wenn man dir zuhört, Meru, möchte man meinen, dein Transportschiff läge schon fertig in Abu», unterbrach ich das Gespräch der beiden, die mein Kommen gar nicht bemerkt hatten.
«Das Schiff gibt es noch gar nicht?», fragte Tutanchaton enttäuscht.
«Nein, Majestät. Das letzte Lastschiff dieser Art ließ Euer Großvater Nimuria bauen. Und nachdem der Obelisk Waset erreicht hatte, wurde mein Schiff zerlegt und seine Holzteile im Palast der leuchtenden Sonne verbaut.»
«Dann», sagte Nassib und sah Meru mit großen Augen an,«werden wir ein neues Lastschiff bauen. Es wird das größte sein, das jemals über den Nil fuhr.»
Meru sah mich ebenso erwartungsvoll an wie Nassib, denn der Bau eines Obeliskenschiffes wäre für ihn zweifellos ein letzter Höhepunkt in seinem langen Wirken als Schiffsbaumeister gewesen.
«Ich verstehe so gut wie nichts vom Schiffsbau, Tutanchaton. Aber so viel weiß ich: Für den Bau eines Obeliskenschiffes benötigt man wahrscheinlich die Hälfte aller Sykomoren, die in den Beiden Ländern wachsen. Aber lasst uns darüber ein andermal reden.»
Dann bat ich Meru, Tutanchaton und mich allein zu lassen.
Ich gab mir große Mühe, Tutanchaton die Nachricht vom Tod Achas so schonend wie möglich zu vermitteln, und bereitete ihn darauf vor, dass ich mit noch Schlimmerem rechnete.
Mahu hatte gefunden, wonach er im Palast Achas gesucht hatte. Er legte mir einen von Acha selbst geschriebenen Papyrus vor, auf welchem fein säuberlich eingetragen war, wer einen Anteil von der Beute erhalten hatte. Langsam las ich Mahu und Maja Namen für Namen vor: Djoserka, Amenipet, Sennefer, Sethmessu, Djehutinefer, Teti, Samut, Sobeknacht …»
«Ihr Ende wird grauenvoll sein», unterbrach ich Mahu. «Gleich, wer sie sind, und gleich, wie nahe sie dem Thron stehen.»
«… Ramessu, Ptahhotep, Merire.»
Dann stockte Mahu einen Augenblick, ehe er fast zögerlich fortfuhr: «Rechmire», sagte er leise. «Auch Rechmire.»
«Welcher Rechmire?», fragte ich ihn und wollte nicht wahrhaben, was ich soeben gehört hatte.
«Rechmire, der Sohn des Wesirs Aper-el. Rechmire, dein Schwieger …»
«Hör auf! Hör endlich auf!», schrie ich ihn zornig an. Ich wandte mich ab und trat ans Fenster, um etwas frische Luft zu bekommen. Mein Herz schlug immer heftiger, und ich fühltedie Zornesröte in meinem Kopf. Der Sohn des so rechtschaffenen Aper-el war also auch einer von ihnen! Warum konnten sie nicht genug haben? Verfluchte Großtuerei! Verfluchte Gier nach Macht und Reichtum. Das einzig Böse auf dieser Welt war Gier! Geschah nicht alles Schlechte nur aus Gier? Aus Gier wurde gestohlen und betrogen. Aus Gier wurde gelogen und verleumdet, und nur aus Gier verführte man die Frau eines anderen.
«Ich will sie alle haben. Ausnahmslos alle, und ich bin bereit, dafür jedes Mittel anzuwenden», sagte ich zu Maja und Mahu, die noch immer betreten schwiegen.
Noch während Maja die Befehle zur Festnahme all derer schrieb, die Acha in seiner Liste genannt hatte, und sie mit Pharaos Siegel versah, betrat leise und unauffällig ein Polizeioffizier den Raum, trat zu Mahu und flüsterte ihm etwas zu. Ich ärgerte mich über die Störung und noch mehr über die Geheimniskrämerei dieses Offiziers.
«Sag laut, was es schon wieder gibt! Oder hast du etwas vor mir zu verbergen?», herrschte ich ihn deswegen an.
Mahu trat wie zum Schutz vor den Offizier und sagte: «Die Soldaten, die du zu Amunmessu geschickt hast, kamen um wenige Augenblicke zu spät. Sie konnten dem Goldschmelzer nicht mehr helfen. Er war bereits tot. Aber sie stellten den Mann, der Amunmessu umgebracht hat, und nahmen ihn fest. Es ist ein Offizier der Leibgarde und vermutlich jener Mann, der auf der Liste Achas als Samut bezeichnet wird.»
«Sohn der Mut», flüsterte ich düster. «Er wird ein Sohn der Hölle sein!»
«Noch etwas, Eje: Amunmessu wurde von ihm mit
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