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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Fünfzehnjährigen derart erniedrigen muss, ist das eine andere Sache. Vielleicht hasste er deswegen in Wirklichkeit, wen er nun um Hilfe anflehte.
    Ich hörte, wie einige der Fürsten Beruts miteinander tuschelten, doch die Sprache, in welcher sie sich unterhielten, war mir fremd. So konnte ich nur ihrem Gesichtsausdruck entnehmen, dass es wohl keine freundlichen Worte waren, die sie wechselten. Auch Tutanchamun entging ihr unbotmäßiges Verhalten nicht, und ich sah, wie seine Augen unsicher im Saal umherhuschten.
    «Kannst du verstehen, was sie sagen?», flüsterte er mir nach hinten zu, nachdem er sich geräuspert und sich dabei höflich die geballte Faust vor den Mund gehalten hatte.
    «Ich verstehe natürlich kein Wort, aber ich ahne, was sie beschäftigt. Ich werde für dich antworten, und ich bitte dich nur darum, freundlich zu lächeln.»
    Ich dachte nicht daran, Akkadisch zu sprechen. Sie sollten sehen, wer hier die Herren waren und dass es keinen Grund gab, die Macht Pharaos nur wegen seines jugendlichen Alters in Zweifel zu ziehen, denn nach meiner festen Überzeugung war es das, weswegen sie tuschelten.
    «So spricht Pharao, Euer König und Euer Herr: Das Land meines Bruders Ammunira ist geschunden. Seine Stadt ist zerstört. Die Frauen seines Landes sind Witwen, und seine Kinder sind Waisen. Mein Bruder ist ein tapferer und starker Krieger, und dennoch bedarf er der Hilfe seines Königs und seines Herrn. Pharao hat das Flehen seines Bruders erhört und eilt ihm mit starkem Arm zu Hilfe. Siehe, Ammunira von Berut, die Armeen Pharaos, Deines Königs und Herrn, sind gekommen, um Dein Land aus der Hand der Hethiter zu befreien.Pharao wird das Land, das ihm untertan ist, bis zum Orontes befrieden. Er wird Qadesch befreien und Suppiluliuma in dem Maße erniedrigen, wie er Ammunira, seinen Bruder, erhebt. Es ist kein Bogenschütze unter der Sonne wie Pharao, Dein Herr. Seine Pfeile werden die Hethiter niederstrecken, so wie Pharao Löwen niederstreckt ohne Zahl.»
    Der Übersetzer neben Ammunira hatte alle Mühe, meinen Worten zu folgen, und an der Miene seines Herrn erkannte ich, dass dieser nicht über alles erfreut war, was ich gesagt hatte. Seine Männer mussten bis nach der Audienz warten, um die Botschaft Pharaos zu erfahren.
     
    Das Gastmahl, zu dem uns Ammunira am Abend einlud, war bescheiden, wie es die Umstände verlangten. Denn ein allzu aufwändiges Festgelage hätte die Untertanen des geschundenen Landes verstört, und bei uns hätte der Eindruck entstehen können, als wäre die Lage Beruts besser, als man uns glauben gemacht hatte. Man reichte uns gebratenen Hammel, salzig schmeckendes Fladenbrot und allerlei Gemüse. Da man in dieser Gegend Bier nicht kannte, gab es Wein, der aber so vorzüglich schmeckte wie kaum ein anderer.
    Zu Beginn des Festes wurden Pharao die Frauen aus der Familie Ammuniras vorgestellt, denn wie überall in dieser Gegend war es auch in Berut Sitte, dass Frauen an Festmahlen nicht teilnahmen. Mir war diese Art des Umgangs nicht fremd, denn auch in Babylon waren Frauen an den Tischen der Männer nicht gern gesehen. Königin Tintir war eine stolze und schöne Frau. Nachdem sie ihr Gemahl namentlich vorgestellt hatte, verneigte sie sich nur kurz vor Tutanchamun und trat sogleich schweigend zur Seite. Dann wurden die Schwestern des Königs vorgestellt und schließlich dessen Töchter. Tutanchamun hatte die ablehnende Haltung der Königin durchaus wahrgenommen und die verbleibende Zeremonie sichtlich gelangweilt über sich ergehen lassen.
    «Und dies ist meine jüngste Tochter Katuna», sagte Ammunirazuletzt und legte seine Hände stolz auf die Schultern eines vielleicht vierzehn Jahre alten Mädchens. Anders als ihre Mutter und ihre Schwestern blickte sie nicht trotzig zu Boden, sondern neugierig und ein wenig ängstlich zugleich sah sie erhobenen Hauptes in die Augen Tutanchamuns. Der blutrote Schleier, den sie trug, ließ nur wenig von ihrem schwarzen Haar erkennen. Ihre Nase war breit und dennoch zierlich und wohlgeformt. Über ihren Augen lagen dichte, schwarze Brauen, deren Haare gewiss weich waren wie das Fell einer jungen Katze. Ihr kleines rundes Kinn war unauffällig und ließ Katunas volle Lippen umso mehr zur Geltung kommen. Gleich mir starrte auch Tutanchamun nur auf die Augen des Mädchens. Es waren rötlichbraun schimmernde Sterne mit einem schwarzen Punkt in ihrer Mitte, und die schmalen Zacken dieser Sterne strahlten in ein helles Blau hinein, das so hell und

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