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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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eingefallen.
    «Wenn du mir schon nicht sagen willst, was du in der Wüste suchst, Amenophis, dann sage mir wenigstens, wo dein Ziel liegt.»
    «Am Südrand des Großen Sandsees», antwortete ich knapp. «Fünfzehn Tagesreisen von hier», fügte ich hinzu und war mir sicher, dass ihn dies beeindrucken würde.
    «Fünfzehn Tagesreisen sind aber nicht in fünfzehn Tagen zu bewältigen», sagte er, und sein geheimnisvolles Lächeln verunsicherte mich. Weil ich ihn nur mit großen Augen ansah, fuhr er fort:
    «Du brauchst Wasser. Viel Wasser brauchst du. Deine Esel benötigen aber für dreißig Tagesreisen mehr, als sie tragen können. Und du brauchst Wasser für dreißig Tagesreisen, denn du willst ja auch zurückkehren. Und dort, wo du hinwillst, gibt es kein Wasser. Deswegen brauchst du Wasser für dreißig Tagesreisen.»
    «Wie lange?», fragte ich ihn knapp. Der Mann hielt sich die Hände vor die Brust und zählte mit seinen Fingern ab.
    «Vier, zurück. Acht, zurück. Zweiunddreißig Tage. Wir müssen Wasserlager einrichten. Dazu dringen wir vier Tage in die Wüste ein, stellen die Krüge ab und kehren wieder zurück. Dann gehen wir mit neuen Krügen acht Tagesreisen weit, legen ein neues Lager an und kehren zurück. Zuletzt dringen wir vor bis zu deinem geheimnisvollen Ziel.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Das geht nicht», sagte ich knapp. «Wie viele Esel gibt es in der Oase?»
    «Wenn du willst, zweihundert.»
    «Und wie viele Wasserkrüge?»
    «Wenn du willst, fünfhundert.»
    Ich sah dem Mann angestrengt ins Gesicht: «Und wenn ich mit zweihundert Eseln bis zum ersten Lager ziehe und von dort hundert wieder umkehren, können die verbleibenden hundert Esel so viel Wasser bis zum zweiten Lager bringen, damit das Wasser für den Rest der Reise und für die zurückkehrenden Esel reicht. Ist das richtig?»
    Der Mann nickte. Ich hielt ihm einen meiner Lederbeutel entgegen und fragte ihn, ob das reichen würde. Er öffnete ihn und warf einen kurzen Blick hinein. Dann nickte er wieder und steckte den Beutel in sein Gewand.
     
    Zwei Tage später brachen wir auf. Eine schier endlose Karawane von Eseln verließ die Oase. Dreißig Mann waren unsere Begleiter. Die Tonkrüge waren mit Baumharz versiegelt und hingen in Netzen aus geflochtenen Kokostauen an den Tieren. Für mich selbst hatte ich wieder ausbedungen, dass ich von zwei Eseln in einer kleinen Sänfte getragen wurde. Nach fünf Tagen erreichten wir den östlichen Rand des Großen Sandsees. In Abständen von mehreren tausend Ellen ragten kleine Hügel aus der Ebene empor. Immer wieder richtete unser Führer flache Felsplatten auf, um so unseren Weg zu markieren. An der Nordseite eines der Felshügel richteten wir das erste Lager ein. Ich verzeichnete die Stelle in meiner Karte. Dann machte die Hälfte unserer Karawane kehrt.
    In unerbittlicher Hitze ging es weiter nach Südwesten. Immer nur Wüste und Hügel, und ein Hügel glich dem anderen, wie ein Ei dem anderen gleicht. Ich spürte, wie die Reise an meinen Kräften zehrte. Ich bekam Schwindelgefühle, und was ich für Müdigkeit hielt, war nichts anderes als Schwäche. Nach fünf weiteren Tagen richteten wir das zweite Lager ein und schickten von den bis dahin verbliebenen hundert Eseln achtzig zurück.
    Drei Tage später war ich so schwach, so ausgezehrt, dass ich daran dachte, mein Vorhaben abzubrechen. Aber wozu? Pharao hatte mir nicht irgendeinen Auftrag erteilt, den es zu erledigen galt. Er hatte mich verbannt, mich von sich gestoßen. Er hatte mich zum Tode verurteilt. Wie oft dachte ich jetzt an den Priester Ramose! Wo mochten die Reste seiner bleichen Knochen liegen? Abgenagt von Schakalen oder von Hyänen ganz und gar aufgefressen. Vom Schlag getroffen in sengender Glut. Verdurstet. Kein Begräbnis. Kein Jenseits. Nur ewige Verdammnis.
    Fluch über dich, Tutanchamun!
     
    Kaum, dass ich diesen entsetzlichen Gedanken gedacht hatte, wurde es dunkel am Horizont. Der Himmel verfinsterte sich, doch ich erkannte keine Wolken. Wind kam auf, und Sand schlug mir ins Gesicht. Ich drehte mich zu dem Mann um, der neben dem hinteren Esel ging, der meine Sänfte trug. Sein Gesicht war von seinem Umhang fast vollständig verhüllt, und bevor ich ihn fragen konnte, was das zu bedeuten hatte, riss ihm ein Windstoß das Tuch beiseite, und ich erkannte darunter das Gesicht meines Dieners.
    «Ipu!», rief ich entsetzt.
    «Wie kommst du hierher?»
    Er lachte mich an und sagte: «Ich bin Euch vom ersten Tag an gefolgt,

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