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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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gedankenlos hinaus in die Ebene vor mir. Die Sonne stand schon hoch, und die Luft über dem Wüstenboden hatte längst zu flimmern begonnen, als mir die Lider schwer wurden. Doch bevor sie sich endgültig schlossen, funkelte es etwa dreißig Ellen entfernt im Wüstenboden smaragdgrün auf. Erst dachte ich, mir würden nur die Sinne schwinden. Doch dann erkannte ich das Funkeln und Schimmern im Gegenlicht deutlich. Ohne Ipu meine Beobachtung mitzuteilen, erhob ich mich und stieg den Felsen hinab. Ich hatte mir die Stelle genau gemerkt, daher dauerte es nicht lange, bis ich sie erreicht hatte. Ich erkannte zuerst nichts und beugte mich ein wenig nieder, um das Funkeln vielleicht noch einmal gegen das Licht der Sonne zu sehen. Und tatsächlich! Es brauchte nur einen Griff, und ich war mir sicher, dass ich das Kostbarste in Händen hielt, das es in dieser Welt gab: eine Träne des Re.
    Sie war nicht viel größer als das vordere Glied meines Daumens und smaragdgrün gefärbt, genau, wie man es mir beschrieben hatte. Der Stein war vom Wüstensand klar geschliffen und zeigte sich so leuchtend wie kein anderer Edelstein dieser Erde. In seinem Inneren erkannte ich winzige Bläschen.
    Ich kniete nieder und strich mit meinen Fingern vorsichtig den rotbraunen Sand auseinander, legte einige Steine beiseite und entdeckte Träne um Träne. Ich hielt sie gegen die Sonne, ich bestaunte sie in meinen Händen und drückte sie gegen mein Herz. Ich besaß, was kein Sterblicher außer mir sein Eigen nennen durfte, und doch war ich der ärmste aller Menschen.
    «Mit der Hand des Todes wirst du sie ergreifen», erinnerte ich mich der Worte der geheimnisvollen Schrift.
    «Mit der Hand des Todes», wiederholte ich leise und verzweifelt. Gedankenlos warf ich die vier Tränen, die ich in der Linken hielt, zurück auf den Wüstenboden. Die andere Träne behielt ich in der Rechten und ging zurück zu unserem Felsen. Eine wollte ich wenigstens in meinen Händen halten, wenn ich vor Osiris trat.
    Ich ging um den Hügel herum, um Ipu zu zeigen, was ich gefunden hatte. Aber mein Diener war bereits tot. Das blutverschmierte Messer lag neben ihm, und das Blut, das aus den Adern seiner beiden Handgelenke herausgeflossen war, war fast eingetrocknet.
    «Was nützt es mir, dass du mir das bisschen Wasser zurückgelassen hast?», fragte ich den Toten. «Hättest du ein wenig gewartet, hätten deine Augen noch gesehen, was bisher nur wenige kannten.»
    Mir fehlte die Kraft, Steine über seinen Körper aufzutürmen, damit die Schakale seinen Leichnam nicht auffraßen. So kroch ich wieder hinauf in die Felsnische. Ich steckte die Träne, die ich noch immer in der Hand hielt, in meinen Lederbeutel und legte mich nieder, bereit, geduldig das Ende zu erwarten. Die Nacht brachte etwas Linderung, doch ich war mir sicher, dass der darauf folgende Tag der letzte meines Lebens sein würde. Ab und zu trank ich noch einen kleinen Schluck aus dem Wasserschlauch, aber schon bald war er geleert, und mit dem letzten Tropfen war jede Hoffnung dahin.
    Ich schloss meine Augen und dachte an meine Eltern. Ich dachte an Merit und an Ti. Und ich dachte an Amenophis, Echnaton und ein letztes Mal an meine Töchter. Dann überkam mich eine unendliche Leere.
     
    Es war ein leises Knirschen, das mich noch einmal zurückholte, ehe ich die Pforte zur Ewigkeit, die ich in meinen Träumen schon vor mir sah, durchschritt. Ich glaubte, vor mir die Fratzeeiner Hyäne zu erkennen, und erinnerte mich wieder eines Satzes aus der geheimen Inschrift: «Und der Knochenbrecher lauert dir auf.»
    Ich roch den stinkenden Atem der Hölle, ich hörte das begierige Hecheln der Bestie, und ich war mir sicher, dass es nicht eine Hyäne war, die vor mir stand, sondern die Fresserin der Unterwelt, die bereit war, meine Seele zu verzehren, damit ich ewiger Verdammnis verfiel. Ich vernahm einen entsetzlichen Aufschrei, den ich für den Auftakt des Jenseitsgerichts hielt. Doch das Schreckensbild vor mir, der stinkende Rachen der Fresserin, war plötzlich verschwunden. Stattdessen erkannte ich jetzt das leuchtende Antlitz Osiris’, der sich über mich beugte, um mich nach meinen Sünden zu befragen. Ich durfte die strahlende Schönheit des Gottes schauen!
    «Heil dir, Gott, du großer! Nun trete ich vor dich! Nicht habe ich bewirkt das Leiden der Menschen, noch meinen Verwandten Zwang und Gewalt angetan», stammelte ich den ersten Satz aus dem Bekenntnis aller Toten.
    «Nicht habe ich das Unrecht an die

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