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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Herr. Ich war jeden Tag in Eurer Nähe. Ihr habt es nur nicht bemerkt.»
    Ich war wütend auf ihn und glücklich zugleich, dass es hier wenigstens einen Menschen gab, der mir nahe stand und demich vertrauen konnte. Aber dennoch hatte er meinen Befehl missachtet.
    «Ich sollte dich auspeitschen lassen für deinen Ungehorsam!», rief ich ihm zu.
    «Auch das würde ich mit Freude ertragen, wenn ich nur bei Euch bleiben darf, Herr!»
    In nur wenigen Augenblicken brach eine Hölle über uns herein, wie ich sie noch nicht erlebt hatte. Bevor der Anführer der Karawane irgendeinen vernünftigen Befehl erteilen konnte, tobte um uns herum ein Sandsturm. Ipu half mir aus meiner Sänfte und hielt schützend seinen Umhang vor mein Gesicht.
    «Setzt Euch nieder, Herr!», brüllte er gegen das Tosen an. Er zog sein Messer und durchtrennte die Lederriemen, mit welchen die Sänfte an den Eseln befestigt war. Dann drehte er sie zur Seite, sodass ihr Boden gegen den Wind zeigte. Jetzt krochen wir beide in die winzige Höhle. Wir hörten nur das Heulen des Sturms und das Prasseln der Sandkörner, die unaufhörlich gegen das Holz der Sänfte schlugen. Stunde um Stunde mochte so vergangen sein, und es war nicht daran zu denken, das Versteck zu verlassen, um nach dem Rest unserer Karawane zu sehen. Irgendwann waren wir eingeschlafen.
    Ipu hatte alle Mühe, uns aus unserer eigenartigen Höhle zu befreien, denn der Sand hatte die Sänfte beinahe völlig zugeweht. Es war finstere Nacht, als wir hervorkrochen. Über uns wölbte sich ein klarer Sternenhimmel. Aber von unseren Begleitern war weit und breit nichts zu sehen. Wohin wir unsere Blicke auch wendeten, wir sahen kein Licht. Sosehr wir unsere Ohren anstrengten, wir hörten kein Rufen, nicht einen einzigen Laut von Mensch oder Tier.
    «Schafft Ihr es bis zu dem Felsen dort drüben?», fragte mich Ipu und zeigte zu einem Hügel, der etwa 4000   Ellen entfernt war.
    «Was bleibt mir anderes übrig? Die Kühle der Nacht wird es mir leichter machen.»
    Auf unserem langen und mühsamen Weg dorthin war immernoch nichts von unseren Begleitern und von den Tieren zu sehen oder zu hören. Wir entdeckten auch keinen Tonkrug oder sonst irgendeinen Gegenstand unserer Ausrüstung. Es war, als hätte die Unterwelt alles außer uns verschluckt. Über meiner Schulter hing nur mein Lederbeutel mit meinen Karten und dem wenigen Gold, das ich noch besaß. An einem Riemen, den ich um meinen Hals trug, hing der Ring Pharaos. Ipu hatte sein Messer und einen Schlauch mit Wasser. Mehr trug auch er nicht bei sich.
    Es war weiter, als wir gedacht hatten, und wir brauchten bis kurz vor Sonnenaufgang, ehe wir an dem Felsen angelangt waren. An dessen Nordseite befand sich über einem kleinen Vorsprung eine Aushöhlung. Dort ließen wir uns nieder. Nachdem es hell geworden war, stiegen Ipu und ich auf die Spitze der kleinen Anhöhe und sahen uns um. Aber wir entdeckten nichts, was uns Hoffnung auf unsere Begleiter gemacht hätte. Es mochte hier Springmäuse geben, das eine oder andere Wildkaninchen, Schlangen und Skorpione. Mehr nicht.
    «Von dem wenigen Wasser können wir zwei Tage leben. Länger nicht», sagte ich zu Ipu und schaute noch einmal hinaus in die Unendlichkeit der Wüste, als wollte ich nicht wahrhaben, dass hier unser Leben enden würde.
    «Es wird Hilfe kommen, Herr. Das weiß ich», versuchte er mich zu trösten. Aber er wusste wohl ebenso gut wie ich, dass es keine Hilfe geben würde.
    «Ich werde bei Einbruch der Dunkelheit zur Sänfte zurückkehren und Holz aus ihr herausbrechen, damit wir Feuer machen können. Vielleicht sieht es jemand», schlug Ipu vor. Ich war damit einverstanden.
    Etwa drei Stunden später kehrte er mit fünf Brettern unter jedem Arm zurück. Bald darauf brannte auf unserem Hügel ein kleines Feuer. Aber niemand erwiderte unser Zeichen. Stattdessen hörten wir nur von fern das Grauen erregende Heulen einer Hyäne. So brach der zweite Tag der Einsamkeit an, ohne dass wir wirklich Hoffnung auf Hilfe hegten. Bei Tagesanbruch beendetenwir die Ausschau nach Lichtzeichen und beschlossen, uns niederzulegen.
    «Trink noch einen Schluck!», sagte ich zu Ipu. «Dann schläfst du leichter ein.»
    «Nein, Herr. Ich habe keinen Durst», log er mich an und sagte: «Legt Ihr Euch nieder. Ich halte noch ein wenig Ausschau, ehe es zu heiß wird.»
    Dann ging er auf die andere Seite des Hügels. Ich legte mich auf den Fels, schob den eingerollten Umhang Ipus unter meinen Kopf und starrte

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