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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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jetzt auch waren, wusste ich doch, dass ich sie mir ein Leben lang stellen würde, wie meine Schwester Teje sich ein Leben lang Vorwürfe machen würde, dass sie an jenem Tag nicht zu ihrem Sohn gegangen war.
    «Geht!», rief meine Tochter mit fester Stimme. Und zu Teje gewandt, sagte sie: «Es ist so, wie du gesagt hast: Wenn wir jemals die Wahrheit erfahren sollten, dann nur von einem der Männer, die bei Pharao waren. Geht also alle nach Hause und betrauert, ein jeder für sich, das Schicksal Echnatons!»
     
    Da Nofretete in den nächsten Tagen gewiss nur Augen und Ohren für ihre eigenen Töchter, die sie so lange nicht gesehen hatte, haben würde, nahm ich Tutanchaton noch am selben Abend zu mir in meinen Palast. Nicht dass ich meiner Tochter irgendeine böse Absicht unterstellt hätte; doch mir war einfach wohler, den Prinzen unter meiner Obhut zu wissen. Niemand stellte sich meinem Verlangen in den Weg, und da der Knabe meinen Palast kannte, fiel es auch ihm nicht schwer, in meinen Wunsch einzuwilligen.
    «Wird Semenchkare jetzt für immer Pharao bleiben?», fragte mich Tutanchaton, als ich an seinem Bett saß, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Ich sah ihn schweigend an. «O Kind, wenn ich das wüsste», dachte ich mir, streichelte über seinen Kopf und ließ dabei das weiche Haar seiner gelösten Prinzenlocke durch meine Finger gleiten.
    «Was weißt du überhaupt von ihr?», gab ich die Frage an ihn zurück. Der Junge sah mich verlegen an, holte tief Luft und sagte dann: «Sie ist die Mutter von Meritaton und Ancha. Und sie ist deine Tochter, wie Mutnedjemet, oder?»
    Ich lächelte ihn an und umklammerte seine Hände.
    «Also hör mir zu, junger Prinz: Als ich ein junger Mann war, gab es in Waset einen Gesandten aus Babylon. Er hieß Imresch, und er war ein mächtiger Fürst aus dem Land zwischen Euphratund Tigris. Er erzählte mir von Babylon, von seinem König Kurigalzu, der mit Ägypten Handel treiben wollte, und von seiner schönen Tochter Perisade. Vor allem seine Erzählungen von Perisade machten mich so neugierig, dass mich dein Großvater Amenophis Neb-maat-Re zusammen mit Fürst Imresch und Acha, dem Schatzmeister Seiner Majestät, nach Babylon schickte. Perisade war wirklich eine wundervolle junge Frau. Sie war nicht nur die Schönste von allen, sondern sie war auch sehr gebildet. Sie wusste viel von den Göttern Babylons, von der Geschichte ihres Landes und von den Sternen. Sie sprach Ägyptisch ebenso gut wie du und ich. Und weil wir uns beide sehr mochten, kam sie mit mir nach Ägypten und wurde meine Frau. Ich gab ihr den Namen Merit. Wir mussten lange warten, bevor wir ein Kind bekamen. Erst brachte meine Schwester Teje ihren ersten Sohn Thutmosis zur Welt, dann deinen Vater, der den Namen Amenophis erhielt. Dann endlich bekam auch Merit ein Kind: Es war Nofretete, die wir jetzt alle Semenchkare nennen.»
    Ich atmete tief durch, denn ich wusste nicht, ob ich Tutanchaton vom Ende Merits erzählen sollte. Doch der Junge nutzte die Unterbrechung, um selbst danach zu fragen: «Und wo ist Merit jetzt?»
    «Es war eine sehr schwere Geburt, bei der Merit so viel Blut verlor, dass sie daran gestorben ist.»
    «Wie meine Mutter auch», sagte Tutanchaton schnell und nickte dabei ein wenig, um mir dann wieder aufmerksam zuzuhören.
    «So wurde Nafteta, wie wir unsere Tochter nannten, von ihrer Amme Ti und von mir großgezogen. Nafteta und dein Vater sind fast wie Geschwister aufgewachsen und verstanden sich immer sehr gut, sodass auch sie schließlich heirateten. Erst wurde Meritaton geboren, dann Maketaton, dann Ancha und schließlich nach und nach die drei kleinen Mädchen.»
    «Und warum ist Semenchkare nicht meine Mutter?»
    «Ich hatte dir doch schon erzählt, dass früher in Ägyptenviele Götter verehrt wurden. Dein Vater hatte erkannt, dass es nur einen einzigen Gott geben kann.»
    «Aton», fuhr der Junge dazwischen.
    «Ja, Aton. Aber dein Vater fand keinen Platz, wo nur Aton allein verehrt werden konnte. Denn überall, in jeder Stadt Ägyptens, gab es ja schon die Tempel der alten Götter. Eines Tages offenbarte sich Aton deinem Vater und zeigte ihm die Stelle, wo die neue Stadt, eine Stadt, nur Aton geweiht, errichtet werden sollte.»
    «Achet-Aton», sagte der Prinz und lächelte mich an.
    «Dein Vater hatte dem Aton geschworen, die Stadt nie wieder zu verlassen. Nie mehr. Das ärgerte aber die Menschen in Waset, in Men-nefer, in Achmim und in On, denn schließlich war ja Echnaton auch

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