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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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ihr Pharao, und sie wollten, dass er auch in ihre Städte kam, um sie zu besuchen und um ihre Götter zu verehren. Ihre Wut ging so weit, dass wir Angst bekamen, es könnte ein Aufstand losbrechen. Deswegen machte dein Vater seine Große königliche Gemahlin Nofretete zum Mitregenten. Sie gab sich den Thronnamen Semenchkare und ging nach Waset, um dort an deines Vaters Stelle in der alten Hauptstadt Oberägyptens die Herrschaft auszuüben.»
    «Und meine Mutter?»
    «Deine Mutter? Sie war eine wundervolle Frau. Deine Mutter Kija war eine Tochter von König Tuschratta von Mitanni. Zunächst war Kija gar nicht für deinen Vater bestimmt. Dein Großvater Amenophis hatte sie geheiratet, kurz bevor er starb. Das war in Waset, im Palast der leuchtenden Sonne. Dort habe ich sie kennen gelernt. Ich mochte deine Mutter sehr und habe nach dem Tod meines Freundes Amenophis manchmal sogar gehofft, ich könnte sie heiraten, denn ich war ja auch allein. Doch nachdem Semenchkare Achet-Aton verlassen hatte, wurde dein Vater auf Kija aufmerksam, verliebte sich selbst in sie und nahm sie zur Frau.»
    «Und warum nicht du? Du hast sie doch zuerst gemocht?»
    «Es ist wie im Senet-Spiel, Tutanchaton: Der Löwe schlägtdas Krokodil und das Krokodil den Esel. Dein Vater war Pharao. Ich eben nicht. Und wenn dein Vater nicht deine Mutter geheiratet hätte, gäbe es dich nicht! Und das wäre ja wohl das Schlimmste, was man sich ausdenken könnte, oder?» Ich küsste seine Stirn.
    Der Junge nickte zufrieden und strahlte mich an. Ich aber musste erst einmal schlucken, denn da war er wieder gewesen, der Gedanke, der mich wohl niemals wieder loslassen würde.
    «Und was ist jetzt mit Semenchkare? Bleibt sie für immer Pharao, oder nicht?»
    Ich hatte gehofft, dass der Junge nach meiner Erzählung seine anfängliche Frage vergessen haben würde. Aber das war ein Irrtum.
    «Nicht für immer, Tutanchaton. Darüber wird in den nächsten Tagen im Palast gesprochen.»
    «Wer bestimmt darüber, wie lange Semenchkare Pharao bleibt?»
    Ich sah ihn mit großen Augen an.
    Ja, wer würde darüber bestimmen?
    «Aton», gab ich ihm zur Antwort. «Aton und Semenchkare selbst.»
    Etwas Besseres fiel mir nicht ein.

DREI
    Preiset die Herrin des Landes,
    deren Name erhöht ist über die Bergländer.
     
    D er Palast meiner Schwester im Süden der Stadt war weitaus prächtiger als mein Palast, und auch mein Garten konnte an Größe mit dem Tejes nicht mithalten. Aber ihr Palast war noch nicht vollendet, und ihr Garten sah noch sehr neu aus, da man bei seiner Anlage überwiegend Jungpflanzen verwendet hatte. Auch war mein Haus im Innern schöner und kostbarer ausgestattet, was aber gewiss daran lag, dass ich im Gegensatz zu meiner Schwester nahezu alles selbst geplant und ausgesucht hatte, während sich Teje stets mit dem zufrieden gab, was die Baumeister ihres Sohnes entworfen hatten. Anders als ihr Gemahl Amenophis, der jedes einzelne Möbelstück und sogar die Wandbehänge seines Palastes selbst ausgesucht hatte, legte Teje auf die Ausstattung keinen sonderlichen Wert. Sie dachte immer nur an die Macht Ägyptens und an die Macht ihrer Familie.
    Genau deswegen ging ich an diesem Tag auch zu ihr.
     
    «Männer deines Alters sehen entsetzlich aus, wenn sie Trauerbärte tragen», waren ihre ersten Worte, nachdem ich sie zur Begrüßung auf beide Wangen geküsst und unter dem Sonnensegel links neben ihr Platz genommen hatte. «Fast nur noch graue und weiße Haare! Aber wenn ich richtig gesehen habe, sind sogareinige rote dazwischen. Kann das sein?» Ich hörte Spott in ihrer Stimme.
    Mir lag bereits eine recht boshafte Antwort auf der Zunge, doch aus Rücksicht auf ihren ausgeprägten Stolz und auf ihre Trauer ließ ich es.
    «Nur wenige Menschen auf dieser Welt verfügen über den Vorzug, selbst in nicht mehr ganz jugendlichem Alter solche Frische auszustrahlen wie du, meine Schwester!», antwortete ich ihr lächelnd.
    «Graubärtiger Lästerer!», gab sie mir dafür zurück.
    «Es ist schon beruhigend, dass wir beide es selbst im Alter nicht verlernt haben, uns zu necken. Wärst du nicht meine Schwester, würde ich dich jetzt fragen, wie lange wir uns schon kennen.»
    Teje sah mich aus den Winkeln ihrer Augen an, ohne dabei den Kopf auch nur im Mindesten zu bewegen, und flüsterte leise, damit es keiner der Diener hören konnte, zu mir herüber: «Siebenundfünfzig Jahre?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Achtundfünfzig, Teje. Ich bin achtundfünfzig Jahre

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