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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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bedenken.
    «Was ist mit Haremhab?» Ich schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht einmal, auf wessen Seite er sich schlagen würde. Aber wenn er sich für uns, für Tutanchaton entschied, wäre es längst zu spät, bis er in Achet-Aton eingetroffen ist. Bis dahin gäbe es ein entsetzliches Blutvergießen. Und wolltest du riskieren, dass Tutanchaton ein Opfer dieses Aufruhrs würde? Gerade um seinetwillen, nur um seinetwillen, müssen wir stillhalten und abwarten, was kommt.»
    Aper-el schwieg wieder einige Augenblicke und beobachtete dabei ruhig den Jungen, der seine Tierfütterung noch nicht beendet hatte.
    «Es ist nicht schwer zu erraten, was kommen wird», sagte er, ohne seine Blicke von Tutanchaton abzuwenden.
    «Vor allem auf dich wird eine schwere Prüfung zukommen, Eje.» Ich hatte keine Ahnung, was er meinte, und sah schweigend zu ihm hinüber.
    Dann wandte er sich mir zu: «Du bist dir doch darüber im Klaren, dass du es sein wirst, der vor den Großen der Beiden Länder und vor allem Volk verkünden wird, dass sie allein die Herrscherin über Ägypten sein wird.»
    «Weshalb gerade ich?», fragte ich erstaunt und sah ihn ungläubig an.
    «Damit zwingt sie dich in aller Öffentlichkeit zu einem Bekenntnis zu ihr, und gleichzeitig schwörst du Tutanchaton als dem möglichen Nachfolger Echnatons ab. Außerdem zwingt sie dich, dass du dich für alle Zeit gegenüber jenen, die einmal an ihren Fähigkeiten und damit an ihrem Herrschaftsanspruch zweifeln sollten, schützend vor sie stellst. Denn immer wirst du es gewesen sein, der sie zur Herrscherin gemacht hat.»
    Ich war entsetzt. Ich war so entsetzt, dass ich kein Wort des Widerspruchs herausbrachte. Das konnte mir meine Tochter nicht antun. Aber Aper-el hatte Recht. Ich, ihr eigener Vater, würde es sein, der die Zweifler und die Aufmüpfigen zum Schweigen zu bringen hatte, ohne dass sie sich darum zu kümmern brauchte. Und alle Beschwerden und Klagen würde manmir vortragen, damit ich sie an meine Tochter weitergab, weil ich es war, der sie zur Herrscherin erhoben hat.
    «Dazu kann sie mich nicht zwingen, Aper-el», sagte ich entrüstet. «Wie will sie mich dazu zwingen?»
    «Das wird nicht schwer sein. Sie wird vor allen Anwesenden die Sicherheit des Prinzen von deiner Zustimmung zu ihrem Vorhaben abhängig machen.»
    «Aber sie hat mir bereits ihr Wort gegeben, dass dem Jungen nichts geschieht, solange er Achet-Aton nicht verlässt!»
    «Hat es außer dir jemand gehört? Wohl kaum. Eine öffentliche Bekräftigung Nofretetes, den Jungen hier in Frieden leben zu lassen, ist wirklich die einzig ernst zu nehmende Zusage, die du ihr abverlangen kannst. Denn jedes Unheil, das Tutanchaton zustoßen sollte, würde sogleich auf sie zurückfallen. Einen besseren Schutz kann es im Grunde für das Kind nicht geben, Eje.»
    Ich wollte Aper-el nicht danach fragen, ob das, was er mir da gesagt hatte, schon mit meiner Tochter abgesprochen worden war. Ganz gleich, wie seine Antwort ausgefallen wäre, sie hätte mich nicht weitergebracht. Hatte Aper-el, ohne vorher von Nofretete beeinflusst worden zu sein, mit mir gesprochen, würde ihn meine Frage zutiefst kränken, weil sie ihm ein heimliches, hinter meinem Rücken mit meiner Tochter eingegangenes Bündnis unterstellte. Und selbst wenn das Gespräch auf Betreiben Naftetas zustande gekommen war, brauchte ich mich nicht zu beklagen, zumal ich jetzt wenigstens eine Vorstellung davon hatte, was mich wahrscheinlich erwarten würde.
     
    Ich dachte noch lange über die Worte Aper-els nach, auch nachdem er längst gegangen war, Tutanchaton in seinem Bett lag und ich allein auf meiner Terrasse saß. Der Himmel war fast schwarz, denn der Mond zeigte sich nur als eine dünne Sichel über den Wipfeln der Palmen, und so ließ er es zu, dass die Sterne dafür umso deutlicher funkelten. Ein schwacher Nordwind strich durch meinen Garten und machte mir den Aufenthalt so angenehm, dass ich daran dachte, auch den Rest der Nacht hierzu verbringen. So hing ich noch eine Weile meinen Gedanken nach.
    Wenn Nofretete an mich herantrat, wie es mir Aper-el vorausgesagt hatte, konnte ich – wenn ich denn überhaupt eine Wahl hatte – nur Ja oder Nein sagen. Was aber wäre, wenn ich auf sie zuginge und wenn ich es war, der Bedingungen nannte, um sie zur Alleinherrscherin auszurufen? Ein Prinz würde Tutanchaton immer bleiben. Ein namenloser Prinz bliebe er, ohne Aufgabe und ohne jede Hoffnung auf eine erfüllte Zukunft, wenn die Gnade des nackten

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