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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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schließlich auch dazu.«
    Sie presste die Lippen zusammen und antwortete nicht. Ich wusste natürlich, dass es sie kränkte, wenn man sie mit den anderen Negern auf eine Stufe stellte, wo sie sich ihnen doch so überlegen fühlte. Als Rache für die Bemerkung schickte sie mich hinterher auf den Friedhof, um das Unkraut von den Gräbern der früheren Missionare zu jäten. Nach der Regenzeit war die Erde längst wieder ausgetrocknet und steinhart, also riss ich das dürre Gras und die Kakteengewächse einfach nur oberflächlich ab. Beim nächsten Regenguss würden die Wurzeln neu austreiben, aber was kümmerte es mich. Während mir die Sonne in den Nacken stach und das dornige Unkraut in meine Finger, stellte ich mir vor, dass Freudenreich in einem der Gräber lag und Susanna gleich daneben. Die Vorstellung bereitete mir so viel Freude, dass mir angst wurde.
     
    Auf der Kohlstraße hatten meine Mutter und ich nicht gerade im Überfluss gelebt, aber im Vergleich zu Bethanien war unser Speiseplan üppig und abwechslungsreich gewesen. In der Missionsstation gab es jeden Tag das gleiche Essen: Brot und Ziegenmilch zum Frühstück, zum Mittagessen Graupensuppe, abends Rüben- oder Zwiebelgemüse, mitunter auch Krauteintopf. Sonntags gab es zum Frühstück ein Ei und mittags Dörrfleisch, das war die einzige Abwechslung. Das Gemüse stammte aus dem kleinen Garten hinter dem Haus, der mithilfe des Brunnens mühsam bewässert wurde. Es waren andere Gemüsesorten, als wir sie aus Elberfeld kannten, die Rüben waren kleiner und dunkler, das Kraut schmeckte leicht bitter. Aber Susanna bemühte sich, das Ganze so »deutsch« wie möglich zuzubereiten – wie Rosa auf dem Kratzkopp würzte sie mit getrocknetem Majoran, Liebstöckel und Dill.
    Die Hottentotten benutzten dagegen ganz andere Zutaten und Gewürze. Das roch ich jedes Mal, wenn ich an der Feuerstelle vorbeiging, auf der die Negerfrauen ihr Essen zubereiteten. Ich hätte die Speisen zu gerne einmal gekostet und blieb des Öfteren neugierig stehen, in der Hoffnung, dass mich eine der Frauen zum Essen einladen würde, aber das geschah nie. Die Namafrauen nickten mir zwar freundlich zu, dann wandten sie sich aber sofort wieder ihren Feuerstellen zu. Vielleicht hatten sie Angst, dass ich ihnen alles wegessen könnte.
     
    Mitte April kam ein Brief von Eva aus Stellenbosch. Sie berichtete von ihrer neuen Schule, ihren Mitschülerinnen, den Lehrerinnen und den Streichen, die sie und ihre neuen Freundinnen ihnen spielten. Und wie ist es Dir ergangen?, fragte sie. Ist Dein neuer Stiefvater nach Deinem Geschmack oder bist Du enttäuscht von ihm? Hast Du auf der Missionsstation eine Freundin gefunden? Wann kommst Du nach Stellenbosch?
    Ich brauchte fast zwei Wochen, um eine kurze, nichtssagende Antwort zu verfassen. Herr Freudenreich scheint recht freundlich, aber bis jetzt ist es mir nicht gelungen, richtig warm mit ihm zu werden, schrieb ich. Vielleicht kommt es ja noch. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben.
    Warum schrieb ich Eva nicht die Wahrheit? Warum schilderte ich ihr nicht, wie schrecklich Freudenreich war und dass ich mich ganz bestimmt niemals mit ihm anfreunden würde? Weil es keinen Sinn hatte. Eva würde mich nicht verstehen. Sie konnte mich nicht verstehen. Ihre Situation war nicht mit der meinen zu vergleichen. Ihre Schule und Bethanien – das waren zwei verschiedene Welten. Genau wie ihr Vater und Herr Freudenreich.
    Seit Fräulein Hülshoff weg war, war ich vollkommen allein. Es gab keinen mehr, mit dem ich mich hätte austauschen können. Meine Mutter begann sofort nervös zu husten, wenn ich nur in ihre Nähe kam. Einige der Hottentottenmädchen, die auf der Missionsstation lebten, waren zwar in meinem Alter, aber mit ihnen konnte ich mich nicht verständigen. Wenn sie mich sahen, kicherten sie und unterhielten sich in ihrer unverständlichen Sprache. Wahrscheinlich machten sie sich über mich lustig.
    Nachts träumte ich davon, dass Fräulein Hülshoff nach mir rief. Ich hörte ihre Stimme in der Dunkelheit der Wüste, aber ich konnte sie nirgendwo sehen. Diese Träume sind ein Zeichen, dachte ich. Fräulein Hülshoff brauchte meine Hilfe, aber wie konnte ich sie unterstützen, wenn ich keine Ahnung hatte, wo sie steckte? Vielleicht konnte Petrus mir helfen. Als ich hinter dem Ochsenstall nach Eiern suchte, die die Hühner immer im Dornengestrüpp versteckten, mistete er gerade die Verschläge aus.
    »Weißt du zufällig, was aus dem Fräulein geworden

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