Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)
anzündete. William Courtenay musste sich in der Zwischenzeit beherrschen, um nicht auf der Stuhlkante hin und her zu rutschen wie ein kleiner Junge, der seinen Vater im Kontor besucht. Mallory sah gedankenvoll den Rauchschwaden hinterher, die von seiner Zigarre aufstiegen. »Ich habe dir immer gesagt, dass du von diesem Hengst die Finger lassen sollst. Jetzt sitzt du auf den Kosten, ohne dass du irgendeine Einnahme von ihm verbuchen kannst.«
Sein Gegenüber konnte zu diesen Bemerkungen nur nicken. Was sollte er schon sagen? Er könnte noch ein weiteres Mal über den Zuchtverband schimpfen – aber davon wurden die Pferde im Stall auch nicht satt.
Doch Mallory war noch nicht fertig mit seinen Vorhaltungen. »Deine anderen Pferde sind im Moment auch keine gute Investition für mich. Nachdem deine Fuchsstute vor aller Augen auf der Rennbahn erschossen wurde, heißt es immer wieder, dass Courtenay-Pferde zu weich für den Rennsport sind. Was soll ich also als Sicherheit für mein Geld nehmen? Mir bleibt doch nur ein Vertrag, in dem du mir dein Haus, die Stallungen und die Wiesen als Sicherheit überschreibst.« Courtenay wollte schon widersprechen, da hob Mallory die Hand. »Glaub mir, mein Freund, dieser Schritt fällt mir selber nicht leicht. Aber du musst verstehen: Ich darf nicht leichtsinnig mein Vermögen aufs Spiel setzen, bloß weil ich dir helfen will. Das geht nicht. Weder meine Frau noch mein Sohn hätten Verständnis dafür, dass ich ihre gesicherte Existenz gefährde …«
»Nun, dein Sohn will ja ohnehin seine Geschicke mit denen meines Hauses verbinden, da wäre das wohl nicht so schlimm.« Courtenay versuchte diesen Satz mit einem Lächeln hervorzubringen.
Zu seinem Entsetzen schüttelte Mallory nur den Kopf. »Mein lieber Freund, gut, dass du es gleich ansprichst. Bestimmt siehst du es auch so, dass wir im Moment gut beraten sind, wenn wir diese Hochzeit ein weiteres Jahr aufschieben. In diesem Sommer solltest du all deine Energie auf die Sanierung deiner Zucht verwenden und nicht auch noch die Hochzeit deiner Tochter im Kopf haben. Nicht wahr? Die jungen Leute werden sich eben ein weiteres Jahr gedulden müssen. Das wird zu einigem Gejammer führen, aber ich denke, da sollten wir an ihr Wohl denken.«
Mallorys Lächeln erschien William Courtenay in diesem Moment fast höhnisch. Wie sollte er seiner kleinen Anne nur unter die Augen treten – sie träumte doch von nichts anderem mehr als einer rauschenden Hochzeit mit Gregory und einem glücklichen Leben als seine Frau? Doch er war gerade wirklich nicht in der Lage, auch nur eine einzige Bedingung für das Geld zu stellen. Er zwang sich also zum gelassenen Nicken, während er fast beiläufig zu seinem Tee griff.
»Sicher. Das passt mir gut – ich möchte meiner Anne schließlich eine schöne Hochzeit ausrichten, da kann ich irgendwelche Sorgen nicht gebrauchen. Das wird sie sicher verstehen, ich rede noch heute mit ihr. Wie steht es denn mit deinem Gregory? Kann sich der denn noch ein weiteres Jahr gedulden?« Er bemühte sich um ein besorgt-fragendes Gesicht. In Wirklichkeit war ihm in diesem Moment das Seelenheil des jungen Master Mallory egal. Was blieb dem schließlich anderes übrig, als den Wünschen seines Vaters zu entsprechen?
George Mallory griff nach einem leeren Bogen Papier, legte ihn auf dem Schreibtisch zurecht und schrieb mit seinem modernen Füllfederhalter ein paar schwungvolle Zeilen, unter die er seinen Namen setzte. Erst dann reichte er Courtenay das Schreiben. »Wir sind zu lange befreundet, als dass wir einen großen Vertrag benötigen, nicht wahr? Ich denke, das hier sollte reichen.«
Langsam las William Courtenay die wenigen Zeilen durch.
Hiermit bestätigen wir die Leihgabe von 1500 Sovereigns für die Dauer von sechs Monaten aus der Hand von George Mallory. Sollte ich, William Courtenay, mich bis dahin nicht in der Lage sehen, den Betrag zurückzuzahlen, dann fällt der Besitz an Haus, Stallungen, englischen Vollblütern und Land an den vorher genannten George Mallory.
Ihm stockte der Atem. Wenn er es also nicht schaffte, die geforderten Sovereigns zusammenzukratzen, dann saß er ohne irgendeinen Besitz da. Sicher, früher einmal war das in etwa der Betrag, den er im Jahr verdient hatte – aber das war schon einige Zeit her. In den nächsten sechs Monaten musste ihm das Glück schon an jeder Ecke hold sein, damit er diesen gewaltigen Betrag auf einen Schlag zurückgeben konnte.
Mallory bemerkte sein Zögern
Weitere Kostenlose Bücher