Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
Vom Netzwerk:
werden kommen und neues Unglück heraufbeschwören.«
    »Das werde ich nicht erlauben«, versprach Hannah zum wiederholten Male. »Solange ich am Gold River wohne, wird euch niemand belästigen! Du kannst dich auf mich verlassen, Großvater! Euch wird nichts geschehen!«
    Der Häuptling zog an seiner Pfeife. »Das sind kühne Worte, weiße Frau, und du meinst sie ehrlich, das spüre ich. Aber du bist zu schwach, um dich gegen die bösen Geister zu wehren. Du kannst sie nur vertreiben, indem du dieses Land verlässt und dorthin zurückkehrst, woher du gekommen bist.«
    »Nein, Großvater, ich werde bleiben und mit euch in eine bessere Zukunft gehen.«
    »Dann gibt es nichts mehr zu sagen, weiße Frau.« Das Gesicht des alten Indianers verschloss sich, und von nun an würde er kein weiteres Wort mit seinem Gast wechseln.
    Bedrückt bedankte Hannah sich und kehrte zu ihrem Boot zurück. Die Kinder begleiteten sie und winkten ihr lachend zu, als sie vom Ufer wegruderte. Sie winkte zurück, fühlte sich erbärmlich und spürte Übelkeit in sich aufsteigen, als sie daran dachte, wie nahe Chief Alex der Wahrheit gekommen war. Fast schien es so, als hätte er tatsächlich in seinen Träumen erfahren, warum der Biologe zum Gold River gekommen war. Natürlich war Pearlman nicht von bösen Geistern besessen, aber er hatte den Weg für Joseph Farnworth geebnet, der keine Rücksicht auf die Indianer nehmen würde, wenn er sich tatsächlich zu einer Abholzung der Wälder entschloss. Die wenigen Worte, die im Zug gefallen waren, hatten genügt, um Hannah zu zeigen, dass Farnworth auch nicht besser als dieser Vanderbilt war, wenn es darum ging, seinen Profit zu vergrößern. Von ein paar um ihren Lebensraum bangenden Indianern würde er sich bestimmt nicht aufhalten lassen, schon gar nicht von einer jungen Frau wie ihr. Nicht einmal seine eigene Frau nahm er für voll.
    Ihre einzige Hoffnung war, dass Pearlman in einer anderen Gegend noch besseres Holz fand und Farnworth empfahl, dort sein Holz zu schlagen. Eine sehr vage Hoffnung, wenn sie an die begeisterte Miene des Biologen dachte, als er die Bäume berührt hatte. Solche Bäume hatte er anscheinend gesucht.
    Aus einer kleinen Bucht am Flussufer tauchte ein Kanu auf. Adam Parker, der junge Mann, der den Grizzly besänftigt hatte. Er trug eine Fellmütze mit einer Adlerfeder und eine bunte Kette mit der Kralle eines Grizzlybären. Sein Baumwollhemd hatte er gegen ein Lederwams eingetauscht, nur die schäbige Hose und die Stiefel erinnerten noch an seine weißen Zieheltern.
    Mit ein paar kräftigen Paddelschlägen war er neben ihr. Er blieb auf gleicher Höhe und blickte sie sanft an. »Ich wollte Sie nicht erschrecken, Miss.«
    »Du hast mich nicht erschreckt, Adam.«
    »Nenn mich Graubär.«
    »Graubär?«
    »Ich lebe in zwei Welten und habe zwei Namen. Bei den Weißen heiße ich Adam Parker, bei meinem Volk heiße ich ›Der mit den grauen Bären spricht‹.« Er sagte etwas in seiner Sprache, das sie nicht verstand. »Das ist zu kompliziert, deshalb nenne ich mich Graubär. Mir gefällt mein neuer Name.«
    »Mir gefällt er auch, Adam … Graubär«, erwiderte sie. Sie ließen sich mit der Strömung treiben, Hannah musterte ihn prüfend. »Aber du bist doch nicht gekommen, um mir deinen neuen Namen zu verraten. Was willst du mir sagen?«
    Adam tauchte das Paddel ins Wasser. »Ich weiß, warum der Biologe hier war. Am ersten Tag bin ich ihm heimlich gefolgt und habe gesehen, wie er die Bäume betrachtet hat. Er hat ihren Umfang gemessen. In Prince Rupert habe ich in einem Sägewerk gearbeitet. Ich weiß, wie Fachleute die Bäume aussuchen, die sie fällen wollen. Der Mann arbeitet für eine Holzfirma, Miss! Für eine Holzfirma oder ein Sägewerk! Er hatte den Auftrag, die Wälder in unserer Gegend zu begutachten. Wenn wir nichts unternehmen, werden im nächsten Sommer die Holzfäller kommen. Sie werden unser Wild verjagen, unser Wasser verschmutzen und den Frieden in unserem Dorf stören. Wenn es so läuft wie in Kanada, wird man uns sogar von hier vertreiben und anderswo ansiedeln.«
    Hannah blickte ihn entsetzt an. Wenn ein junger Mann wie Adam dem Biologen auf die Schliche gekommen war, hatte vielleicht auch der Häuptling seine wahren Absichten erkannt. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sich die Meldung im ganzen Dorf verbreitete. »Und was willst du dagegen tun?« Sie verschwieg ihm, dass sie dem Biologen ebenfalls gefolgt war.
    »Ich werde beten, Miss Hannah.

Weitere Kostenlose Bücher