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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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geht nicht in fünf Minuten, und auch jetzt sind noch viele Fragen offen. In diesem Geschäft ist man schnell außen vor, wenn man nicht höllisch aufpasst. Während des Krieges hatten wir lukrative Verträge mit der Regierung, die sind inzwischen weggefallen, und wir müssen uns nach neuen Einnahmequellen umsehen. Das Holzgeschäft ist nicht so einfach, wie manche Leute glauben.«
    Trotz ihrer kleinen Spitzen war Abbie Farnworth mächtig stolz auf ihren Mann. »Wir besitzen mehrere Sägewerke an der Westküste, wissen Sie? Ich verstehe davon nicht viel, aber mein Mann ist schon in dem Geschäft, seit er denken kann. Seine Eltern kommen von der Olympic Peninsula, müssen Sie wissen, und da hat jeder Zweite mit dem Holzgeschäft zu tun.«
    Hannah verstand wenig von dem Gesagten, wollte aber nicht unhöflich sein und gab sich interessiert. Ein wenig erinnerte Joseph Farnworth sie an den Besitzer der Nähfabrik, in der sie gearbeitet hatte, auch der hatte nur sein Geschäft im Kopf gehabt und ständig von wachsendem Profit gesprochen. Sie hoffte nur, dass Joseph Farnworth seine Angestellten besser behandelte und ihnen einen fairen Lohn bezahlte. Die Geschäftsleute, von denen sie bisher gehört hatte, waren Ausbeuter gewesen, die ihren Reichtum auf dem Rücken einfacher Leute begründet hatten. Aber vielleicht war der Mann an ihrem Tisch ja anders.
    »Alaska?«, fragte er, als der Ober neuen Kaffee gebracht hatte. »Sie wollen tatsächlich nach Alaska, junge Dame? Ganz schön mutig, würde ich sagen.«
    »In New York war es mir zu eng.«
    Joseph Farnworth war mit seinen Gedanken schon wieder beim Geschäft. »Ich habe auch schon über Alaska nachgedacht.« Er paffte nachdenklich an seiner Zigarre. »Die Holzvorräte in Washington und Oregon schwinden langsam, und in Kanada haben kanadische Firmen das Sagen. Leider wird der Transport sehr teuer, falls wir dort oben aktiv werden, aber da lässt sich vielleicht was mit der Dollar Shipping Line arrangieren. Wenn ich unseren Aktienanteil erhöhe und ein Wort bei der Planung für die nächsten Jahre mitsprechen könnte, würden wir ins Geschäft kommen.« Er wandte sich an seine Frau. »Erinnere mich daran, wenn wir zu Hause sind, Schatz.«
    »Alaska?«, erschrak Abbie. »Und ich dachte, mit dem Geld, das wir in die Papierfabriken gesteckt haben, hätten wir jetzt genug investiert. Warte doch erst einmal ab, wie sich die Geschäfte entwickeln, bevor du einen neuen Kredit aufnimmst und damit Aktien kaufst und in Alaska aktiv wirst. Wollten wir nicht endlich länger verreisen? Nach Hawaii oder in die Südsee? Letztes Jahr waren wir gerade mal für zwei Wochenenden auf Santa Catalina.«
    »Wer rastet, der rostet, mein Schatz.«
    Als Hannah an ihren Platz zurückkehrte, hatte die Familie mit den Kindern ihren Vorhang bereits zugezogen, und man hörte nur noch gedämpftes Flüstern. Die Kinder schliefen bereits. Auch ihr Bett war bereits gemacht, und auf der zurückgeklappten Decke lag ihr Beutel mit dem Waschzeug. Sie verschwand im Waschraum, schlüpfte in ihr Nachthemd und zog sich in ihre Koje zurück. Die Story von dem liebeskranken Cowboy, der seiner Angebeteten bis nach Denver folgte und dort auf seinem Pferd über die asphaltierte Hauptstraße ritt und sie aus einer Elektrischen holte, half ihr beim Einschlafen.
    Am nächsten Morgen wurde sie durch plötzliches Bremsen geweckt. Ein heftiger Ruck ging durch den langen Zug, als er im Bahnhof von Central City, einer kleinen Stadt westlich von Omaha, zum Stehen kam. Hannah ließ die Jalousie hoch und blickte überrascht aus dem Fenster, sah das Stationsgebäude, nicht größer als eine Hochbahnstation in New York, und die Hauptstraße des Ortes, der wie ausgestorben unter dem leicht bewölkten Himmel lag.
    Sie öffnete den Vorhang und sah den Schaffner durch den Wagen kommen. »Central City! Wir sind in Central City!«, verkündete er aufgeregt. »Tut mir leid, aber wir haben hier einen außerplanmäßigen Aufenthalt. Unsere Lok ist defekt, ein Schaden, der sich leider nicht auf offener Strecke reparieren lässt. Wir müssen auf Ersatz aus Omaha warten, und das kann bis zu zwei Stunden dauern.« Er beeilte sich, den murrenden Passagieren ein zuversichtliches Lächeln zu zeigen. »Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir die verlorene Zeit bis Oakland leicht aufholen werden. Im Roadside Café an der Main Street werden wir Donuts und Kaffee für Sie bereitstellen, auf unsere Kosten natürlich, und als Zeitvertreib dürfen wir

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