im Landschulheim
Zwei Tage später stolperte sie morgens und brach sich ein Bein. Der Krankenwagen fuhr vor, zwei Männer brachten eine Trage und fuhren die Hausmutter ins Krankenhaus.
Das war ein schlimmer Schreck fürs ganze Heim. Viele Kinder wagten an diesem Tag kaum noch laut zu lachen. Frau Wagner und Frau Seifert beruhigten sie aber.
„Ihr dürft ruhig vergnügt sein. Die Hausmutter bekommt ihr Bein in Gips verpackt. In ein paar Tagen ist sie gewiss wieder bei uns!“, versicherte Frau Wagner.
Ihr selber war aber auch gar nicht fröhlich zumute. Die Ferienvertretung ließ sich gewiss einrichten. Doch wer sollte jetzt kochen?
Frau Lennert - ja, die verstand etwas davon, aber sie war in Urlaub. Frau Seifert und Frau Busch wehrten erschrocken ab.
Karolin? „Stell mich nur nicht auf die Probe“, sagte sie zu Frau Wagner, „es gibt eine Katastrophe!“
Rosel? „Ja, ein bisschen verstehe ich schon. Aber für dreißig, vierzig Menschen kochen, das kann ich nicht.“
Wer blieb übrig? Frau Wagner selber. Sie versuchte eine erfahrene Frau aus dem Dorf aufzutreiben. Und sie hatte Glück. In zwei, drei Tagen wollte sie kommen. Inzwischen aber? ... Frau Wagner konnte nämlich auch nicht kochen, genauso wenig oder vielleicht noch weniger wie Karolin oder Frau Busch oder Frau Seifert. Das wollte sie bloß niemanden merken lassen.
Sie ging also tapfer in die Küche und band sich zunächst einmal die große Schürze der Hausmutter um.
„Huch, ich hätte Sie beinahe nicht erkannt“, meinte Rosel lachend, als sie von draußen in die Küche kam. „Sie versinken ja in der Schürze!“
„Ich bin‘s aber, Rosel. Was kochen wir heute?“
Ja, was? Sie überlegten hin und her: Eintopf - das war das Beste! Bohnengemüse ... haben wir genug Bohnen? Wie viel sind nötig? So zehn, zwölf Pfund brauchen wir schon. Aber wer macht sie fertig? Ob ein paar Mädchen helfen können?
„Die meisten sind beim Baden“, meinte Rosel, „und kommen vor Mittag nicht heim. Die andern, die freihaben, wissen ja noch nicht, dass die Hausmutter verunglückt ist. Die sind alle fort. Und Kartoffeln müssen auch noch geschält werden.“
Daraus wurde also nichts. Was gab es sonst an einfachen Gerichten? Fleischklopse und Pellkartoffeln vielleicht.
„Ich kann schnell Hackfleisch holen“, bot Rosel an.
„Was meinst du, wie viel wir brauchen?“
„Das sagt uns die Metzgerin gewiss.“
„Blamieren wir uns damit auch nicht, Rosel?“
„Glaub ich nicht. Aber wissen Sie was, Frau Wagner, Bohneneintopf ist doch das Beste. Wir können ein paar Gläser aufmachen. Die Hausmutter hat viele Bohnen eingekocht.“
„Eine großartige Idee! Komm, wir gehen in die Speisekammer.“ Zwölf Gläser nahmen sie. Dann war der Topf, den die Hausmutter benutzte, zu zwei Drittel gefüllt. Rosel schälte Kartoffeln, die nötige Menge schätzte sie ab. Frau Wagner suchte ein Kochbuch. Wo stand das bloß? Sie entdeckte es im Zimmer der Hausmutter. Eifrig schlug sie unter „Bohneneintopf“ nach. „Bratwürste und Kartoffeln fünf Minuten kochen, Bohnen und Gewürze zugeben, zehn Minuten kochen lassen ...“ Bratwürste!
„Rosel, fahr zum Metzger und hole welche. Wir brauchen vierzig ... oder nimm lieber fünfzig. Beeil dich!“
„Na“, sagte Rosel ahnungsvoll, „wenn er bloß so viele hat.“
Er hatte nicht! Fünfundzwanzig Stück brachte Rosel mit. Sie zerschnitten sie in kleine Scheiben, kochten sie mit den Kartoffeln, die Frau Wagner inzwischen fertig geschält hatte, und gaben die Bohnen darunter. „Zwiebelwürfel in Butter bräunen und dazugeben ...“ Es schmeckte gar nicht schlecht. Salz fehlte noch. Ob sie nicht besser körnige Fleischbrühe druntermischten? Sie waren so stolz auf diesen klugen Einfall, dass sie ein bisschen zu reichlich körnige Brühe nahmen. Nach dem scharfen Essen jammerten die Kinder den ganzen Nachmittag über Durst.
Frau Wagner war großzügig. Jeder durfte so viel Limonade trinken, wie er wollte. Das nutzte die Bande natürlich aus. „Komm“, sagte Karli, die immer noch im Heim war, zu ihrem neuen Freund Thomas, „ich weiß, wo noch ein Kasten mit Limo steht. Die anderen sind ja leer.“
Auch der Nachtisch war an diesem Tag üppig: Sechs Gläser mit Kirschen mussten dran glauben - große Gläser. Nach diesem einen Tag gab es in den sorgsam gehüteten Vorräten der Hausmutter schon große Lücken. Die wird ihre Freude haben, wenn sie wiederkommt!, dachte Rosel.
Den Kakao am Nachmittag und die Brote machten Rosel und drei
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