im Landschulheim
von der Seite an: Woher hatte Frau Wagner das komische Hundefutter geholt? Von dem missglückten Kochversuch ahnte sie ja nichts. Die Heimleiterin aber dachte erleichtert: So werde ich das Zeug auf gute Weise los!
Sie stellte die Schüssel vor Senta und sagte: „Lass es dir schmecken.“
Senta schnupperte misstrauisch an dem Brei. Doch den Hunden geht es wie den Menschen: Hunger ist der beste Koch! Sie schleckte die ganze Schüssel leer.
Pitt hatte einen Blick auf den Brei geworfen. „Na, det Feinste isset ja nu wirklich nich für so‘n jroßen Hund“, meinte er. „Aber lass man, Senta, mal jeht‘s ooch so!“
Inzwischen kam Rosel mit ihrer Tante. Frau Wagners Sorgen waren im Handumdrehen vergangen.
„Sag mal, Pitt“, redete sie ihn an, „du bist doch ausgerückt?“
Zu ihrer Verblüffung nickte der Junge. „Das bin ich - wegen Senta“, sagte er im schönsten Hochdeutsch.
„Und hast du gar nicht überlegt, dass deine Eltern sich sorgen werden?“
„Ach, vorläufig sorgen sie sich nicht. Bis die es erfahren, vergeht eine ganze Weile.“
„Wieso? Kommst du nicht von zu Hause?“
„Nee, nee. Also ich werde es erzählen. Aber wie ich richtig heiße, das sage ich nicht. Pitt genügt.“
„Also erzähle.“
„Sehen Sie, Frollein, ich war mit meinen Eltern in Italien. Mein Onkel und meine Tante waren auch dort, mit ihren Kindern. Alles Mädchen, vier Stück. Und mit Senta. Meine Eltern wollten noch vierzehn Tage wandern - in den Abruzzen, so heißen die Berge da unten, und Räuber gibt‘s dort vielleicht auch noch. Da sollte ich solange mit den Verwandten heimfahren und bei ihnen bleiben. Na ja - vier Mädchen, daran war ich nicht gewöhnt. Aber ich wollte Vater und Mutter den Spaß nicht verderben. Ich hatte ja außerdem noch Senta. Unterwegs haben wir erst noch ‚ne Pause gemacht. In Verona waren Onkel und Tante im Theater und dann sind wir zwei Tage in Bozen geblieben. Auf einmal sagte eins von den Mädchen - weil Senta doch bald Junge kriegt -, meine Senta hätte ihren Stammbaum verdorben und dürfte die Jungen nicht behalten. Die müssten sofort weg. Wie finden Sie das, Frollein? Die wollten der Senta einfach ihre Kinder wegnehmen! Ich habe den Onkel gefragt, ob sie wirklich so gemein sein wollten. ,Das verstehst du nicht‘, hat er geantwortet. Da habe ich gedacht, ich lasse das nicht zu. Lieber rücke ich mit Senta aus.“
„Und wie bist du gerade hierhergekommen? Hast du nicht sogar nach der Pferdeburg gefragt? Woher weißt du denn diesen Namen?“
„Von meinen Cousinen war eine Freundin hier.“ Er sah Frau Wagner von der Seite an und zwinkerte vergnügt mit den Augen. „Erraten können Sie es ja nicht, wer das war. Aber sie hat meinen Cousinen anscheinend viel von der Pferdeburg erzählt. ,Wir kommen gegen Abend durch Wendelkirchen‘, haben sie dann gesagt. ,Das ist die Bahnstation. Wir müssen hinaussehen, ob wir die Pferdeburg entdecken.‘ Da habe ich heimlich meinen Rucksack aus dem Koffer geholt und ein paar Sachen hineingetan. Auch ein bisschen Essen habe ich dazugeschmuggelt. Meine Geldtasche trage ich sowieso bei mir. Fünfzig Mark haben Vater und Mutter mir gegeben.“
„Aber hat denn niemand gemerkt, dass du ausgestiegen bist?“
„Keine Bange, die haben nichts entdeckt! Senta und ich saßen mit den Mädchen in einem Abteil, Onkel und Tante waren nebenan und schliefen. Als Wendelkirchen kam, sind die Schwestern alle zum Gang hinaus und wollten gucken. Ich bin mit Senta und dem Rucksack aus dem Abteil und zur Tür gegangen. Als der Zug hielt, sind wir ausgestiegen - auf der falschen Seite. Dann sind die anderen weitergefahren und wir sind losgezogen.“
„Seid ihr die ganze Nacht durch gewandert?“
„Nicht doch, Frollein! Erst sinn wa mit‘m Laster een janzet Stück jefahren. Die haben det jar nich jemerkt. Der Fahrer war jrade inner Kneipe. Und später sinn wa runter vom Wagen, als der wieder hielt. So weit war et nu jar nich mehr.“ Er hörte wieder auf zu berlinern. „Geschlafen haben wir zwischendurch in einer Scheune auf dem Feld. Früh sind wir weiter, bis wir hier ankamen. Dann haben wir wieder geschlafen und auf einmal waren Sie da!“
Na, das war ja eine schöne Bescherung! Was hatten die Verwandten wohl gesagt, als sie - spätestens an diesem Morgen - den Jungen nicht mehr fanden?
„Pitt“, sagte Frau Wagner eindringlich, „oder wie du wirklich heißt, stell dir doch mal vor, wie erschrocken dein Onkel und deine Tante jetzt wohl sind! Sie
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