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Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Titel: Im Leben gibt es keine Proben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Biermann
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anderen aufhielten, bei welchem Gastspiel, bei welchem Dreh, und wir fragten: »Wie war es? Ich hab gehört, dass du Erfolg hattest, erzähl mal ...«
    Damit sich das hier nicht so liest wie Sehnsucht nach der guten, alten Zeit: Diese Distanz untereinander hat Vorteile, man konzentriert sich wirklich nur auf sich, auf den Abend. Ich genieße die völlige Erschöpfung nach einer gelungenen Vorstellung, bin danach ganz entspannt, ganz locker.
    Das neue Zauberwort in der Traubenbildung heißt: Kontakte. In der DDR sagten wir Vitamin B, B wie Beziehungen. Gemessen an denen, die heute erforderlich sind, um im Geschäft zu bleiben, waren das Lächerlichkeiten. Beziehungen pflegten wir etwa zu einer Fleisch-Verkäuferin, die gelegentlich zischelte: »Ich hab was für Sie, macht 3 Mark 47« und ein Päckchen rüberreichte, von dem man ahnte, dass es Kochschinken enthielt.
    Heutige Beziehungen oder Kontakte funktionieren anders. Man setzt sich so lange bei jeder sich bietenden Gelegenheit an einen Kantinen-Tisch zu diesem oder jenem, bis man beachtet wird, man schreibt Briefe und bittet um Rollen. Dabei bleibt der Stolz auf der Strecke, stattdessen wachsen kleinliches Denken, Missgunst und Neid, was der Kunst und einem Ensemble schadet. Das missfällt mir, da spiele ich nicht mit. Mit den wirklichen Könnern unseres Metiers habe und hatte ich nie Probleme, wahre Größe zeigt sich bekanntlich in Bescheidenheit.
    Es war eine harte Zeit damals, doch nach und nach bekam ich wieder gute Rollen und damit mein Selbstwertgefühl zurück.
    Mit Heiner Müllers Tod im Winter 1995 ging eine weitere Epoche des Berliner Ensembles zu Ende. Junge Männer wie Martin Wuttke, Stephan Suschke versuchten sich an der Intendanz, es klappte nicht, trotz aller Ambitionen und des festen Versprechens an Heiner, das Haus in Brechts Sinne weiterzuführen. So ein Betrieb verlangt nach einem, der den Hut aufhat, oder – vielleicht noch besser – nach einer Frau, die keinen Hut braucht.
    Mitte der neunziger Jahre gab es dann noch diesen gnadenlosen Kampf um die Immobilie. Es hatte sich herausgestellt, dass das Theater am Schiffbauerdamm der Ilse-Holzapfel-Stiftung gehört, die nach Rolf Hochhuths Mutter benannt ist. Hochhuth kämpfte verbissen um besondere Rechte. Das Gerangel endete schließlich in einem Mietvertrag zwischen der Stiftung und dem Land Berlin, das Land stellt das Haus dem BE für dreißig Jahre zur Verfügung.
    Dann tauchte das Gerücht auf, Claus Peymann würde das Wiener Burgtheater verlassen und als alleiniger Gesellschafter das BE übernehmen. Eben der Peymann, der in Stuttgart so genial die Iphigenie inszeniert hatte. Das Video hatte mir einst Lore Brunner gegeben.
    Ich hatte inzwischen am Deutschen Theater gespielt, Filme gedreht, aber nun schöpfte ich Hoffnung, brannte auf neues Theater an meinem alten Haus.

Warteschleifen
    Meine Nachbarin fragte mich einmal, womit ich denn eigentlich meine Tage verbringe, da ich doch nur abends spielen würde. Wobei sie das Wort spielen so aussprach, als meine sie keine Arbeit, sondern wirkliches Spielen.
    Ich strahlte sie an und sagte, dass ich viel Glück hätte in meinem Leben. Fast sah sie sich in ihrer Beobachtung bestätigt. Doch dann sagte ich, ich hätte Glück, weil ich immer arbeiten könne, meistens den ganzen Tag bis spät in die Nacht: Das Neue proben und das Alte immer wieder, Umbesetzungsproben, Arbeiten für den Rundfunk und Dreharbeiten für Film oder Fernsehen. Es gibt Tage, an denen ich kaum Zeit zum Luftholen habe und morgens denke, nein, nicht aufstehen, weiterschlafen! Und dann raffe ich mich auf, denn ich liebe dieses Tempo.
    Allerdings genieße ich die seltenen Tage, an denen nichts im Kalender steht – keine Probe, keine Vorstellung, keine Verpflichtung in Schauspielschule oder Filmakademie. Ich bin nun mittlerweile in einem Alter, in dem ich alles gern etwas langsamer angehe. An diesen seltenen Tagen schlenze ich im Schlafanzug rum, frühstücke mit Muße, lese ausgiebig Zeitung, gieße die Grünpflanzen, räume den Schreibtisch auf, gucke Fotoalben an. Abends besuche ich Vorstellungen in anderen Theatern.
    An solchen Tagen bin ich ohne Plan, entscheide intuitiv nach Wetter und Stimmung: Endlich mal wieder malen oder spazieren gehen oder eine Ausstellung besuchen oder ein Buch lesen. Ich bin eine Intensivleserin, bietet sich die Gelegenheit, lese ich einen ganzen Nachmittag lang.
    Aber dann gibt es Zeiten – für die einen häufiger, für die anderen seltener –, in

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