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Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Titel: Im Leben gibt es keine Proben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Biermann
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dass all jene zu uns kamen, mit denen ich schon immer gern gearbeitet hätte. Wir kannten die meisten ihrer Arbeiten, denn wir hatten uns in der DDR Videos von Inszenierungen geborgt und bestaunt, von Peter Zadek und Peter Stein, von Andrea Breth und Claus Peymann, hatten Rezensionen ihrer Arbeiten gelesen, uns informiert. Ich glaubte fest, sie hätten sich auch über uns informiert, wo sie es doch nun mit uns zu tun bekamen.
    Wie naiv! Wir waren ihnen offenbar egal.
    Peter Palitzsch hielt mich für eine Maskenbildnerin.
    Peter Zadek bat mich an einem späten Nachmittag, bei ihm vorzusprechen. Am Abend stand Der gute Mensch von Sezuan auf dem Spielplan, ich gab die Shen Te. Sagte: »Sehen Sie sich doch nachher die Vorstellung an.«
    Er kam, aber schon nach kurzer Zeit hörte ich die Regielogentür klappen, er war verschwunden.
    Am nächsten Tag begegneten wir uns auf dem Hof, ich fragte arglos: »Hat es Ihnen gefallen?« Da sagte er: »Wissen Sie, ich kann so starke Frauen wie Sie nicht so gut leiden.«
    »Und ich kann schwache Männer nicht so gut leiden.«
    Das schoss spontan aus mir raus, obwohl ich seine Arbeit bewunderte. War es die Arroganz, die in seiner Stimme mitschwang, fühlte ich mich provoziert, empfand ich seine Worte als Frechheit, ich weiß es nicht mehr, vielleicht alles zusammen. Jedenfalls hatte sich damit eine Zusammenarbeit erledigt. Er grüßte mich nicht mehr, strafte mich mit Missachtung. Sehr männlich.
    Einar Schleef kam ans Haus zurück, wieder hoffte ich vergeblich auf eine Besetzung, erst viel später bekam ich im Puntila eine Rolle.
    Nur Fritz Marquardt besetzte mich noch, ich spielte in Der arme Vetter und in Juno und der Pfau mit Hermann Beyer und Dieter Montag, den alten Volksbühnen-Kollegen.
    Fritz und ich sind einen langen Weg gemeinsam gegangen, schon als ich an der Filmhochschule war, unterrichtete er dort hin und wieder. Wir hatten zusammen Filme gedreht, Platow und Kindheit zum Beispiel, und ich spielte in seinen Volksbühnen-Inszenierungen Avantgarde und Weiberkomödie .
    Fritz ist ein Unikum, klug, besessen, ein Wahrheitsfanatiker, ein Clown, ein bodenständiger Eigenbrötler, unbestechlich und mit einer großen Liebe zu den dunklen Theaterstücken, denen von Barlach und Ibsen. Vielleicht interessierten ihn auch nur besonders die Gescheiterten, die tragischen Figuren. Denke ich an jene Zeit zurück, lag das sicher nahe. Jedenfalls war Fritz Marquardt damals einer der wenigen, mit denen man über Theater reden konnte, auch wenn seine Finsternis zunahm, was sicherlich dieser unseligen Konstruktion der Intendanz geschuldet war.
    Er trug, solange ich mich erinnern kann, eine schwarze Mütze. Wenn er sie lüftete, glich das dem Ätna – er spie Feuer oder Kritik. Fritz mit den buschigen Augenbrauen, immer in Bewegung, mit beiden Händen in der Luft rudernd, Laute ausstoßend, stöhnend oder verschmitzt drohend – mir fallen viele seiner Gesten ein, die wir Schauspieler oft im Spaß nachahmten.
    Er lebt jetzt, da ich das schreibe, in seinem Landhaus in der Uckermark, malt und schreibt. Im Sommer 2008 ehrten und feierten wir ihn zu seinem 80. Geburtstag.
    Diese Zeit hatte einen merkwürdigen Sound, es war der Blues, schwere Rhythmen zwischen Euphorie und Trauer.
    Die auch fürs Künstlerische so ersehnte deutsche Einheit funktionierte am Berliner Ensemble nicht. Ich war enttäuscht, wie wenig von der versprochenen Demokratie und dem Mitspracherecht ich gebrauchen konnte an dem neuen Berliner Ensemble, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
    Der Erste, der schon bald vom Tritt sprang, war Langhoff. Marquardt, Palitzsch und Zadek folgten ihm. Für kurze Zeit tauchte Eva Matthes als Gesellschafterin auf und verschwand wieder. Nach drei Jahren war Heiner Müller allein übriggeblieben.
    Unbekannte und auch unbegabte Regisseure sprachen mit uns, als wären wir ABC -Schützen. Sie stellten keine Konzeptionen vor, sagten: »Spielt einfach, wie euch ist.« Wie spielt man, wenn einem nach gar nichts ist?
    Für uns Ost-Schauspieler blieb nicht viel an Rollenauswahl. Wir waren das Beiwerk, die unbekannten Kollegen, fremd im eigenen Haus. Es verlangte den ganzen Enthusiasmus dieses Berufes, nicht zu verzweifeln an diesen kleinen Wurzen, die man uns zu spielen gab. Eine ungewohnte, unbefriedigende Situation. Das war kein Ensemble mehr, noch nicht einmal ein Team. Es bezeichnete sich so hochtrabend als das »Neue« und bot nicht viel mehr als Mittelmaß.
    Ein Lichtblick war für Annemone

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