Im Leben wird dir nichts geschenkt.
eigenen Pläne für mich, und es würde sich Gehör verschaffen.
KAPITEL NEUN
UND IM HINTERGRUND SPIELTEN DIE STONES
1 983 kam ich nach Dänemark zurück und war voller Pläne, an die Universität zu gehen. Ich hatte in den Jahren als Model eine Menge Geld verdient. Nachdem ich erst ein paar Titelseiten für die Vogue im Kasten hatte, für die ich nicht mehr als fünfzig Dollar bekam, konnte ich für die wirklich lukrativen Katalog-Jobs ein- bis dreitausend Dollar pro Tag verlangen. Die rühren dich erst an, wenn man die Hürde der richtig großen Modemagazine genommen hat.
Ich hatte keine Riesensummen angespart: Zunächst einmal gingen satte fünfzig Prozent von jedem Job direkt an die Agenturen. Außerdem hatte ich eine Menge Geld für Flüge nach Hause ausgegeben und kaufte Geschenke für Freunde und Familie. Dann waren da die Urlaube auf Ibiza mit Freundinnen, die Taxis, die Kleider. Es war mir egal, weil ich entschieden hatte, dieses Leben aufzugeben, Hauptsache, ich war wieder daheim.
Vor dem Beginn des akademischen Jahrs hatte ich noch Zeit, und so füllte ich die Lücke, indem ich in Dänemark als Model arbeitete, während ich mir den Kopf darüber zerbrach, was ich auf lange Sicht tun wollte. Bei einer Kampagne für Levis entstand ein kühnes Foto von mir, auf dem ich Jeans und ein schlichtes, weißes T-Shirt trug – mit einer Hand griff ich nach dem Himmel, als trüge ich die Welt, und eine Brust war entblößt. Es wurde ein Riesenerfolg, und überall erschienen Poster davon. Meine Mum fiel fast in Ohnmacht, als sie es sah.
Ich wurde wie eine Siegesgöttin gefeiert: ich hatte dazu beigetragen, Dänemark im Ausland ein cooles Image zu verschaffen, und als alle gerannt kamen, schlug ich ihre Bitten aus und ging heim. Meine Laufbahn eröffnete mir Möglichkeiten, die normalerweise nur Männern offenstanden. Ich konnte Arbeit annehmen, wenn ich wollte, und war unabhängig. Als eine schicke neue Kopenhagener Bar mit Restaurant namens Cafe Victor – das bis heute existiert – mich fragte, ob ich für sie werben wolle, machte ich Publicity-Fotos, auf denen ich einen Blazer von einem dänischen Top-Designer trug, und erschien auf einem Laufsteg, der für die lange Bar werben sollte.
Ich freute mich darauf, zur Eröffnungsparty zu gehen, da es in meiner Heimatstadt war. Ich fühlte mich wieder wie ein Kind. Eine Freundin und ich drängten uns durch die Menge zur Bar und über eine Treppe zu einer kleinen Empore mit ein paar Tischen. »Sieh dir den an!«, flüsterte ich meiner Freundin zu und zeigte auf einen gut gekleideten jungen Mann an einem der Tische. »Der Kerl mit dem langen Haar und den blauen Augen.« Er gehörte zu einer Gruppe, doch die anderen verhielten sich ihm gegenüber fast ehrerbietig, und er war es offenbar gewohnt, Hof zu halten. Er strahlte so etwas wie natürliche Autorität aus. Alle anderen wussten offenbar, wer der junge Mann war.
Meine Freundin sah mich ungläubig an, als sei ich nicht ganz dicht, den Mann nicht zu kennen, doch schließlich war ich eine ganze Weile außer Landes gewesen. »Das ist Kaspar Winding«, sagte sie. Er war nur drei Jahre älter als ich, ein Song-Schreiber und ein Multi-Instrumentalist, der als Teenager mit einer Band namens Shi-Bi-Dua am Schlagzeug zu Ruhm gelangt war. Er hatte viele Alben gemacht, und zwar mit seiner eigenen Band, und er war einer der gefragtesten Musiker im Land. Außerdem hatte er für Musical-Filme geschrieben und Hits in einer ganzen Reihe von Musical-Genres gelandet. Er war ein Alleskönner. Und da saß ich nun wie ein glühender Fan in der ersten Reihe bei einem seiner Konzerte und drohte, in Ohnmacht zu fallen. Doch ich musste ihn kennenlernen.
Meine Freundin und ich schlenderten in allzu absichtsvoll lässiger Manier um seinen Tisch herum. Jedes Mal, wenn wir an ihm vorbeikamen, lächelten wir ihm wie schwärmende Schulmädchen direkt ins Gesicht. Es war lächerlich. Als ich das letzte Mal vorbeikam, schenkte er mir ein entspanntes Lächeln, stellte sich vor und lud uns ein, uns zu ihm zu setzen. In meinem verzweifelten Wunsch, neben diesem reifen jungen Mann mit seiner Horde von Freunden zu sitzen, musste ich recht schüchtern gewirkt haben. Kasper war zu einem Bier nach der Vorstellung da, und bevor ich mich recht versah, hatten wir bis Mitternacht geplaudert, und das Lokal machte Feierabend. Wir gingen in ein Pizza-Restaurant in Nyhavn, einem Teil der Altstadt in der Nähe des Flusses.
Dort war der Abend noch nicht zu Ende.
Weitere Kostenlose Bücher