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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Nielsen
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Es war wie ein erstes Date, und ich war immer noch vor Ehrfurcht furchtbar schüchtern. Kasper war der Erste jener Männer, zu denen ich mich hingezogen fühlte, die nicht nur interessant, sondern auf ihrem Gebiet herausragend waren. Er war phänomenal begabt. Und trotz meiner Verlegenheit setzte ich immer alles daran, diese Art von Mann kennenzulernen – ich hatte alles getan, damit Kasper Notiz von mir nahm. Ich wusste, was ich wollte. Nachdem wir gegessen hatten, liefen wir am Fluss entlang zurück – für Kopenhagener Verhältnisse war es eine laue Nacht. Wir küssten uns, und es fühlte sich gut an.
    Wir trafen uns später noch ein paar Mal, bevor ich für eine Woche nach New York musste, was sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Ich war in Kasper verliebt, und es tat jetzt schon weh, von ihm getrennt zu sein. Wir weinten beide beim Abschied – es war so intensiv, doch wir hatten uns ja gerade erst kennengelernt, und unsere Leidenschaft war noch ganz am Anfang. Wer uns zusah, hätte meinen können, wir hätten beide einen Trauerfall – wir hatten nur solches Verlangen nach einander. Ich erinnere mich bis heute, was er an jenem Tag trug. Er war immer so gut gekleidet, und sein langes Haar fiel ihm bis auf den modischen Schal, der damals unbedingt dazugehörte. Ich fühlte mich in dem New Yorker Hotel so allein, doch ich war darauf eingestellt, und so kam es ziemlich überraschend, als es am ersten Tag an meine Tür klopfte. Als ich aufmachte und lächelnd Kasper vor meinem Manhattaner Hotelzimmer stand, kannte mein Staunen keine Grenzen. Der Mann mit dem Schal war mir gefolgt!
    Kasper vermisste mich so sehr, dass er den nächsten Flieger genommen hatte, um ein paar Tage mit mir zu verbringen. Dafür hatte er Tausende Meilen zurückgelegt! Es war eine richtig verrückte, spontane Entscheidung, und diese gemeinsamen Tage in New York waren die romantischsten in meinem Leben. Kasper hatte schon in New York gelebt, und war der perfekte Stadtführer. Er zeigte mir, wo er schon gespielt hatte, und er kannte sich in New Yorks Musikszene aus. Zu seinen Bekannten zählten die Rolling Stones, der Soul-Sänger Teddy Pendergrass, der Jazzgitarrist Ray Gomez, die Disco-Queen Narada Michael Walden und Musiker, die in einer Studioband namens Brecker Brothers gearbeitet hatten.
    Bei Kasper fühlte ich mich sicher. Er war Kosmopolit, unsere Gespräche drehten sich um Musik, und er war so ganz anders als die Leute, die nie über den Tellerrand ihrer unmittelbaren Heimat in Dänemark blickten, geschweige denn, fremde Lebensart zu schätzen wussten. Noch bevor er New York wieder verließ, hatten wir irgendwie entschieden, dass ich nach meiner Rückkehr nicht länger bei meinen Eltern wohnen, sondern bei ihm einziehen würde.
    Seine Wohnung war geräumig und hell. Sie lag wunderschön mit Blick über den Kongens Have, den Königsgarten im Zentrum von Kopenhagen. Er hatte sie in einem behaglichen, unkonventionellen Stil eingerichtet. Mit seinen Stapeln an alten Schallplatten und einschlägigen Büchern sah man auf Anhieb, dass hier ein Musiker lebte, und der Kontrast zu meinem eigenen Wohnstil war beträchtlich. Mit all meinen Designerkleidern, die ich gerne sauber und ordentlich in meinem Zimmer verstaute, wirkte ich in Kaspers Heim eigentlich etwas deplatziert. Oft bügelte er nicht einmal seine Hemden – doch er war ein wundervoller Freigeist und kreativer Mensch. Wir beide waren sehr verschieden, doch die Chemie schien zu stimmen. Ich öffnete meine Koffer in seinem Schlafzimmer und packte die sorgsam zusammengefalteten Gucci-Kleider aus; ich legte mich auf Laken, die genauso zerknittert waren wie alles andere in seiner Wäsche, doch das war mir egal – ich liebte alles an meinem neuen Zuhause.
    Ich legte Wert darauf, dass wir beide unabhängig waren. Wir verdienten jeder unser Geld und hatten jeder unser eigenes Leben. Offenbar fand auch Kasper, dass es mit uns funktionierte, denn wir waren erst vier Monate zusammen, als er mich fragte, ob ich ihn heiraten wollte. Das war typisch für ihn. Er war ein impulsiver Mensch und ich das Mädchen, das auf seine Instinkte hörte, doch in diesem Fall begingen wir wahrscheinlich einen Fehler.
    Kasper und ich hätten uns wirklich gegenseitig ein wenig mehr Zeit geben sollen, unsere Beziehung zu genießen und natürlich wachsen zu lassen. Jedes Mal, wenn ich ihn ansah, lief mir dieser wohlige Schauer den Rücken hinunter. Ich hatte über diese Gefühle keine Macht und versuchte auch nicht,

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