Im Leben wird dir nichts geschenkt.

ich selbst bei meinen zwei älteren Jungen – ihre gesunden Babys in den Armen hielten, doch mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Ich konnte mich sowieso kaum rühren, denn während der Geburt hatten die Ärzte mir eine Injektion ins Bein gegeben, damit keine Milch einschoss, und dabei hatten sie einen Nerv getroffen, sodass ich vorrübergehend gelähmt war. Im Laufe der Zeit erfuhr ich, dass Douglas’ Überlebenschancen wesentlich besser waren als befürchtet, doch auf jede gute Nachricht schien irgendwie jedes Mal ein neuer Schlag zu folgen. So erfuhr ich, dass er ein höheres Risiko hatte, hirngeschädigt zu sein. Außerdem bestand die Gefahr einer Retina-Loslösung, was bei solchen Frühchen häufiger vorkam und zur Erblindung führte.
    Raoul fuhr ständig die 280 Kilometer zwischen meinem Krankenhaus und Bern, wo Douglas neben anderen Babys mit einem Gewicht von gerade mal fünfhundert Gramm behandelt wurde, hin und her. Es dauerte drei Monate, bis er aus dem Sauerstoffzelt kam. Und erst dann konnten sie ihn auf bleibende Schäden untersuchen. Die Zeit schien still zu stehen, jeder Tag war ein Albtraum. Ich musste zwei Monate warten, bis ich ihn in den Armen halten und mich um ihn kümmern konnte. Schließlich war er groß und kräftig genug, um nach Hause zu kommen, auch wenn er immer noch täglich behandelt werden musste. Endlich hatte ich das Gefühl, ihm eine richtige Mutter sein zu können. Ich fuhr mit ihm durch das Tor zu unserem Haus und dann die lange Einfahrt entlang, die parallel zum See zu unserer Villa führte. Dort stieg ich aus, schnallte den Babysitz ab und griff nach hinten, um seine Decke und verschiedene andere Dinge zu holen, die ich mit ins Haus nehmen wollte. Ich wusste nicht, dass ein Paparazzo in der Nähe lauerte und Douglas in seinem Babysitz fotografierte, während ich auf dem Rücksitz nach den Sachen wühlte.
    Das Foto verbreitete sich in der gesamten italienischen Presse: »BRIGITTE NIELSEN LÄSST IHR NEUGEBORENES BABY IM STICH.« Das war zu viel für mich. Wie konnte die Presse meinen Kindern so etwas antun? Diese Artikel waren einfach entsetzlich und noch dazu mit Fotos versehen, die ich äußerst aufdringlich fand.
    Ich nahm mir einen Anwalt und war auf den typischen Endlos-Prozess der italienischen Justiz gefasst, doch das Urteil fiel bereits zwei Monate später: meine Klage wurde abgewiesen. Ungläubig, doch keineswegs bereit, die Sache verloren zu geben, wies ich mein Team an, in Berufung zu gehen, doch auch diesmal verloren wir. Für mich war das keine Gerechtigkeit. Für den Fall, dass Douglas eines Tages beschließen sollte, Anwalt zu werden, würde ich ihm, wenn er groß war, diese Schmutzkampagne zeigen.
    Douglas’ Geburt markierte einen Wendepunkt. Über meinen Traum von einem neuen Leben war ein Schatten gefallen, doch das festigte nur meinen Entschluss, alles aus dem Weg zu räumen, was mein und das Glück meiner Familie gefährdete. Ich merkte gar nicht, dass ich in meinem kompromisslosen Bestreben, die Beziehung zu Raoul unter allen Umständen aufrechtzuerhalten, dabei war, meine eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Hätte ich mehr darauf geachtet, wäre mir wohl nicht entgangen, dass er in letzter Zeit weniger aufmerksam und fürsorglich war. Stattdessen erzählte ich meiner Mum, zwischen uns würde es genau wie bei ihr und Dad werden und hielt die Festung.
    Ein Jahr nach Douglas’ Geburt fand zwischen Raoul und mir die standesamtliche Trauung statt. Es war keine große Hochzeit, doch immerhin kamen auf meiner Seite meine Eltern, mein Bruder und Eva, und auch Raouls Familie reiste an. Trotzdem war ich mir in Bezug auf unsere Ehe nicht ganz sicher. Fest stand für mich nur, dass ich mich diesmal nach Kräften bemühen würde. Es dauerte nicht lange, und ich stellte fest, dass ich wieder schwanger war.
    Ich hätte es nicht ertragen, noch einmal all das durchzumachen, was ich mit Douglas erlebt hatte. Wenn es nun wieder ein Frühchen würde? Doch es gab für mich nicht den geringsten Zweifel, dass ich das Kind bekommen würde. Und bei Raoulino lief tatsächlich alles perfekt. Es war eine problemlose Schwangerschaft, und er kam nur zehn Tage vor dem errechneten Termin zur Welt, kurz nachdem wir das Autorennen gesehen hatten, bei dem die Formel-1-Legende Ayrton Senna tödlich verunglückte. Er gehörte zu unserem Freundeskreis, und ich bewunderte, was er in seinem Land für bedürftige Kinder tat. Und so bekam unser Sohn Raoulino ihm zu Ehren