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Im Licht der Merkur-Sonne

Im Licht der Merkur-Sonne

Titel: Im Licht der Merkur-Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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Reflexion hingelangten. Die Schatten waren daher eisig kalt und kohlenschwarz, so heiß und strahlend die Sonne auch sein mochte.
    Lucky wurde sich dieser Schatten immer mehr bewußt. Zuerst, ehe die Sonne am Horizont aufgetaucht war, hatte der Boden vor ihm beinahe nur aus Schattenflächen bestanden, und nur gelegentlich hatte es beleuchtete Stellen darin gegeben. Jetzt stieg die Sonne höher und höher, und das Licht breitete sich aus, so daß nur mehr hinter einzelnen Felsbrocken Schattenflächen verblieben.
    Einmal duckte sich Lucky bewußt im Schatten einer etwa hundert Meter langen Felszunge, und eine Minute lang war ihm, als wäre er wieder auf der dunklen Hälfte des Merkur. Die Hitze der Sonne, die er kaum bemerkt hatte, als sie auf ihn herunterbrannte, wurde ihm erst jetzt im Schatten durch ihr Fehlen bewußt. Rings um den Schattenfleck schimmerte der Boden grell im Licht der Sonne, aber im Innern des Schattens mußte er seinen Helmscheinwerfer einschalten, um seine Schritte lenken zu können.
    Ihm fiel der Unterschied zwischen Flächen, die im Schatten lagen und solchen in der Sonne auf. Auf der Sonnenseite nämlich hatte Merkur eine Art Atmosphäre. Nicht eine Atmosphäre im Sinne der Erde, nicht Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxyd oder Wasserdampf, nichts dergleichen. Aber auf der Sonnenseite kam an manchen Stellen Quecksilber zum Kochen; Schwefel war hier eine Flüssigkeit und ebenso eine ganze Anzahl anderer Elemente. Dampfspuren dieser Substanzen blieben an der überhitzten Oberfläche des Merkur hängen, und diese Dämpfe gefroren in den Schatten.
    Das wurde Lucky eindrucksvoll ins Bewußtsein gerufen, als er mit der behandschuhten Hand über die dunkle Oberfläche eines Felsens strich und plötzlich am Finger einen »Rauhreif« von Quecksilber sah, der im Schein seiner Helmlampe glitzerte. Als er in die Sonne hinaustrat, schmolz der Reif schnell und verdampfte dann.
    Langsam schien die Sonne heißer zu werden. Das machte Lucky keine Sorgen. Selbst wenn es noch heißer werden sollte, hatte er immer die Möglichkeit, sich in eine Schattenpartie zurückzuziehen und, wenn nötig, sich dort abzukühlen.
    Die kurzwellige Strahlung bildete vermutlich eine größere Gefahr. Lucky bezweifelte jedoch, daß das in der kurzen Zeit etwas ausmachen konnte. Leute, die ständig auf dem Merkur arbeiteten, fürchten die Strahlung. Lucky erinnerte sich, wie Mindes betont hatte, daß der Saboteur, den er gesehen hatte, in der Sonne stehengeblieben wäre.
    Es war ganz natürlich, daß Mindes sich darüber wunderte. Wenn man praktisch dauernd der Strahlung ausgesetzt war, war es sträflicher Leichtsinn, diese Zeit noch freiwillig zu verlängern. Was Lucky dagegen betraf, so würde er der Strahlung ja nur kurz ausgesetzt sein – so hoffte er wenigstens.
    Er rannte über schwärzliche Bodenpartien, die sich düster von dem sonst rötlichen Boden des Merkur abhoben. Dieses rötliche Grau war ihm vertraut, denn es glich dem Boden des Mars, einem Gemisch aus Silikat und Eisenoxyd, von dem die rote Farbtönung herrührte.
    Eigenartig war das Schwarz. An diesen Stellen war der Boden auch entschieden heißer, da das Schwarz einen größeren Teil der Sonnenhitze absorbierte.
    Er beugte sich beim Laufen vor und sah, daß die schwarzen Stellen eher krümelig als kiesig waren. Er sah genauer hin. Es mochte Graphit sein, aber ebenso gut auch Eisen- oder Kupfersulfid. Genau ließ sich das jetzt natürlich nicht sagen, aber er persönlich wäre jede Wette eingegangen, daß es sich um reines Eisensulfid handelte.
    Er blieb schließlich im Schatten eines Felsens stehen und überlegte. Er schätzte, daß er in eineinhalb Stunden etwa fünfzehn Meilen zurückgelegt hatte.
    Irgendwo links von ihm mußten die Kabel von Mindes' Projekt Licht liegen. Sie bedeckten Hunderte von Quadratmeilen, und es wäre verrückt gewesen, ziellos dazwischen herumzuwandern, um einen Saboteur zu suchen.
    Mindes hatte das versucht und – wie nicht anders zu erwarten – keinen Erfolg gehabt. Wenn das, was der Ingenieur gesehen hatte, wirklich der Saboteur gewesen war, dann bestand natürlich die Möglichkeit, daß man den Betreffenden von der Kuppel aus gewarnt hatte. Mindes hatte aus der Tatsache, daß er zur Sonnenseite hinausfahren wollte, kein Geheimnis gemacht.
    Lucky dagegen schon. Er hoffte, daß der Saboteur diesmal keine Warnung erhalten hatte.
    Und er hatte gegenüber Mindes auch einen kleinen Vorteil. Er nahm das kleine Ergometer aus der Tasche und

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