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Im Licht der Merkur-Sonne

Im Licht der Merkur-Sonne

Titel: Im Licht der Merkur-Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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konnte, wobei der dritte dann von der Erde erzeugt wurde.
    Auch die Erde fand er ohne Schwierigkeiten. Sie stand ganz nahe am Horizont und wirkte im Vergleich zur strahlenden Venus beinahe blaß. Ihre fernere Sonne erleuchtete sie weniger hell; sie hatte weniger Wolken und reflektierte daher weniger Licht. Außerdem war sie zweimal so weit vom Merkur entfernt wie die Venus.
    Und doch war sie in einer Hinsicht unvergleichlich interessanter. Wo das Licht der Venus ein klares Weiß war, war das der Erde ein schimmerndes Blaugrün.
    Und noch mehr als das: Ganz in der Nähe des Planeten, beinahe am Horizont, das kleinere gelbe Licht des Erdmonds. Zusammen bildeten Erde und Mond ein unverkennbares Bild am Himmel der anderen Planeten innerhalb der Jupiterbahn. Ein Doppelplanet, der majestätisch über den Himmel zog, wobei der kleinere den größeren langsam umkreiste.
    Lucky mußte sich zwingen, den Blick abzuwenden. Sein Beruf führte ihn häufig auf Reisen ins All, aber das machte ihm die Erde nur noch wertvoller. All die Billionen menschlicher Wesen in der ganzen Galaxis hatten ihren Ursprung auf der Erde gehabt. Während des größten Teils der menschlichen Geschichte war die Erde seine einzige Heimat gewesen. Welcher Mensch konnte diesen winzigen Lichtfleck ohne innere Regungen ansehen?
    Lucky riß sich los. Er schüttelte den Kopf. Er hatte zu arbeiten.
    Er strebte zielbewußt auf die Korona zu und hastete in langen Sprüngen, wie man sie sich in niedriger Schwerkraft schnell angewöhnt, dahin. Er hatte dabei seine Helmlampe eingeschaltet und den Blick auf den Boden gerichtet, um Unebenheiten rechtzeitig ausweichen zu können.
    Er hatte eine Vorstellung von dem, was er suchte, aber das war nichts anderes als eine Theorie. Lucky redete nicht gern über solche Theorien, solange keine erwiesenen Tatsachen dahintersteckten.
    Es gab so viele Theorien, denen er nachgehen mußte. Zuerst war da Mindes selbst, nervös, unsicher und labil. Es war noch nicht geklärt worden, inwieweit sein Angriff auf Lucky auf einen augenblicklichen Anfall von Geistesgestörtheit zurückzuführen war oder inwieweit das eine planmäßige Handlung gewesen war. Und dann war da Gardoma, Mindes' Freund. War er ein Idealist, der sich ganz dem Traum von Projekt Licht hingab, oder entsprang seine Zuneigung für Mindes praktischen Gründen? Und worin bestanden diese?
    Erskine selbst war der eigentliche Brennpunkt. Sein Ziel war es, dem Rat der Wissenschaften zu schaden, und sein Angriff galt in erster Linie Mindes. Und doch beschwor er durch seine Arroganz überall Haß herauf. Mindes haßte ihn natürlich und Gardoma auch. Dr. Peverale hatte sich geweigert, mit Lucky auch nur über Erskine zu sprechen.
    Bei dem Bankett hatte es auch den Anschein gehabt, als würde Cook es bewußt vermeiden, mit Erskine zu sprechen, ja überhaupt den Mann anzusehen. Lag das einfach daran, daß Cook sich nicht auf ein Duell mit Erskines spitzer Zunge einlassen wollte, oder gab es andere Gründe?
    Cook hatte auch keine besonders hohe Meinung von Peverale. Er schämte sich für die an Verfolgungswahn grenzende Angst des Älteren vor den Sirianern.
    Und dann war noch eine Frage, die bis jetzt keine Lösung gefunden hatte. Wer hatte den Isolieranzug aufgeschlitzt?
    Das Terrain stieg jetzt etwas an, und Lucky war so in seine Gedanken versunken, daß er nicht auf den Anblick vorbereitet war, der sich ihm jetzt bot.
    Der oberste Rand der Sonne hatte sich über den schroffen Horizont gehoben, und die Protuberanzen waren sichtbar. In ihrer strahlenden Röte boten sie einen Anblick unglaublicher Schönheit. Die flammenden Zungen schienen aus den Konturen des Merkur selbst hervorzuwachsen, gleichsam, als stünde der Horizont des Planeten in Flammen oder als wäre plötzlich ein riesiger Vulkan ausgebrochen.
    Und doch waren diese Protuberanzen unvergleichbar größer als irgend etwas, das der Merkur hervorbringen konnte. Die eine Flammenzunge, die Lucky gerade beobachtete, war groß genug, um hundert Planeten von der Größe der Erde oder fünftausend von der Größe des Merkur zu verschlingen.
    Lucky schaltete seine Helmlampe aus.
    Die dem Lichtschein am Himmel zugewandten Felsflächen waren in rötliches Licht gehüllt, während alle anderen schwarz wie Kohle waren. Der »rote Geist der Sonne«, dachte Lucky, ein treffender Ausdruck für dieses erhabene Naturschauspiel!
    Lucky schaltete seine Helmlampe wieder ein und ging weiter, auf die Protuberanzen zu, weiter auf den Horizont

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