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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Bewegung setzten.
    Die Felsbrocken waren schroff, weniger als einen Meter hoch, schwache Steingravuren waren darauf zu erkennen. Sie unterschieden sich nicht sonderlich von anderen Gesteinsbrocken, die sie heute gesehen hatten. Doch dann fielen Mutter und Tochter neben den Felsbrocken auf die Knie und begannen das Gras beseitezuzerren, das die Stätte teilweise verdeckte.
    Ardjani kehrte zur Gruppe zurück. »Lilian hat die Steine ihres Vaters und Großvaters gefunden –
mahmah-
Steine. Diese Steine sind etwas ganz Besonderes, Reines, Grundlage der Schöpfung, der Natur, der Erde und dem, was darauf wächst. Darin wohnen ihre Geister.« Nach ein paar Minuten ging Ardjani zu den Fahrzeugen, und alle folgten ihm schweigend und ließen die beiden Frauen an dem heiligen Ort allein.
    Beth verteilte Trinkwasser und Becher und durchbrach damit die andächtige Stille, die sich über die Gruppe gesenkt hatte.
    »Wir holen die beiden später ab«, sagte Ardjani.
    »Wir müssen aufbrechen, wenn sie uns die
wandjina
zeigen sollen«, wandte sich Beth an die Gruppe. »Sie halten sich nach Sonnenuntergang nur ungern an den heiligen Stätten auf.«
     
    Es war ein beschwerlicher Aufstieg in sengender Hitze, der durch gewaltige rote Sandsteinblöcke führte. Alistair legte regelmäßig Pausen ein, ruhte sich auf einem Felsblock aus und rieb sich die schmerzenden Knie. Susan setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen und versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Mick, das Gesicht schweißnass, reichte ihr einen kräftigen Ast, den er als Wanderstecken benutzte. »Nimm den hier, ich besorge mir einen anderen.«
    Nach einer Weile gelangten sie in ein kleines Amphitheater aus großen Felsbrocken, manche so hoch wie ein zweistöckiges Gebäude, und inmitten dieser Blöcke entdeckten sie niedrige Felsüberhänge und vorstehende, überwölbte Gesimse, die kühl und einladend aussahen.
    Sie gingen näher heran, doch dann blieb Ardjani plötzlich stehen und hob wieder die Hand, um den hinter ihm Gehenden zu bedeuten, dass sie warten sollten. Dieses Mal klang sein Sprechgesang mehr wie ein Lied denn wie ein Ruf, die melodischen Töne hallten von der Felswand wider. Er sang zu seinen Ahnen. Und er erzählte ihnen von den Menschen, die er hierhergebracht hatte, die ihre Geschichten erfahren und verstehen wollten, ihre Macht und ihr Wissen.
    Ardjani hielt einen Augenblick inne und wandte sich an die Gruppe, die sich hinter ihm drängte. »Die Ahnen sind einverstanden. Wir können hineingehen.«
    Niemand dachte mehr an seinen schwitzenden, schmerzenden Körper. Aufregung und Erwartung waren beinahe greifbar. Das war es, weswegen sie hergekommen waren. Vor dem größten Felsdach, unter dem es aussah wie in einer Höhle, wandte sich Ardjani zu seinen Söhnen um und sagte streng: »Josh, Luke, ihr bleibt hier. Bis nach eurer Initiation ist dieser Ort mit seinen Bildern für euch tabu.« Die Jungen, deren Ausgelassenheit einen Dämpfer erhielt, kauerten sich mit angezogenen Knien unter einen schattigen Felsvorsprung und ließen ihren Vater nicht aus den Augen. Sie wussten, dass das hier ein machtvoller Ort war, und rückten dicht zusammen.
    Die Gruppe trottete hinter Ardjani her, stieg über Geröll hinweg und betrat schließlich die Höhle. Die
wandjina,
überlebensgroße stumme Figuren ohne Mund mit ihren Heiligenscheinen aus Wolken und Blitzen, blickten auf die Ansammlung schwarzer und weißer Australier vor ihnen hinab, die zurückstarrten.
    Als sie näher traten, wurde die Energie, die dieser Ort verströmte, intensiver, und die Figuren schienen immer weniger Gemälde zu sein, sondern vielmehr mit der Textur des Steins zu verschmelzen.
    »Jetzt verstehe ich, was damit gemeint ist, wenn es heißt, diese Geister wären in die Felsoberfläche gepresst«, flüsterte Susan Alan zu.
    »Das liegt an dem Pigment, das zum Teil in den Stein eingebracht wird und aushärtet, wie eine Art Glasur. Vieles von der alten Kunst ist verschwunden, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie nicht vorhanden war. Die Archäologen finden noch immer Ocker und Fragmente von bemalten Felsen, die sechzigtausend Jahre alt sind.«
    »Ist das weißer Ocker, der den Hintergrund dieser Malereien bildet?«, fragte Veronica.
    »Manchmal haben sie eine weiße Kreide verwendet, ansonsten Kalzit, Selenit, Gips und ein seltenes Mineral, das man hier oben gefunden hat: Huntit.«
    »Ich möchte mir lieber nicht den Unmut eines dieser Geister zuziehen«, flüsterte Mick Alistair zu.

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