Im Licht der roten Erde
hier.«
»Ich wusste, dass sie kommt. Ich weiß solche Dinge.« Ardjani tippte sich an den Kopf und machte ein geheimnisvolles Gesicht.
Beth richtete sich auf. »Das verlangt nach einer ernsthaften Besprechung morgen früh. Hast du eine Kopie des Vertrages dabei, den du unterschreiben sollst, Lucky? Ardjani, gibt es eine Kopie von den unterschriebenen Papieren?« Beth wirkte entmutigt. »Es ist besser, wenn die Juristen einen Blick darauf werfen.«
»Wir sind
law men,
Beth.«
»Das Gesetz der Weißen kann ziemlich kniffelig sein, Ardjani, und es ist für die Barradja oder die Aborigines im Allgemeinen nicht von Vorteil.« Beth warf Mick und Alistair einen Blick zu. »Das soll keine Beleidigung sein, aber …«
Ardjani hob eine Hand. »Wir werden eine Versammlung einberufen. Morgen.« Er stand auf, Digger und Rusty folgten seinem Beispiel. Lucky dagegen streckte die Beine aus und wandte sich an Veronica. »Bei welchem Sender bist du? Bei der ABC ? Wirst du dich mit Lucky im Radio unterhalten?«
Während der nächsten Stunde unterhielt Lucky alle mit Geschichten von seinen Leuten, seiner Kunst, seinen Reisen, seiner Sicht des weißen Volkes, für das er aufrichtiges Mitleid empfand. »Sie machen alles falsch. Sind zu gierig. Wollen alles sofort haben. Haben zu große Häuser, arbeiten zu viel, gehen zu schnell, sehen nichts.«
Als Barwon und er schließlich aufbrachen, um zu Ardjanis Lager hinüberzugehen, sagte Mick: »Ich denke, Ardjani und die anderen haben ein Problem mit dieser Amerikanerin. Sie hat sich bereits die Filmrechte von den Barradja gesichert und Gott weiß, was sonst noch alles, und jetzt will sie offenbar sämtliche Werke der Künstler aus Bungarra kaufen. Hab ich das richtig verstanden?« Er blickte fragend in die Runde.
»Das ist so in etwa das Fazit, Mick«, bekräftigte Alistair.
»Betrachtet das mal aus der Perspektive der Aborigines«, sagte Beth. »Abgesehen von den Weißen, die ihre Kunst kaufen wollen, klopft nicht oft jemand an ihre Tür und bietet ihnen Hilfe bei der Rettung ihres Kulturguts an. Ich bin dieser Frau kurz begegnet, als sie das erste Mal hierhergekommen ist, und ich habe sie für ein wenig exzentrisch, aber harmlos gehalten. Mit Sicherheit aber hat sie keinerlei Andeutungen gemacht, dass sie vorhat, mit den Ältesten in Verhandlungen zu treten.«
»Hoffentlich können wir ihnen die Problematik während der Sitzung klarmachen – morgen früh unter einem Baum«, sagte Mick. »Ich schlage vor, gleich nach dem Frühstück, Beth, falls das unseren Klienten genehm ist.«
Beth verkniff sich ein Lächeln, als der Richter von »unseren Klienten« sprach. Das hätte Ardjani gefallen.
Susan lag im Schlafsack in ihrem Zelt und blickte aus dem kleinen Fenster. Es war wundervoll, so einzuschlafen, den funkelnden Sternenhimmel zu betrachten, der so dicht, so wachsam über ihr hing.
Sie schloss die Augen, und die Bilder der
wandjina
zogen an ihr vorbei und gemahnten sie an das Alter, das Geheimnis und die Kraft der Landschaft um sie herum.
In den frühen Morgenstunden wurde sie wach. Sie setzte sich in ihrem Feldbett auf und tastete nach ihrer Taschenlampe. Da war er wieder, der Schrei, ein langgezogenes, schwermütiges Jaulen. Und noch einmal. Zwei Stimmen heulten den Mond an. Susan schauderte. Aus dem Zelt neben ihr drang Veronicas erschrockener Ausruf: »Mein Gott, was ist denn das?«
Susan öffnete den Reißverschluss des Fliegengitters, krabbelte aus dem Zelt und spähte Richtung Feuer, woher das Geheul zu kommen schien.
Dort, in der Mitte des stillen Lagers, saßen zwei Dingos, das Mondlicht schien auf ihr rostrotes Fell. Sie hatten die Schnauzen hoch in den nächtlichen Himmel gereckt und stießen ihr wiederkehrendes Jaulen aus.
»Ist schon in Ordnung, es sind Dingos«, flüsterte Susan. »Zwei, direkt hier, in unserem Lager.«
»Was um alles in der Welt tun sie hier?«
»Scheinbar stimmen sie eine Art … Gesang an.« Dann fiel Susan etwas ein. »Lilian hat mir erzählt, dass der Dingo das Traumzeittotem ihres Vaters und Großvaters war, und wenn sie heute da waren, würden sie zu ihr kommen.«
»Geh zurück ins Zelt, Susan«, sagte Veronica.
Susan legte sich wieder hin. Keiner von den anderen hatte sich gerührt, wenngleich die Dingos sie alle geweckt haben mussten. Sie hatte keine Angst. Im Grunde fühlte sie sich sogar auf eine seltsame Art und Weise getröstet. Als sie wieder einschlief, fragte sie sich noch, welche Nachricht die Geister ihrer
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