Im Licht der roten Erde
Lucky.
Beth legte das Würstchen auf ihren Teller. »Kekse gibt’s später zum Tee. Lucky, erzähl Alan doch bitte, was du gerade Ardjani erzählt hast.«
Lucky rieb die Handflächen gegeneinander. Er hatte ein Publikum und eine Geschichte zu erzählen, und er genoss jede Sekunde. Nach langen Umschweifen stellte sich heraus, dass er in Bungarra Besuch gehabt hatte. »Eine amerikanische Dame. Vielleicht Ardjanis Freundin«, witzelte er. »Fesche Lady, aber …«, er hob einen Finger, »dürr, schlechte Augen, Dingo-Augen. Lucky gefällt sie nicht, nicht wie diese beiden hübschen Mädels hier.« Er tippte Veronica und Susan an. »Diese Lady ist schon mal aufgekreuzt. Jetzt ist sie wieder da. Sie sagt, sie kauft all unsere Bilder und nimmt sie mit nach Amerika. Sie hat einen Vertrag, dass sie uns viel Geld bezahlt, und sie sagt, die Bungarra-Leute sollen unterschreiben, so wie Ardjani und die Ältesten den Vertrag mit ihr unterschrieben haben.«
Alan legte Messer und Gabel nieder. »Warte mal, Lucky. Was sagst du da?«
Lucky schlug sich aufs Knie. »Na also, ich hab Queenie gesagt, Alan wird wütend sein. Er wird toben, wenn er von dieser Lady erfährt. Queenie ist da drüben bei Lilian und den anderen Frauen. Sie erzählt ihnen die Geschichte. Anschließend beraten wir uns und entscheiden, ob wir diesen Vertrag unterschreiben.«
Beth sah Ardjani an, dessen Gesicht ausdruckslos blieb. Er lächelte nicht. »Vielleicht solltest du Alan erzählen, was Rowena sagt.«
»Wer ist Rowena?«, fragte Mick.
»Eine Amerikanerin, die vor achtzehn Monaten eine von Ardjanis Ausstellungen in L.A. besucht hat. Sie hat ihn kennengelernt und ist von den Aborigines in Bann geschlagen worden, von ihrer Kunst, der Mystik.« Beth warf Ardjani einen Seitenblick zu. »Sie war verzaubert von Ardjanis Geschichten, Geschichten, die sie in ihrer Vorstellung dahingehend aufbauschte, dass in der Kimberley das New Age oder etwas Ähnliches angebrochen sei. Also ist sie in den nächsten Flieger gesprungen und hergekommen.«
»Sie ist reich, ihr Vater ist ein großer Mann in Hollywood. Macht Filme. Sie will einen Film über die Barradja drehen. Unsere Geschichten erzählen«, erklärte Ardjani.
»Ach du lieber Himmel.« Alan verdrehte die Augen.
»Sie hat hier herumgelungert und ist Ardjani auf Schritt und Tritt gefolgt, bis die Regenzeit kam und die Barradja nach Marrenjowan zogen«, erläuterte Beth. »Dann ist sie nach L.A. zurückgekehrt. Ende des Abenteuers, zumindest dachten wir das. Und jetzt kommt sie wieder her, ist schon in Bungarra.«
»Was hat sie dir erzählt, Lucky?«, erkundigte sich Alistair.
»Sie sagt, Ardjani und die Ältesten haben schon Verträge unterschrieben, also ist es in Ordnung, wenn wir das ebenfalls tun.« Lucky schüttelte übertrieben den Kopf. »Nein, hab ich gesagt. Auf keinen Fall. Nicht bevor wir mit Ardjani gesprochen haben.«
»Klingt, als bestünde Anlass zur Sorge«, sagte Mick. »Was hast du unterschrieben, Ardjani?«
»Als sie das erste Mal hergekommen ist, haben wir geredet. Diese Jungs hier«, er deutete auf Rusty und Digger, »waren auch dabei. Sie hat gesagt, sie will einen Film über uns drehen. Die Zeremonien aufnehmen und viele andere Dinge, damit wir sie bewahren und später den jungen Leuten vorführen können. Sonst würden manche Tänze oder Lieder eines Tages womöglich in Vergessenheit geraten, wenn die Alten sie nicht weitergeben können. Schließlich leben die jungen Barradja überall verstreut und schaffen es nicht mehr, so weit zu reisen. Wir drehen diesen Film, um den Jungen und Mädchen unser Wissen zu vermitteln. Und dann macht sie noch einen anderen Film über uns, um der Welt von unserem Geschenk, unserer Gabe zu erzählen. Sie sagt, wir sollten unser Wissen mit den Weißen teilen. Dieser Film sei eine gute Möglichkeit, ihnen unser Land, unser Volk, unsere Kultur zu zeigen.«
»Die Idee ist nicht schlecht«, stimmte Mick zu. »Aber gibt es nicht jede Menge australische Filmemacher, die das tun könnten, womöglich sogar besser?«
»Ich würde diesen Vertrag gern einmal sehen«, sagte Alistair und schlüpfte wieder in seine Rolle als Kronanwalt. »Es gibt da einige offene Fragen.«
»Allerdings«, bestätigte Alan knapp. »Wusstest du, dass sie nach Bungarra kommt?«
Lucky hielt kapitulierend die Hand hoch und wehrte so Alans zunehmenden Zorn ab. »Boss. Ich hab’s richtig gemacht, Boss. Ich hab gesagt: Warte, wir reden erst mit Ardjani und Alan und den Leuten
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