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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Linienführung. Es handelt sich um tanzende Geister oder so was in der Art. Ziemlich klein – nur fünfundzwanzig bis dreißig Zentimeter hoch – im Vergleich zu den riesigen
wandjina,
die wir gerade gesehen haben. Die Barradja nennen die Bradshaws
gwion gwion.
«
    »Sie sind ein wenig umstritten, nicht wahr?«, bemerkte Frank Ward.
    »Ja«, bekräftigte Len Steele. »Manche Leute behaupten, sie seien nicht von den hiesigen Aborigines gefertigt worden, sondern von einer früheren Rasse, die hier lebte.« Dann, als wäre ihm der Gedanke plötzlich durch den Kopf geschossen, leuchteten seine Augen auf. »Wenn das der Fall ist, ist der
land claim
der Barradja auf dieses Stück Land null und nichtig, hab ich recht?«
    Frank runzelte die Stirn und wünschte, Len hätte sich nicht so direkt vor ihren Gästen geäußert, die begierig auf das nächste Abenteuer waren. Es war Zeit, das Thema zu beenden. »Schätze, da hast du nicht ganz unrecht. Darüber sollten wir uns bei unserem morgigen Treffen unterhalten, nicht wahr?«
    »Können wir jetzt endlich losfahren?«, fragte einer der Deutschen.
    »Wir dürfen doch Fotos machen, oder?«, erkundigte sich eine der Frauen.
    Rowena machte eine lässige Handbewegung. »Warum nicht? Sie sind ja bereits in einem Buch dokumentiert.«
    Hunter blieb im Schatten eines kleinen Baumes stehen, der aus einem Felsen wuchs. »Ich bleibe hier, wenn Sie nichts dagegen haben. Len kann Sie hinbringen.« Er fügte nicht hinzu, dass er Zweifel hegte, ob das, was Rowena da tat, richtig war. Er wusste, dass dort Zeremonien abgehalten wurden, um die Ahnengeister zu besänftigen, denen an solchen Orten Achtung entgegengebracht werden sollte.
    Träge beobachtete er einen der Fotografen, der etwas aus seinem Rucksack nahm und es dem anderen reichte, während sie der Gruppe in einigem Abstand folgten. Er dachte an den Piloten, der jetzt am Pool des Farmhauses saß, und wünschte, er wäre ebenfalls dort.
     
    Rowena trat triumphierend zurück, als Ausrufe überraschter Bewunderung die Höhle erfüllten. Die Touristen betrachteten eingehend die kleinen Zeichnungen, die anders waren als alles, was sie bisher gesehen hatten.
    Die silhouettenhaften, Strichmännchen ähnelnden Figuren tanzten über die Felswand, verblasst wegen ihres Alters und dennoch voller wunderbarer Energie. Sie trugen aufwendigen Kopfschmuck und seltsame kleine Lendenschurze, von ihren Ellbogen hingen Quasten. Manche hatten Speere und eine Wurfwaffe bei sich, ähnlich einem Bumerang.
    »Kunst so alt wie die Eiszeit, ist das nicht großartig?«, sagte Rowena leichthin, um zu verbergen, was für einen gewaltigen Eindruck die Bilder auch auf sie machten. Diese kleinen Malereien waren so lebendig, so bewegend, und sie berührten etwas in ihr – dieser uralte Stamm gemalter Figürchen, der den Anspruch erhob, einen der ältesten Hinweise auf die menschliche Besiedlung des Planeten zu liefern. Sie berührten sie, wie nichts anderes in der Kimberley sie berührt hatte. Und sie ließen sie ihre Ängste umso schmerzvoller spüren.
     
    Die Besucher betrachteten die Malereien und diskutierten darüber, was sie womöglich darstellten. Die Fotografen schienen fasziniert und machten zahlreiche Schnappschüsse. Als sie sich widerstrebend losrissen, um den Heimweg anzutreten, hatte Rowena den Eindruck, die Europäer wären noch aufgeregter als zuvor. Im Wagen blickte sie sich noch einmal zu der Höhle um, in der die uralten Figuren auf ihren Felsen tanzten, dann starrte sie auf das zerklüftete Terrain, das so viele Geheimnisse barg.
     
    Zwei Tage später brachen die Europäer zu einem Tagesausflug nach Bungarra auf. Dieser Umschlagplatz für Kunst mit Malern wie Freddy Timms, Hector Jandany und Jack Britten war für die Touristen ein Riesen-Highlight. Alan, der sich Rustys Pritschenwagen ausgeliehen hatte und von Marrenyikka rüber in die Künstlerkolonie gefahren war, begrüßte Rowena ein wenig förmlich. Obwohl sie ein geschäftliches Abkommen hatten, war er nicht begeistert von der Art und Weise, auf die sie versuchte, sich die Künstler zu schnappen und unter Vertrag zu stellen. Dadurch, dass er einen Handel mit ihr eingegangen war, konnte er zumindest sicherstellen, dass angemessene Preise bezahlt wurden und Judy, Max und er ihre übliche Kommission erhielten. Er hielt sich im Hintergrund und hörte zu, wie Rowena mit den Besuchern sprach.
    »Hier hat die berühmte Florence Namurra gearbeitet, die alte Dame aus dem Outback. Ihre Kunst ist

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