Im Licht der roten Erde
knuffte ihn in die Seite, damit er den Mund hielt.
»Und was machen Sie hier in Australien?«, wandte sich Shareen an Rowena. Die anderen aßen weiter und ließen die beiden Frauen ihr Wortgefecht unter sich austragen.
»Ich drehe hier bloß einen Film.«
»Ich hatte ohnehin vor, Sie zu fragen, ob Sie mit Joseph Singer, dem berühmten Hollywood-Produzenten, verwandt sind«, schaltete sich Rosalie ein in der Hoffnung, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
»Das kann man wohl sagen. Er ist mein Vater. Ich mache eine ganz spezielle Filmreihe, dokumentiere und schütze so die Kultur der Barradja.« Sie wartete auf Shareens Reaktion.
»Da kann ich mir bessere Filme vorstellen. Die sogenannte Kultur ist beinahe ausgestorben, und wer interessiert sich schon dafür? Entschuldigen Sie, Mr. Hunter, aber ich bin mir sicher, Sie stimmen mir zu, da Sie selbst nicht gerade wie ein traditioneller Ureinwohner wirken.«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich Ihnen zustimme, Shareen.« Er nannte sie mit wohlbedachter Selbstverständlichkeit beim Vornamen. »Ich bin sogar ein ziemlich traditioneller Mensch. Nur weil ich mit Messer und Gabel umgehen kann, heißt das nicht, dass ich mein Erbe aufgegeben habe.«
»So meinte ich das nicht«, fing Shareen an, doch Len Steel sprang für sie ein.
»Dann sind Sie also auch für Land- und indigene Eigentumsrechte, Hunter? Sie sollten sich ein wenig mit unserer Perspektive vertraut machen, zumal auch Sie im Tourismusgeschäft mitmischen.«
»Ja, Hunter, es ist schon merkwürdig, wie Leute wie Sie auf einen fahrenden Zug aufspringen, wenn ein Dollar für Sie drin ist«, sagte Giles Jackson mit einem kalten Lächeln. Frank und Rosalie Ward tauschten unglückliche Blicke.
»Das sind wirklich hochsensible Themen«, ließ sich Andrew vernehmen. »Wir müssen einen angemessenen und fairen Umgang damit finden.«
»Das ist absolut richtig«, bekräftigte Shareen. »Ich denke, wir sollten versuchen, die Rechtsanwälte da rauszuhalten, wenn die Sache zu etwas führen soll.«
»Warum setzen wir uns nicht zusammen und unterhalten uns mit sämtlichen Betroffenen? Was auch die Barradja mit einschließt«, schlug Andrew vor. »Das wäre zumindest ein Anfang.«
»Ja, mit wie vielen Aborigines haben Sie schon über die Zukunft gesprochen?«, fragte Hunter.
»Warum sollten wir uns die Mühe machen? Das führt doch zu nichts«, bellte Jackson.
Hunter wandte sich ab. Ihm war klar, dass es nicht möglich sein würde, eine vernünftige Diskussion mit jemandem wie Giles Jackson zu führen, aber Andrew griff seinen Vorschlag auf. »Mein Vater war immer dafür, sich zusammenzusetzen und bei einer Tasse Tee miteinander zu sprechen. Er ist der Überzeugung, ein kleiner Plausch unter einem Baum bewirkt mehr als jedes formelle Zusammentreffen.«
»Es ist alles eine Frage der Kommunikation«, schaltete sich Rowena ein und wandte sich dabei an Shareen. »Warum sprechen Sie nicht mit ihnen, Shareen? Mit den einheimischen Aborigines. Hunter und ich sind auf dem Weg zurück nach Marrenyikka, genau wie Andrew, denke ich.«
»Ja, ich könnte Sie mit rübernehmen und in ein paar Tagen wieder zurückbringen, wenn ich mich auf den Heimflug mache«, bot Andrew ihr an. »Ich bin dazu erzogen worden, unvoreingenommen durchs Leben zu gehen, und ich bin schon gespannt darauf, mich mit diesen Leuten zu unterhalten. Also, was spricht dagegen?«
»Was dagegenspricht, junger Mann, ist, dass diese Leute offenbar einen Plan aushecken, der Ärger bringen wird.« Andrew konnte den Zorn sehen, der sich in Giles Jackson zusammenbraute.
»Und das tun Sie nicht?«, konterte Rowena. »Was ist mit den Minenarbeitern auf Ihrer Station und damit, dass Sie Ihre Lieblingskandidatin hierherbringen?« Giles Jackson warf ihr einen wütenden Blick zu. Er hasste es, von einer Frau Kontra zu bekommen. Und die hier war eine typische aufdringliche Amerikanerin. Doch bevor er zu einer Antwort ansetzen konnte, meldete sich Rosalie zu Wort.
»Ich denke, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist ein sehr guter Vorschlag, Shareen«, sagte sie zu jedermanns Überraschung. »Dann kann Ihnen auch niemand vorwerfen, Sie wären parteiisch.«
Die Gruppe blickte die Möchtegern-Politikerin erwartungsvoll an. Die Ereignisse nahmen eine interessante Wende.
Shareen war verwirrt. »Das war eine Reise zu rein gesellschaftlichen Zwecken, deshalb habe ich auch meinen Berater nicht mitgebracht«, sagte sie. Dann fiel ihr auf, dass das nach einem
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