Im Licht der roten Erde
zu weh getan. Ich war doch nur ein Kind. Wie auch immer, die letzten Jahre habe ich im Northern Territory und in Westaustralien gearbeitet und vor kurzem mein eigenes Geschäft in Darwin eröffnet.«
»Gut gemacht! Ich habe immer gewusst, dass du etwas Besonderes bist, einfach anders.«
Hunter blickte Andrew an und sagte ruhig: »Nein, das bin ich nicht. Ich bin nicht anders als andere Aborigines. Alles hängt davon ab, welche Chancen man bekommt. Im Innern fühle ich mich immer noch so wie damals, als ich barfuß in Yandoo rumgelaufen bin.«
Andrew streckte die Hand aus und legte sie auf Hunters Arm. »Hunter, du musst zurückkommen. Es stimmt nicht, dass deine Familie fortgegangen ist … sie lebt noch dort. Außer … es tut mir leid, Hunter …, außer deinem Vater. Er ist vor ein paar Jahren gestorben. Aber deine Mutter und deine Schwester, der Rest der Gemeinschaft, sie sind noch da. Und Yandoo ist noch genau so, wie es immer war.«
Einen Moment lang brachte Hunter kein Wort heraus. Er wurde von Rosalie erlöst, die vorsichtig zwei große Biergläser und eine Flasche auf den Tisch stellte. Als er wieder sprechen konnte, klang seine Stimme rauh. »Dieser Priester hat mir gesagt … er hat mich in sein Büro geführt und mir gesagt … ›Geh niemals wieder dorthin zurück‹ … dieser Scheißkerl …« Ihm versagte die Stimme.
Als er seine Fassung wiedererlangt hatte, erkundigte er sich nach seiner Familie in Yandoo. Andrew wusste nur wenige Einzelheiten, aber er gab sich alle Mühe und schloss mit: »Komm nach Yandoo, sobald du kannst. In der Zwischenzeit rufen wir an und holen deine Mutter ans Telefon.«
Er reichte seinem alten Freund ein Bier und nahm ein paar Schlucke aus seinem eigenen Glas. Schließlich bat Hunter: »So, jetzt erzähl mir von deinem Leben. Bist du verheiratet?«
»Nein. Aber ich habe eine junge Frau kennengelernt, die mich interessiert, obwohl ich nicht weiß, ob sie überhaupt auf dem Land leben kann oder möchte. Ich bin hergekommen, um mich mit ihr zu treffen. Wie steht’s mit dir?«
»Frei und ungebunden, obwohl es viele Gelegenheiten gibt, wenn ich die Mädels durch den Busch kutschiere und den Macho-Reiseführer spiele.« Andrew lachte, und Hunter fügte ernster hinzu: »Es gibt da ein Mädchen an der Klinik von Darwin, das mir recht gut gefällt. Sie ist zur Hälfte Worora. Ich würde ihr gern mal wieder einen Besuch abstatten.«
Die Männer füllten ihre Gläser nach und bahnten sich langsam einen Weg zurück zu ihren Kindheitserinnerungen. Als die Steeles und Jacksons eintrafen, waren sie völlig ins Gespräch vertieft.
Rowena war von Rosalie über die Wiederbegegnung informiert worden. Jetzt erschien sie mit ordentlich gekämmtem nassem Haar und in einem khakifarbenen Baumwollkleid. Andrew stand auf.
»Hallo, Andrew«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Ich bin Rowena Singer. Ich habe Hunter in Darwin angeheuert, und es macht mich glücklich, dass ich es war, die euch auf diese Weise zusammengebracht hat. Das ist ja ein Ding! Da kennt ihr zwei euch! Also, was steckt dahinter?«
Andrew nahm ihre Hand und machte einen Schritt zurück, so dicht war sie an ihn herangetreten, wobei sie ihn unverwandt mit ihrem durchdringenden Blick anstarrte. »Nun, ja. Das ist großartig. Was für ein Zufall.«
Zu Andrews Erleichterung trafen neue Gäste ein, so dass sie die Veranda verließen. Len und Dawn Steele stellten den Wards eine kleine, dunkelhaarige Frau vor. Die Steeles nickten Hunter zu und reichten Andrew und Rowena die Hand, dann deutete Len auf die Frau neben ihnen. »Shareen Beckridge. Sie kandidiert bei der nächsten Wahl für einen Abgeordnetensitz im Repräsentantenhaus und möchte sich gern ein Bild von der Situation hier draußen verschaffen.«
»Sehr erfreut.« Shareen drückte Andrew fest die Hand und schüttelte kurz die von Hunter und Rowena. Die beiden Frauen musterten einander. Rowena überragte die andere, die allerdings nicht im Mindesten beeindruckt wirkte. Auf Andrew machte sie den Eindruck, als hätte sie das forsche Selbstvertrauen eines kampflustigen kleinen Hundes. Shareen trug weiße Sandalen, einen knielangen Rock, der dünne, formlose Beine enthüllte, und eine schwarz-weiß getupfte lockere Bluse, die ihren runden, vollbusigen Körper nicht verbarg. Wie um sich größer zu machen, hatte sie ihr schwarzes Haar zu einem Bienenkorb aufgetürmt und trug dazu auffällige Sonnenblumenohrringe. Ihre Stimme war tief, und sie sprach mit dem
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