Im Licht der roten Erde
Gesetz, unseren Glauben lernen und daraus Nutzen für sich selbst ziehen.« Er sprach, als hätte er schon lange Zeit darüber nachgedacht. »Wir würden das unsere ›Buschuniversität‹ nennen. Das ist der andere Plan, über den ich mit euch reden wollte.« Er blickte die Gruppe an. »Wenn wir alten Leute sterben und es für unsere Kultur keine Möglichkeit gibt zu überleben, dann bedeutet das für unsere Kinder das Ende unserer Geschichte.«
»Eine Buschuniversität! Was für eine großartige Idee«, sagte Susan. »Und ganz und gar nicht unmöglich. Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, das Geld für das Land durch private Förderung aufzubringen?«
Beth blickte Alistair an. »Eine Stiftung. Ist das möglich?«
»Ja, zum Teufel, das ist es«, erwiderte Mick. »Wenn wir genügend Leute auftreiben, die fünf Riesen lockermachen, können wir es kaufen. Jackson ist verzweifelt – also wie viel werden wir brauchen, damit er dem Kauf zustimmt? Vielleicht können wir die Kirchen mit an Bord holen. Und eine Kunstinstitution, außerdem Unternehmen, die bereit sind, ihren Anteil zum Versöhnungsprozess beizutragen.«
»Aber die Barradja wären Eigentümer und Hüter dieses Ortes«, fügte Ardjani hinzu.
Alistair hob abwehrend die Hand. »Augenblick, Augenblick, noch sind wir nicht so weit. Doch das scheint mir definitiv eine Lösung zu sein. Unter uns: Ich glaube schon, dass wir den Plan umsetzen könnten.«
»Es wäre schneller und weniger umständlich, als auf den
native title
zu warten«, sagte Mick.
»Was würde euer Plan tatsächlich bewirken, Ardjani?«, fragte Veronica. »Ich verstehe noch nicht ganz, worauf ihr hinauswollt.«
»Die Menschen besuchen während der Trockenzeit ein paar Wochen lang die Buschuniversität, leben bei uns, teilen mit uns, lernen mit uns. So wie ihr.«
»Buschuniversität«, wiederholte Susan begeistert und warf Andrew ein breites Lächeln zu. »Da schreibe ich mich gleich fürs nächste Jahr ein.«
»Das ist eine wundervolle Idee«, sagte Beth, die sich über Susans Enthusiasmus freute. »Die Barradja sprechen bereits seit einiger Zeit davon, aber es ist unmöglich, so etwas in Marrenyikka aufzuziehen. Schon wenn alle Barradja hier versammelt sind, wird der Platz knapp.«
Ernst und voller Bescheidenheit sagte Ardjani: »Wir Barradja hoffen, ihr könnt uns helfen, diesen Plan zu verwirklichen – eine Buschuniversität einzurichten zum Wohle aller Australier.«
Während sie sich aufs Zubettgehen vorbereiteten, gab es für alle viel Gesprächsstoff. Alistair, Beth und Andrew standen mit dem Rücken zum Feuer und tranken den letzten Tee aus.
»Andrew, es wäre sinnvoll, wenn du Esme und Professor de Witt morgen zu den Jacksons begleitest«, sagte Alistair. »Einen Pastoralisten bei uns zu haben könnte von Vorteil sein.«
»Bestimmt überlegen sie es sich noch einmal mit der Mine, wenn sie Birrimitji sehen und von der Bedeutung dieses Ortes erfahren«, sagte Beth gähnend.
Andrew schüttete die letzten Tropfen seines Tees ins Feuer. »Rechnet nicht damit, dass er so schnell seine Ansichten ändert. Männer wie Jackson können äußerst verbissen sein.«
Als sie Alan entdeckte, der mit Esme und de Witt zusammensaß, ging Beth zu ihm hinüber und bat ihn, die Fotos aus Melbourne zu holen, auf denen das Babytuch abgebildet war. »Ich habe versprochen, sie Esme zu zeigen, bevor sie morgen zur Ausgrabungsstätte zurückkehrt. Sie hatte schon immer eine Schwäche für die Dumbi-Geschichte.«
Beth setzte sich neben die alte Dame und drückte ihre Hand. »Es ist gut zu sehen, dass du durch den Busch ziehst, Esme – da bist du ganz in deinem Element.«
»Vermutlich bleiben mir nicht mehr viele Jahre für solche Kapriolen.« Sie lächelte wehmütig. »Bald gehe ich ins
dulugun
und zum
dorgei,
dem Quell der glücklichen Seelen.«
»Unsinn. Es werden noch Jahre vergehen, bis du die Reise ins
dulugun
-Land antrittst.« Zum ersten Mal sahen Susan und die anderen, wie Beth’ Selbstkontrolle ins Wanken geriet, und sie wurden der tiefen Liebe gewahr, die diese für die alte Dame empfand, die ihr eine Freundin, Mentorin und für viele Jahre auch eine Art Mutterfigur gewesen war.
»Was ist
dulugun?
«, fragte Veronica, die sich ebenfalls zu der Gruppe gesellt hatte.
»Es ist der Ort, an den sich die toten Geister zurückziehen. Es ist eine ganz besondere Reise.«
Und Ardjani beschrieb den irdischen Prozess: »Dein Geist ist in deinem Körper eingeschlossen, bis alles verwest
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