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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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halten. Wir verwenden den Samen für unsere Kühe – zu viel Arbeit für einen alten Bullen.« Er grinste.
    »Obwohl ich mir sicher bin, dass er seinen Job liebt«, bemerkte Susan, doch sie konnte den Gedanken nicht vermeiden, wie sehr die Technik Mutter Natur heutzutage auf die Sprünge half, wenngleich sie für Veronica und Boris bislang nicht viel geleistet hatte.
     
    Bei Sonnenuntergang fuhren sie über die Glebe Island Bridge, und Susan führte ihn nach Balmain – Café-Gesellschaft, Cappuccino-Land, Essen aus aller Herren Länder, Schickimickis, Yuppies, Exzentriker, nichtsdestotrotz mit der Vertrautheit einer Gemeinschaft.
    Andrew drückte Susans Hand. »He, das ist toll. Was wollen wir essen?«
    »Wäre Afghanisch eine neue Erfahrung?«
    »In der Tat. Wird mir das schmecken?«
    »Sie werden es lieben, das verspreche ich«, sagte sie.
    Und das tat er. Das Zusammensein mit ihm war ungezwungen und angenehm für Susan. Er war ein Gentleman, und es gab keinerlei Druck, wenngleich eine unausgesprochene Anziehungskraft zwischen ihnen in der Luft hing. Doch das hatte Zeit. Es war ein vergnüglicher Tag und ein gemütlicher Abend gewesen. Sie küsste ihn zum Dank auf die Wange, fast schwesterlich, und sie wusste, dass sie ihn wiedersehen würde.
     
     
     
    Der Fall des ausgesetzten Babys hielt am nächsten Morgen erneut Einzug in die Medien. Susan las die Einzelheiten beim Frühstück in der Zeitung.
    Ein Rentnerpaar – Vogelbeobachter, die Rucksäcke voll mit Nachschlagewerken, Notizbüchern und Skizzenblöcken, einer Thermoskanne mit Tee, belegten Broten, Fernglas und Kamera – hatte sich beim ersten Morgengezwitscher in den Lawson State Park gegenüber dem Hume Highway aufgemacht, wo es vom Spazierweg abgebogen und ins Dickicht der Bäume vorgedrungen war in der Hoffnung, einen weißkehligen Waldbaumläufer zu Gesicht zu bekommen.
    Mr. Irvingstone war mit seinen Wanderschuhen auf etwas getreten, das er, den Blick in die Baumkronen gerichtet, für einen Holzblock gehalten hatte.
    Unter einer grauen Plane, mit Zweigen bedeckt, lag der nackte Körper einer jungen Frau – nicht mehr als ein schmächtiges Mädchen. Sie war erwürgt worden. Ein Knebel war über ihren Mund gezurrt. Mrs. Irvingstone hatte angefangen zu schreien. Ihr Mann war hinter einen Baum getreten und hatte sich übergeben.
    Der Leichnam wurde als der von Lisa Vorland identifiziert. Bald schon stellte sich heraus, dass sie kürzlich entbunden hatte. Tests brachten sie mit dem in der Victorian Art Gallery ausgesetzten Baby in Verbindung.
    Susan legte ihren Toast zurück auf den Teller. Armes Mädchen, dachte sie. Manche Leute trifft es einfach besonders hart.
    Sie konnte die Story nicht aus dem Kopf bekommen. So ein junges Mädchen. Was hatte sie dazu getrieben, ihr Baby wegzugeben? Ganz gleich, wie die Umstände waren: Das war niemals eine leichte Entscheidung. Wahrscheinlich würden sie den Grund nie erfahren.
    Susan verbrachte den Vormittag im Familiengericht, wo sie diesmal eine Mutter vertrat, die das volle Sorgerecht für ihre beiden Kinder forderte. Anschließend kehrte sie in ihr Büro zurück, dankbar, dass sie diesen Fall ebenso glatt gewonnen hatte wie ihren letzten. Die Tragödie um die getötete Lisa kreiste unablässig in ihren Gedanken, verfolgte sie geradezu.
    Wieder am Schreibtisch, rief sie Beth Van Horton an. Sie sprachen über Barwons Fall. »Also, was halten Sie von ihm?«, erkundigte sich Beth.
    Susan wog ihre Antwort ab. »Nun, unter uns gesagt: Er ist ein charmanter Kerl. Ich verstehe, weshalb Shirley ihn attraktiv fand. Die Schuld liegt auf beiden Seiten, und es handelt sich tatsächlich um nicht mehr als eine familiäre Reiberei. Ein unglückliches Missverständnis. Es ist eine Schande, dass es so weit gekommen ist.«
    »Sie hat ihnen beiden eine Demütigung zugefügt.«
    »Wir versuchen, das Ganze so diskret abzuwickeln wie möglich. Aber natürlich können wir nicht die Medien kontrollieren, und die werden sich wie die Geier auf einen gutaussehenden ehemaligen Promi stürzen, der eine reiche Frau ausgenommen hat.«
    »Vom Thema Schwarz und Weiß ganz zu schweigen«, fügte Beth hinzu, »sämtliche Zutaten zu einer schlechten Seifenoper. Je schneller er in die Kimberley reist, desto besser. Ich breche dorthin auf, sobald ich hier fertig bin. Und ich hoffe, dass er bald nachkommt.«
    »Wie lange werden Sie in der Kimberley bleiben?«, erkundigte sich Susan.
    »Ich mache keine Pläne. Ich fahre hin und entscheide

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