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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Gegenstände zurückerhalten und war in die frühe Morgendämmerung hinausmarschiert, Richtung Stadt, bis ein vorbeikommendes Taxi ihn zurück nach Redfern gebracht hatte.
     
    Susan streckte sich, um ihre Muskeln zu entspannen, die sich von der anhaltenden konzentrierten Arbeit am Schreibtisch verkrampft hatten. Sie legte gerade die Papiere zurück in einen Ordner, als das Telefon klingelte.
    »Susan? Wie geht es Ihnen? Hier ist Andrew.«
    »Andrew?« Einen Augenblick lang stand sie auf dem Schlauch. Sie erinnerte sich nicht, mit einem Andrew gesprochen zu haben. Dann fiel der Groschen. »Andrew? Andrew Frazer?«
    »Wie viele Andrews kennen Sie denn?« Er lachte leise, unbekümmert über ihren Lapsus. »Wir sind uns vergangenen Samstagabend bei Veronica begegnet.«
    »Natürlich. Bitte entschuldigen Sie, ich stecke mit dem Kopf mitten in einem Fall. Selbstverständlich erinnere ich mich. Wo sind Sie?«
    »Klingt unbequem. Mit dem Kopf in einem Fall zu stecken, meine ich.« Er zögerte, wartete auf eine Reaktion, aber Susan verdrehte nur die Augen und sagte nichts. »Ich bin noch in Sydney. Es ist
Showtime!
Deshalb rufe ich an. Ich wollte fragen, ob Sie mich morgen zur Royal Easter Show begleiten wollen. Ich hoffe, ein, zwei Zuchtbullen ersteigern zu können. Wie lange ist es her, dass Sie das letzte Mal zu einer Landwirtschaftsausstellung gegangen sind?«
    Susan rieb sich die Augen. »So lange, dass ich mich gar nicht mehr dran erinnern kann.«
    »Also zu lange. Das ist das letzte Jahr, bevor die Royal Easter Show nach Homebush wechselt. Ich hab einfach das Gefühl, es ist nicht dasselbe, wenn sie nicht am alten Veranstaltungsort stattfindet. Kommen Sie, das ist unsere letzte Chance! Es wird lustig werden! Erzählen Sie mir nicht, dass Sie auch an den Wochenenden arbeiten.« Er klang, als wünschte er sich beinahe verzweifelt, dass sie mit ihm kam, und in gewisser Hinsicht gefiel ihr diese Vorstellung. Seit ihrer Schulzeit hatte die Show nicht mehr auf ihrem gesellschaftlichen Terminkalender gestanden.
    »Gibt es dort Zuckerwatte, Stäbchenpuppen, ein Riesenrad, und können wir den Holzhackerwettbewerb anschauen?«
    »Sie sind eine anspruchsvolle Frau«, stellte Andrew mit geheuchelter Pein fest. »Ja, ich verspreche Ihnen das alles, außerdem können Sie dabei zusehen, wie ich für ein paar preisgekrönte Zuchtbullen biete.«
    »Wie könnte ein Mädchen einem Angebot wie diesem widerstehen?«, sagte Susan und lächelte in sich hinein.
     
    Er holte sie an der Haustür ab und zog grinsend seinen Cowboyhut vom Kopf. »He, Sie hätten sich nicht extra so anziehen müssen. Obwohl es toll aussieht.«
    »Ich kleide mich wenn möglich immer zwanglos«, sagte sie und schlang sich ein Sweatshirt über ihre Safaribluse. Sie trug Reiterstiefel und einen ausgestellten Baumwollrock. »Das ist bequem. Außerdem will ich nicht aussehen wie eine Stadttussi.« Fast hätte sie hinzugefügt, dass auch er nicht gerade wie ein Großstädter aussah. Mit seinem Wollschlips, auf dem ein kleines Abzeichen prangte, der leichten Strickjacke, Baumwollhose und den auf Hochglanz polierten Cowboystiefeln war er der typische Junge vom Land, doch sie wusste nicht, ob ihn eine solche Bemerkung verletzen würde. »Sie sehen selbst ziemlich fesch aus. Und, wie ist Ihre Woche gelaufen?«
    Er half ihr in den gemieteten Wagen und legte seinen Hut vorsichtig mit der Krempe nach oben auf den Rücksitz, dann fuhr er sich mit den Fingern durch das dichte, gewellte Haar. »Ganz gut, und jetzt wird’s noch besser. Also, was wollen Sie zuerst machen?«
    »Ich möchte auf keinen Fall Ihre Paraderolle im Bullenpferch verpassen.«
    »Die Auktion ist erst nach dem Mittagessen. Außerdem spielen die Bullen die Hauptrolle, nicht ich.« Er versetzte ihr einen spielerischen Stoß in die Rippen.
     
    Es war die übliche Mischung aus Landwirtschaftsausstellung, Fachmesse und Funpark. Die »Sydneysider«, wie die Bewohner von Sydney genannt werden, liebten ihre »Show«, die immer zur Osterzeit stattfand. Busch-, Land- und Stadtmenschen feierten einträchtig vor dem hehren Altar des bäuerlichen Ritus, den riesigen, eindrucksvollen Auslagen landwirtschaftlicher Produkte, angeordnet in einer fantasievoll arrangierten künstlerischen Interpretation verschiedener Agrarthemen. Sie schlenderten durch die alten Ausstellungshallen wie schon die Generationen vor ihnen, als die Männer und Frauen vom Land noch die hart arbeitenden armen Schlucker verkörperten, die gegen die

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