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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Ord River wichen Staatsland, das unzählige Hektar große Rinderstationen umfasste.
    »Da draußen gibt es Geschichten, die wir niemals erfahren werden«, sagte Beth leise. »Doch einige wenige verfügen über ein Wissen, mit dem sie in die Vergangenheit und in die Zukunft blicken und uns Dinge erzählen, wenn wir nur zuhören. Der Songmaster zum Beispiel.«
    »Wer ist der Songmaster?«, fragte Veronica. »Werden wir ihn kennenlernen?«
    Beth zuckte die Achseln. »Wenn er es wünscht. In diesem Punkt müssen wir die Denkweise der Aborigines annehmen: vielleicht, vielleicht auch nicht. So läuft es, egal, was passiert.« Sie lächelte breit. »Weiße finden diese Einstellung frustrierend. Für die Barradja existieren keine Zeitpläne, keine Termine, selbst die Zeit an sich nicht. Sie haben nicht einmal ein Wort dafür.«
    »Wie kann jemand ohne ein Bewusstsein für Zeit leben?«, erkundigte sich Susan.
    »Für die Barradja ist Zeit unbegrenzt. Ein allumfassender Raum ohne die Bedeutung von vorwärts oder rückwärts.«
    »Woher wissen sie dann, wann sie wo sein sollen?«, fragte Veronica.
    »Sie teilen das, was wir Zeit nennen, in Zyklen ein. Jeder Einzelne kann sich in der ganz normalen Zeit, in der Gruppenzeit, in der Traumzeit oder in der spirituellen Zeit befinden – was bedeutet, dass man lebt und weiterleben wird. Man muss lernen, sein Leben nach dem Rhythmus der Erde auszurichten.«
    »Richtig.« Veronica nahm grinsend ihre Uhr ab. »Ich stelle um auf die lokale Zeit, wo es keine Zeit gibt. Könnte mich gut darauf einpendeln …«
    Die anderen im OKA folgten ihrem Beispiel, nur Alistair blickte zögernd auf seine teure goldene Uhr.
     
    Sie reichten Billys Landkarte herum und versuchten, sich auszumalen, was sie am Ende dieser Fahrt vorfinden würden – Marrenyikka war nicht auf der Karte verzeichnet. Als Beth mehrere Stunden später eine anständige Frühstückspause vorschlug, stimmten die anderen begeistert zu. Billy bog auf eine unbefestigte Straße. Auf dem Wegweiser stand: El Questro.
    »Das ist ein Campingplatz, der zu dem eigentlichen Wohngebäude der Station gehört, wo die Unterkünfte absolut prächtig und sehr teuer sind. Ein Traum, den ein junges Paar aus England verwirklicht hat. Der Jetset fliegt ein und bleibt auf dem Anwesen. Wir nehmen den günstigeren Campingplatz, der immer noch bezaubernd ist«, erklärte Beth.
    Mehrere Gebäude im Blockhüttenstil, in denen unter anderem ein Restaurant mit Veranda und Bar, ein Laden sowie verschiedene Gemeinschaftseinrichtungen untergebracht waren, standen zwischen Rasenflächen und schattenspendenden Bäumen. Billy fuhr auf den kleinen Parkplatz, und alle stiegen aus und streckten die steifen Glieder. In der Grillzone brieten die Touristen Schinken und Koteletts, vom Restaurant wehte der Duft von Kaffee und Toast herüber. Die Gruppe machte es sich auf der Veranda bequem und bestellte Schinken, Koteletts und Eier mit Tomaten.
    »So habe ich mir unsere erste Mahlzeit in der Wildnis nicht vorgestellt«, erklärte Alistair und warf einen genüsslichen Blick auf seine Eier Benedikt.
    Später schauten sie sich die Plätze der Dauercamper an – Familienzelte in kleinen Gärten wie Spielzeughäuser. Ein Mann saß in einem Regiestuhl und las ein Buch.
    »Sie sehen aus, als hätten Sie sich auf einen längeren Aufenthalt eingestellt«, sagte der Richter und ging auf ihn zu. »Ich bin Mick aus Sydney.«
    »Frank aus Melbourne. Verdammt herrlich, nicht wahr? Wundervolle Landschaft, der Naturpool am Ende der Emma-Gorge-Schlucht ist auch hier. Zwei Kilometer, ein bisschen Kraxelei, aber es lohnt sich. Wundervoll zum Schwimmen. Meine Kinder sind schon dort, meine Frau ist beim Reiten, aber das passt mir ganz gut. Wir wollten zwei Tage bleiben und sind jetzt schon eine Woche hier.«
    »Ich würde die Schlucht liebend gern sehen«, sagte Alistair sehnsüchtig.
    »Das tut mir leid, Alistair, dafür haben wir keine Zeit«, erwiderte Billy. »Gleich geht’s weiter, ich will nicht in der Dunkelheit in Marrenyikka ankommen. Es gibt keine richtige Straße, und Beth hat nur eine ziemlich vage Wegbeschreibung. Außerdem müssen wir noch Alan abholen.«
    »Ich habe nicht an den Zeitplan gedacht – das ist doch eine typisch weiße Denkweise, hab ich recht?« Alistair grinste Beth an, die zustimmend nickte. »Ich habe alte Rugby-Spieler-Knie. Macht das Kraxeln ohnehin schwierig.«
    »Alle Mann an Bord«, ordnete Beth an. »Es geht weiter. Der nächste Halt ist zur

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