Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
willst. Wir gehen jetzt zum Haus zurück. Du bist natürlich auch willkommen. Oder geh zum Teufel, der sieht dich ja oftmals genauso gerne.«
Mit hoch erhobenem Kopf marschierte Ripley in Richtung der Stelle, wo Mac mit seinen Geräten beschäftigt war.
»Hey.« Zack trat zu ihr, strich ihr leicht übers Haar und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Du hast mir ganz schön Angst gemacht.«
»Ich mir auch.«
»Deshalb sollten wir dem Kumpel da drüben jetzt vielleicht mal eine Pause gönnen. Ich habe ja vorher schon ein bisschen von dem gesehen, was ihr drei so alles anstellen könnt. Er aber noch nicht. Rip.« Er drückte sie für einen Augenblick an sich. »Wenn du einfach so durchs Feuer gehst, kann das einen Mann schon ein bisschen nervös machen.«
»Ja, okay, schon gut.« Nichts, dachte Ripley, fühlt sich jemals so stark und so fest und unerschütterlich an wie mein Bruder. »Ich werde mit ihm reden. Warum gehst du nicht
schon mit Nell und Mia zum Haus zurück? Wir kommen in ein paar Minuten nach.«
»In Ordnung.«
Sie riss sich zusammen, hob einen von Macs verstreut herumliegenden Stiften auf und gab ihn ihm. »Tut mir Leid, dass ich dich so angeblafft habe.«
»Kein Problem.«
»Hör mal, sei nicht sauer auf mich. Du weißt nicht, wie es ist, wenn man …«
»Nein, du hast Recht, das weiß ich nicht. Aber du weißt auch nicht, wie es für mich ist, wenn ich einfach nur hilflos da stehen kann, wenn ich einfach nur so beschissen rumstehen muss und nicht das Geringste tun kann und nicht weiß, ob du verletzt bist oder nicht!«
»Okay, es tut mir Leid. Ich konnte nicht …« Zu ihrem Entsetzen brach ihre Stimme, und ihr Blick verschwamm vor lauter Tränen. »Verdammt noch mal, ich habe dir doch schon gesagt, dass ich völlig überdreht und durcheinander bin.«
»Okay. Hey, immer mit der Ruhe.« Er zog sie in seine Arme und strich ihr sanft über das Haar. »Warum bleibst du nicht einfach einen Moment so stehen?«
»Weil mich Heulen ankotzt.«
Doch sie gab nach und schlang die Arme um ihn. »Nur eine Minute, dann hab ich mich wieder im Griff.«
»Das ist schon in Ordnung, denn ich möchte dich gerne noch ein Weilchen so halten. Ich dachte, du wärst …« Er sah in Gedanken wieder die Szene von vorhin vor sich, das Aufleuchten ihres kalkweißen Gesichts in der Dunkelheit, als sie durch die Mauer aus goldenen Flammen gesprungen war. »Ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Ich bin auf eine ganze Menge dieser Dinge vorbereitet gewesen. Ich habe Magie schon vorher beobachtet. Und ich glaube an Magie. Aber nichts von dem, was ich jemals gesehen oder mir vorgestellt
habe, kommt auch nur annähernd an das heran, was ihr drei da heute Nacht gemacht habt.«
»Ich wollte eigentlich gar nicht hierher kommen.«
»Warum hast du es dann getan? Was hat dir so viel Angst gemacht, dass es dich gegen deinen Willen hierher getrieben hat?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte das nur einmal erzählen. Lass uns zu Mias Haus zurückgehen.«
Er hängte sich die Tasche mit seinen Geräten über die Schulter. »Du hattest Angst. Das habe ich gesehen.«
»Der Kreis war nicht auf mich vorbereitet, und ich war nicht auf den Kreis vorbereitet.«
»Nein, ich meine, vor dieser Sache mit dem Kreis. Bevor du diesen todesmutigen Sprung gemacht hast.«
Sie lächelte zaghaft, weil sie wusste, dass er sie gerne wieder lächeln sehen wollte. »Für jemanden, der ständig seine Brille verliert, siehst du aber ganz schön viel, nicht?«
»Die ist ja auch nur zum Lesen und Arbeiten gedacht.« Er wollte sie streicheln, sie sanft berühren und an sich drücken. Und traute sich doch nicht, es zu tun, weil er Angst davor hatte dass sie dann beide endgültig zusammenbrechen würden. »Fühlst du jetzt immer noch den Schmerz?«
»Nein.« Sie seufzte. »Nein. Ich habe die Kraft angenommen, mein Element angerufen und habe den Kreis der drei geschlossen. Es gibt jetzt keinen Schmerz mehr.«
»Aber du scheinst darüber nicht allzu glücklich zu sein.« Genau wie Nell, so kannte auch Ripley den Weg in der Dunkelheit durch den Wald. Sie konnte bereits die hell erleuchteten Fenster von Mias Haus sehen. »Nell macht so etwas Freude, und Mia verschafft es eine Art – ich weiß nicht – Erdung. Für Nell ist es eine Forschungsreise, für Mia ist es wie Atmen.«
»Und für dich?«
»Für mich ist es, als würde ich von einer wilden Büffelherde niedergetrampelt.«
»Also hast du dich entschlossen, es einzuzäunen.«
»Aber die
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