Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
befinden sich dort. Ich habe ein paar Dinge zu erledigen, danach können wir uns ja bei einer Tasse Tee weiter unterhalten.«
»Gut.« Ihr Ton war nüchtern und höflich. Nur an dem Knallen einer Küchenschranktür, das er auf dem Weg nach draußen vernahm, war ihre Verstimmung zu erkennen.
Okay, sie würde den verdammten Tee kochen, dachte sie, während sie den Teekessel unter den Wasserhahn zwängte, was wegen des schmutzigen Geschirrs, das sich in dem gusseisernen Waschbecken stapelte, keine leichte Aufgabe war. Und sie würde Conal O’Neil für seine Gastfreundschaft
dankbar sein, so widerwillig und beleidigend schroff er diese auch gewährte.
War es ihre Schuld, dass sie auf der falschen Insel gelandet war? Oder dass sie in ein Gewitter geraten, ohnmächtig geworden und von ihm gefunden worden war? Oder dass sie keinen anderen Ort hatte, wo sie hingehen konnte?
Ja, leider. Mit gerunzelten Brauen nahm sie das Geschirr aus dem Spülbecken, ließ Wasser einlaufen und begann abzuspülen. Ja, genau genommen war es ihre Schuld. Was die Sache nur noch ärgerlicher machte.
Wenn sie wieder in New York zurück wäre, hätte sie keine Arbeit mehr. Wieder einmal. Und wieder einmal würde sie Mitleid, befremdetes Stirnrunzeln und vorwurfsvolle Blicke ernten. Auch dies war ihre Schuld. Ihre Familie rechnete mittlerweile schon damit, dass sie versagte – die oberflächliche, zerstreute Lena.
Schlimmer noch, auch sie selbst rechnete bereits damit.
Ihr Problem war, dass sie nichts wirklich gut konnte. Sie hatte kein spezielles Talent, kein handwerkliches Geschick und keine ehrgeizigen Ambitionen.
Sie war nicht faul, auch wenn Margaret das sicher anders sah. Nein, die Arbeit fürchtete sie nicht. Ein geregeltes Arbeitsleben hingegen schon.
Aber damit könnte sie sich befassen, wenn es soweit wäre, sagte sie sich, während sie mit dem Geschirr hantierte und darauf wartete, dass das Wasser kochte. Jetzt ging es erstmal darum, mit der Situation fertig zu werden, in die sie Conal O’Neil und sich selbst gebracht hatte.
Eine Situation, die eigentlich alle Elemente für ein aufregendes Abenteuer beinhaltete. Eine sturmumtoste Insel;
ein attraktiver, grüblerischer Mann; ein rustikales, gemütliches Cottage, fernab der Zivilisation.
Ja, das war ein Abenteuer, entschied sie. Und sie würde einen Weg finden, es auszukosten, ehe das Henkersbeil auf sie herabfiele. Mit neuem Schwung stapelte sie das saubere Geschirr übereinander, wischte die Theke ab und erwärmte die Teekanne.
Als Conal zurückkehrte, war der Tisch sauber geschrubbt und mit Tassen und Untertassen gedeckt. In der Mitte stand die alte Teekanne, umhüllt von einem zerfransten, verblichenen Wärmer. Die Spüle war leer, die Theke blitzte vor Sauberkeit und die Schokoladenplätzchen, die sie in einer Blechdose gefunden hatte, waren gefällig auf einem Teller angeordnet.
»Ich hatte Hunger.« Sie knabberte bereits an einem Plätzchen. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Nein.« Er hatte schon fast vergessen, wie es war, sich an einen ordentlich gedeckten Tisch zu setzen. Ihre Wut schien verraucht zu sein, stellte er fest. Und sie schien sich in seiner Küche, in seinem Hemd sehr heimisch zu fühlen.
»So.« Sie setzte sich und schenkte den Tee ein. Auf eine Sache verstand sie sich wirklich gut, und das war Konversation. Das hatte man ihr oft gesagt. »Sie leben allein hier?«
»Ja.«
»Mit Ihrem Hund.«
»Hugh. Er gehörte meinem Vater. Mein Vater ist vor einigen Monaten gestorben.«
Sie sprach ihm nicht ihr Beileid aus, wie es viele Menschen – die meisten – getan hätten. Doch das Mitgefühl stand in ihren Augen und sagte mehr als jede Floskel. »Das
ist ein wunderschöner Platz. Vollkommen. Genau das dachte ich vorhin, als ich in Ihrem Garten ohnmächtig wurde. Sind Sie hier aufgewachsen?«
»Ja.«
»Ich bin in New York aufgewachsen, in der Großstadt. Irgendwie hat diese Stadt nie zu mir gepasst.« Prüfend sah sie ihn über ihre Teetasse hinweg an. »Dieser Ort passt zu Ihnen. Es ist wunderbar, wenn man für sich selbst das Richtige gefunden hat. Außer mir haben in meiner Familie alle ihren Platz im Leben gefunden. Meine Eltern, meine Halbgeschwister Margaret und James. Ihre Mutter starb, als Margaret zwölf und James elf Jahre alt waren. Einige Jahre später hat ihr Vater dann meine Mutter kennen gelernt, und sie haben geheiratet und mich bekommen.«
»Und Sie sind das Aschenputtel?«
»Nein, so romantisch ist das nicht«,
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