Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Hals.
Es blieben nur noch wenige Stunden, dachte sie. Sie würde die Hoffnung nicht verlieren, obwohl das zu dieser einsamen Stunde und inmitten dieser Dunkelheit nicht leicht war. Doch sie war hierher gesandt, hierher gebracht worden, oder wie immer man das auch bezeichnen wollte. Einzig entscheidend war, dass sie nun hier war und all die Antworten gefunden hatte, die sie brauchte.
Sie musste einfach fest daran glauben, dass Conal an diesem letzten Tag, der ihnen verblieb, ebenfalls seine Antworten fand.
Sie beobachtete das Heraufdämmern des neuen Tages, sah zu, wie das Licht sich langsam, beinahe verstohlen veränderte und den Himmel wie poliert glänzen ließ. Nebelschwaden krochen über den Boden und stiegen wie ein dunstiger Vorhang in die Luft. Und drüben, im Osten flammten golden die ersten Sonnenstrahlen auf, breiteten sich blutrot über Himmel und Meer aus, wurden heller und heller, bis die Welt erwachte.
Das Licht veränderte sich von Grau zu schimmerndem Perlmutt.
Unten am Strand war die Sandburg von der Flut weggespült worden. Der Anblick versetzte ihr einen Stich.
Sie wandte sich ab und ging wieder ins Haus zurück.
Sie musste sich ablenken, ihre Hände beschäftigen, ihren Geist. Für ihr Herz konnte sie nichts tun, doch heute, am Tag der Tage, wollte sie nicht Trübsal blasen.
Als Hugh angetappt kam, öffnete sie die Tür, damit er
hinausrennen konnte. Dann stellte sie den Teekessel auf den Herd. Inzwischen wusste sie, wie Conal seinen Tee mochte: fast ungenießbar stark, ohne Zucker oder Milch, um den bitteren Geschmack abzumildern.
Während der Tee in der Kanne zog, holte sie eine kleine Schüssel aus dem Schrank. Conal hatte erwähnt, dass gerade Beerenzeit war. Wenn sie genügend Beeren fände, könnten sie diese zum Frühstück essen.
Sie huschte durch die Hintertür hinaus, vorbei am Kräutergarten und einem riesigen Strauch mit kegelförmigen, purpurnen Blüten, die einen feinen Duft verströmten. Flüchtig dachte sie, dass sich die Blüten auch sehr gut getrocknet in einem Kupfergefäß machen würden.
Am Boden hielt sich zäher Nebel und spielte um ihre Knöchel, so dass sie den Eindruck hatte, sie würde durch einen seichten Bach waten. Der Wind zerzauste ihr Haar, als sie die sanfte Anhöhe hinter dem Cottage erklomm. In der Ferne war Hughs tiefes Bellen zu vernehmen und etwas näher das klare Trillern eines Vogels. Und über allem lag der ewige Klang des Meeres.
Einer jähen Laune folgend, schlüpfte sie aus den Schuhen und spazierte barfuß durch das kühle, feuchte Gras.
Der Hügel neigte sich, stieg wieder an. Mit jedem Schritt wurde auch der Nebel dichter. Als sie sich umdrehte, sah sie das Cottage nur noch als Silhouette hinter der Nebelwand. Plötzlich spürte sie ein Kribbeln auf der Haut und blieb stehen. Beinahe wäre sie umgekehrt, doch dann hörte sie Hugh erneut bellen, diesmal direkt über ihr.
Laut Hughs Namen rufend, setzte sie ihren Aufstieg fort.
Auf der nächsten Anhöhe standen einige windzerzauste Bäume und dazwischen die Sträucher mit den Brombeeren, nach denen sie gesucht hatte.
Zufrieden stellte sie die Schuhe ab, um die Hände zum Pflücken frei zu haben. Und zum Kosten. Nach einer Weile stieg sie noch ein Stück höher hinauf, wo die reifsten Beeren wuchsen. Zum Frühstück würde sie Pfannkuchen backen, überlegte sie, und die Beeren gleich mit in den Teig mischen.
Mit der halb gefüllten Schüssel in der Hand, kletterte sie dann auf einen Fels, um einen einzeln stehenden Strauch zu erreichen, der sich unter der Last seiner prallen, dunkelroten Beeren bog.
»Am verlockendsten erscheinen einem immer diejenigen, die außerhalb der Reichweite sind.«
Erschrocken blickte Allena auf, und als sie die Frau entdeckte, die auf dem unebenen Pfad auf der anderen Seite des Strauches stand, wäre ihr beinahe die Schüssel aus der Hand gefallen.
Sie hatte dunkles Haar, das ihr in dichten Wellen bis über die Taille herabhing. Ihre Augen waren von demselben launischen Grün wie das Meer in der Morgendämmerung. Sie lächelte, und ihre Hand lag auf Hughs Kopf, der artig neben ihr saß.
»Ich wusste nicht, dass hier oben jemand ist.« Dass hier oben jemand sein kann, fügte sie im Stillen hinzu. »Ich …« Von jäher Unruhe ergriffen, blickte sie sich um, doch das Cottage war nicht mehr zu sehen. »Ich bin weiter gewandert, als ich wollte.«
»Es ist ein guter Morgen zum Wandern und Beerenpflücken.
Die Beeren in der Schüssel werden eine feine Marmelade
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