Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
ergeben.«
»Ich habe zu viele gepflückt«, sagte Allena schuldbewusst. »Da ist wohl der Jagdinstinkt mit mir durchgegangen.«
Die Züge der Frau wurden weicher. »Man kann nie zu viele Beeren pflücken, so lange jemand sie isst. Keine Sorge«, fügte sie leise hinzu, »er schläft noch. Der Schlaf tut ihm gut.«
Allena schluckte. »Wer sind Sie?«
»Such es dir aus. Eine alte Frau in einem Laden, ein junger Bursche in einem Boot.«
»Oh.« Mit zitternden Knien setzte sie sich auf den Fels. »O Gott!«
»Beunruhige dich nicht. Es wird niemandem ein Leid zugefügt werden. Weder dir noch ihm. Er ist ein Teil von mir.«
»Seine Urgroßmutter. Er sagt … man erzählt sich …«
Das Lächeln der Frau wurde weiter. »O ja, man erzählt sich viel.«
Um Fassung ringend, griff Allena unter ihren Pullover und zerrte den Anhänger hervor. »Der gehört Ihnen.«
»Er gehört dem, zu dem er gehört … bis er wieder zu jemand anderem gehört.«
»Conal sagt, er habe ihn ins Meer geworfen.«
»Dieser Junge hat so viel Temperament.« Ihr Lachen war weich und voll wie Sahne auf Irish Coffee. »Das gereicht mir zur Ehre. Er hätte den Anhänger auf den Mond werfen können, und er wäre dennoch zu gegebener Zeit zu der Person, zu der er gehört, zurückgekehrt. Diesmal bist es du.«
»Er will mich nicht lieben.«
»Ach, Kind.« Sie strich über Allenas Wange, und es war wie ein weicher Flügelschlag. »Liebe unterliegt nicht dem Willen. Sie ist einfach da, und du hast das bereits erfahren. Du hast ein geduldiges Herz.«
»Manchmal ist Geduld lediglich Feigheit.«
»Sehr weise.« Die Frau nickte sichtlich zufrieden und nahm sich aus der Schüssel eine Beere. »Und obendrein wahr. Aber du verstehst Conal, erkennst sein inneres Wesen und bist auf dem Wege, auch dich selbst zu erkennen, was immer der schwierigere Teil ist. In dieser kurzen Zeit hast du schon Beachtliches erreicht. Und du liebst ihn.«
»Ja, ich liebe ihn. Doch er wird Liebe, die durch Magie beeinflusst ist, niemals akzeptieren.«
»Heute Nacht, wenn der längste Tag auf die kürzeste Nacht trifft und der Stern leuchtend und machtvoll hervorbrechen wird, werdet ihr beide, du und er, die Entscheidung fällen, die eurer Bestimmung entspricht.«
Sie umfasste Allenas Gesicht und küsste sie auf beide Wangen. »Dein Herz wird es wissen«, sagte sie und verschwand wie ein Geist im Nebel.
»Wie?«Allena schloss die Augen. »Man hat uns zu wenig Zeit gegeben.«
Als Hugh seinen Kopf gegen ihre Beine stieß, kauerte sie sich neben ihn und vergrub ihr Gesicht in seinem Nacken. »Zu wenig Zeit«, murmelte sie. »Viel zu wenig, um trübe Laune zu haben. Ich kann nichts tun, bis auf das, was als Nächstes ansteht. Und das ist im Moment wohl das Frühstück.«
In Begleitung von Hugh spazierte sie auf demselben Weg zurück, den sie gekommen war. Der Nebel franste an den Rändern bereits aus und verlor an Dichte. Offenbar hatte das Schicksal ihr noch einen weiteren klaren Tag bestimmt.
Als das Cottage in Sicht kam, erspähte sie Conal, der auf der kleinen rückwärtigen Veranda stand und nach ihr Ausschau hielt.
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.« Er eilte ihr entgegen und war sich dabei bewusst, wie übertrieben seine Erleichterung war. »Wieso bist du in diesem Nebel herumgestreift?«
»Ich hatte Lust auf Beeren.« Sie hob die Schüssel hoch. »Du errätst nie, was ich …« Irritiert brach sie ab, da sein Blick zu ihrem Anhänger wanderte.
»Was errate ich nicht?«
Nein, dachte sie. Sie konnte ihm nicht sagen, was geschehen war, wen sie gesehen hatte. Nicht, solange in seinen Augen diese Düsterkeit lag, die ihr jeden Mut raubte. »Was ich zum Frühstück machen werde.«
Er griff in die Schüssel. »Mit den Beeren?«
»Du darfst mir zusehen«, erwiderte sie und ging mit ihrer Schüssel ins Haus. »Und von mir lernen.«
Er sah ihr zu, und das tat ihm unendlich gut. Beim Aufwachen hatte er instinktiv die Arme nach ihr ausgestreckt und sich gleich darauf über sich selbst geärgert. Wie war es möglich, dass einem sein Bett nach nur einer Nacht, die man mit einer Frau verbracht hatte, plötzlich so kalt und leer erschien? Und dann diese Panik, dieser Schrecken, als er sie nicht finden konnte. Jetzt war sie hier, verrührte in einer Schüssel Teig, und die Welt war wieder in Ordnung.
Gab es dafür ein anderes Wort als Liebe?
»Du brauchst unbedingt ein rundes Backblech.« Sie stellte die Teigschüssel neben den Herd und erhitzte eine Pfanne.
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