Im Licht des Blutmondes
nicht mehr zu helfen wusste. Ihre Stimme klang gequält und zitterte leicht. Ihre Mutter bedachte sie mit einem abwertenden Blick, so wie man ein ungeliebtes Haustier eines Bekannten ansehen würde und kniff dann die Augen zusammen.
„Was ist deiner Meinung nach so wichtig, dass du schon wieder den Unterricht stören musst?“, fauchte sie. Joleen hörte die anderen Kinder verhalten kichern. Martina neigte leicht ihren Kopf, als wolle sie sich für einen Applaus bedanken.
„Ich fühle mich nicht wohl“, gestand Joleen und schluckte. „Bitte darf ich das Badezimmer aufsuchen, Lady Martina?“
„Und das ist wichtiger, als dein Unterricht?“, fragte Martina und schüttelte den Kopf. „Wenn jemand es nötig hat, hier aufzupassen, dann du. Obwohl ich mir ohnehin nicht vorstellen kann, welcher Vampir dich als Bluthure wählen sollte.“ Wieder kicherten die anderen Kinder und Joleen drängte weiterhin die Tränen zurück.
„Bitte, Lady Martina, es ist wirklich dringend“, flehte sie und spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog, fest dazu entschlossen, sich zu entleeren.
„Meinetwegen, geh! Aber du wirst jede Sekunde der versäumten Zeit nachholen“, erklärte ihre Mutter. Joleen nickte und stand vorsichtig auf.
Am liebsten wäre sie gerannt, doch die Schmerzen machten es ihr unmöglich. Langsam setzte sie einen Schritt vor den anderen und stützte sich dabei an der Wand ab. Die Übelkeit wurde schlimmer und immer wieder erschienen helle Lichtblitze vor ihren Augen.
Als sie endlich die Tür zu ihrem Zimmer erreichte, stand ihr der Schweiß auf der Stirn. Es fiel ihr schwer zu atmen. Sie betrat das Zimmer und stolperte in unsicheren Schritten auf das Badezimmer zu.
Nur unter großer Anstrengung schaffte sie es bis zur Toilette, ging davor auf die Knie, beugte sich über die Kloschüssel und gab dann endlich dem Drängen ihres Magens nach. Ihre Finger krallten sich an den Toilettensitz. Unkontrolliert begann ihr Körper zu zittern. Wenn sie nicht würgen musste, versuchte sie krampfhaft Luft zu holen. Tränen liefen ihr über die Wangen.
Als es ihr langsam besser ging, ließ sie sich zurücksinken und lehnte ihren Kopf gegen die kalten Fliesen, bevor sie erschöpft die Augen schloss. Sie wusste, dass sie eigentlich zurück in den Unterricht musste. Doch in diesem Augenblick fühlte sie sich nicht dazu in der Lage.
Sie wusste nicht, wie lange sie so auf dem Badezimmerboden saß, bis sie Geräusche wahrnahm, die aus ihrem Zimmer drangen. Ihr Körper verkrampfte sich erneut, weil sie befürchtete, dass ihre Mutter gekommen war, um sie zu suchen und für den versäumten Unterricht zu bestrafen.
„Joleen?“ Es war die Stimme von Tony, die zu ihr durchdrang. Erleichterung durchflutete sie. Sicherlich würde Tony ihr helfen können.
„Hier“, flüsterte sie.
„Joleen, wo bist du denn?“ Sie konnte Tonys Schritte hören, die sich der Badezimmertür näherten. Beim Öffnen der Tür versuchte sich Joleen aufzurichten, doch sie sank sofort wieder zurück gegen die Fliesen. „Meine Güte, was ist denn los?“, fragte Tony erschrocken. Schnell kam sie auf Joleen zu.
„Ich fühle mich nicht gut“, flüsterte sie und zog ihre Beine an ihren Körper heran.
„Das kann ich sehen“, kommentierte Tony ihr Geständnis trocken und legte ihre Arme um sie. „Na komm, ich werde dich erst einmal ins Bett schaffen. Danach werde ich Lady Agenta benachrichtigen und dafür sorgen, dass ein Arzt kommt.“
„Bitte nicht.“ Joleen sah sie mit großen Augen an. „Ich will nicht, dass sie sich solche Umstände wegen mir machen.“
„Joleen, ich bin dazu verpflichtet, mich um dein Wohlergehen zu kümmern. Und ich mache das auch sehr, sehr gern. Aber wenn ich solche Dinge nicht umgehend melde, dann bekomme ich Ärger. Willst du, dass ich Ärger bekomme?“
Joleen schüttelte den Kopf und biss sich auf die Unterlippe.
„Siehst du, ich auch nicht. Komm, versuch einmal aufzustehen, ich helfe dir“, sagte Tony und schob ihre Arme unter ihren Achseln durch, um sie zu stützen. Joleen biss die Zähne zusammen und stand langsam auf. Ihre Knie zitterten und es fiel ihr schwer, sich auf den Beinen zu halten.
Langsam verließen sie das Badezimmer. Tony führte sie vorsichtig zum Bett. Als Joleen sich auf die Bettkante setzte, entfuhr ihr ein Seufzer der Erleichterung, und sie ließ sich in die Kissen zurücksinken.
„Ich werde jetzt Lady Agenta aufsuchen“, erklärte Tony ihr und streichelte ihr die verschwitzten
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